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Industrieelektronik Modulare Intelligenz in der Produktion

HARTING Technologiegruppe

Bild: Harting
04.11.2015

Die Realisierung von Industrie 4.0 benötigt neue Lösungen für Hardware, Software und Systemdesign. Insbesondere steigt der Bedarf an kompakten, robusten Lösungen, die dezentral Aufgaben im Feld übernehmen – von der Erfassung von Sensordaten über die Orchestrierung von SPS-Systemen bis zur Kommunikation mit zentralen IT-Systemen.

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Die ersten Konzepte zur Industrie 4.0 waren sehr stark auf IoT ausgerichtet, wo jeder Sensor oder Aktor über IPv6 direkt an die Steuerung und die Cloud angebunden ist.

Zunehmend stellt sich heraus, dass sowohl die Übermittlung der Datenmengen, die bei IoT anfallen, als auch ihre Verarbeitung nur schwer beherrschbar sind. Gerade im deutschsprachigen Raum gibt es auch Bedenken in Bezug auf Datensicherheit und Datenschutz. Dank zunehmender Modularität und der Verlagerung von Aufgaben direkt an die Produktionsstelle können aber rasch umfangreiche Effektivitätsgewinne erzielt und Lösungen erstellt werden, die sowohl selbst einen hohen ROI darstellen, sich aber auch zukünftig in eine breitere Industrie 4.0 Umgebung einfügen.

Im Folgenden betrachten wir einige Anwendungsfälle, die sich mit modularer Hardware und einer Kombination von bewährten Software-Technologien aus dem Linux- und Cloud-Bereich zukunftsfähig implementieren lassen.

Nachrüsten von Predictive Maintenance

Das rechtzeitige Erkennen von Wartungsbedarf ist eine der schnellsten Wege, Produktionsanlagen und Maschinen effektiver und kostengünstiger zu betreiben. Da viele Maschinen eine Lebensdauer von 15 bis über 30 Jahren haben hat ein großer Teil des existierenden Maschinenparks aber weder die Rechenleistung noch die Speicherkapazität, um relevante Daten zu erfassen, zu speichern, und zu kommunizieren.

In einer Anwendung für Spritzgussanlagen wurden die Werkzeuge mit RFID gekennzeichnet, der Strom während der Schüsse durch einen induktiven Stromsensor gemessen, und die Ergebnisse in einem kleinen, Linux-basierten Computer zusammengeführt, gespeichert, und weiterverarbeitet. Im ersten Schritt wird nur eine Warnung ausgelöst, wenn sich der Stromverbrauch ändert, was auf Probleme mit den Ventilen oder dem Drucksystem hindeuten kann. Schon hierdurch werden die Austauschintervalle verlängert und Kosten gespart. Nach einigen Monaten wird ein neuronales Netzwerk mit den erfassten Daten trainiert und auf dem Computer installiert, dass bessere Vorhersagen über die Lebensdauer erlaubt. Im letzten Schritt werden die Computer aller Spritzgussmaschinen über SAP Mii an das ERP angebunden, um mit den Vorhersagen der neuronalen Netze die Bestellung und Vorhaltung der Ersatzteile zu optimieren.

Langzeitdatenerfassung zur Fehlerbehebung

Modulare Rechenleistung und Speicherplatz ist nicht nur für Nachrüstung interessant, sondern kann auch für neue Maschinen einen enormen Mehrwert darstellen. In einem Fall stellt ein mittelständischer Maschinenbauer zwischen 200 und 300 Anlagen pro Jahr her. Die Steuerungselektronik ist aber nur in der Lage, bis zu 3 Tagen an Fertigungsdaten zu speichern. Speziell bei Einsatz im Ausland reicht im Fehlerfall diese Zeit nicht aus, um ausreichend Daten für das Servicepersonal vorzuhalten. Als Lösung kann hier ein modularer Computer mit integrierter 512-GB-SSD eingebaut werden, der als Datenspeicher dient. Im Fehlerfall kann der Kunde den Zugriff auf diesen Speicher freigeben, und der Hersteller mehrere Monate oder Jahre von Daten zum Troubleshooting verwenden. Auch können die Daten während normaler Servicebesuche ausgelesen, und zur Produktverbesserung verwendet werden.

Optimierung von Prozessen

Ein Kunde bestellt verschiedenste Steckverbinder. Diese sollen in einem oder mehrere Kartons verpackt und versandt werden. An diesem Vorgang sind beteiligt eine Waage, eine SPS, welche die Verpackungsmaschine steuert und ein Etikett-Drucker. Im bisherigen Aufbau muss der Mitarbeitende all diese Geräte einzeln bedienen, die Werte manuell in das ERP eingeben, und Arbeitsanweisungen wie die Schweiß- und Kühlzeiten manuell nachschlagen.

Durch die interne IT Beratung wurde innerhalb eines Monats ein modularer Computer am Verpackungsplatz montiert, der alle diese Informationen zusammenfasst, und die Zwischenschritte automatisch ausführt. Der Mitarbeitende hat nur noch eine Benutzeroberfläche in der alle Daten automatisch von einem System zum nächsten weitergegeben werden. So werden die Waagedaten über OPC UA an SAP Mii weitergegeben, die Arbeitsanweisung über JSON aus dem ERP geladen, in STEP 7 übersetzt und in die SPS geladen. Die Anzahl manueller Arbeitsschritte wird reduziert und der Verpackungsprozess wird deutlich beschleunigt. In diesem Fall kann mit einer Investition von ca. 80.000 Euro eine projektierte jährliche Einsparung von ca. 1,8 Millionen Euro erzielt werden. In weiteren Schritten können durch zusätzliche Software sukzessive weitere KPIs erfasst und Prozesse optimiert werden.

Harting Mica

Für diese und viele andere interne und externe Projekte hat Harting eine modulare Plattform aus Hard- und Software entwickelt, die optimal für diese Anwendungen ausgelegt ist.

Mica besteht aus einem Baukasten an Hardware Modulen und Software-Apps. Mit diesem Baukasten kann der Kunde sein individuelles Produkt per Konfiguration erstellen. Im Unterschied zu einem Raspberry Pi oder Beaglebone ist die Hardware robust, industrietauglich und in einem kompakten Aluminiumgehäuse inklusive industrieüblicher Steckverbinder verbaut. Dadurch muss Mica nicht in den Schaltschrank, sondern kann direkt an die Maschinen oder Fahrzeuge montiert werden.

Das Innenleben der Mica besteht aus drei Platinen; eine davon kann frei bestückt werden. Zum Beispiel werden so RFID, WLAN, BLE, SSD-Speicher, oder Feldbusanschlüsse in der Mica integriert, ohne den Formfaktor oder die Schutzart zu verändern.

Software-Apps laufen in virtuellen, Linux-basierten Containern (Virtuellen Maschinen), die alle notwendigen Bibliotheken und Treiber für die jeweilige Anwendung enthalten. Dadurch gehören Paketabhängigkeiten und Inkompatibilitäten der Vergangenheit an.

Mit der Containerarchitektur können Sensoren, Feldgeräte, und Geschäftsprozesse modular und transparent virtualisiert werden. Zum Beispiel kann ein über S0 angebundener Sensor durch einen Container über IPv6 eindeutig adressiert und in ein IoT eingebunden werden. Wird dieser Sensor durch ein USB oder EtherCAT-Sensor ersetzt, muss nur der betreffende Linux Container ausgetauscht werden, der Rest des Systems läuft ohne Änderung weiter.

Schon vor dem offiziellen Produkt-Launch auf der SPS IPC Drives am 24. November in Nürnberg wird Mica für eine Vielzahl von Projekten bei Harting und bei ausgewählten Partnern eingesetzt.

Bildergalerie

  • Ein komplett montierter robuster Industrierechner mit integrierter SSD auf Basis der MICA-Plattform. Die Langzeitdatenerfassung kann mit dem Gerät direkt an der Maschine erfolgen.

    Ein komplett montierter robuster Industrierechner mit integrierter SSD auf Basis der MICA-Plattform. Die Langzeitdatenerfassung kann mit dem Gerät direkt an der Maschine erfolgen.

    Bild: Harting

  • Die modulare Elektronik in der Kombination für einen UHF-RFID-Reader, bestehend aus RFID-Readermodul (links), CPU-Modul (mitte) und PoE-Modul (rechts)

    Die modulare Elektronik in der Kombination für einen UHF-RFID-Reader, bestehend aus RFID-Readermodul (links), CPU-Modul (mitte) und PoE-Modul (rechts)

    Bild: Harting

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