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Schmaler als ein Haar Winzigste Prototypen aus dem Drucker

Bild: ETH Zürich / Alain Reiser
26.01.2016

Wissenschaftler haben eine einst für die biologische Forschung konzipierte Technik weiterentwickelt und sind nun in der Lage, mikroskopisch kleine und komplexe Metallbauteile im 3D-Druckverfahren einfach herzustellen.

Wissenschaftler an der ETH Zürich entwickelten ein neues Verfahren für den Mikro-3D-Druck. Damit ist es auch möglich, auf einfache Weise und in einem Arbeitsgang winzige, teils auch überhängende Strukturen herzustellen. Dereinst könnten damit zum Beispiel komplexe Uhrenbestandteile oder Mikrowerkzeuge für die Schlüssellochchirurgie hergestellt werden.

Bei den meisten bestehenden Mikro-3D-Druckverfahren sind überhängende Strukturen nur mit einem Trick möglich: Eine zuvor angefertigte Schablone dient während des Druckprozesses als Platzhalter unter einem zu druckenden Überhang. Die Schablone muss nach dem Drucken entfernt werden. Bei der neuen, von ETH-Doktorand Luca Hirt vom Labor für Biosensoren und Bioelektronik entwickelten Technik kann der Druckkopf auch freihängend seitwärts drucken. Überhänge können damit ohne Schablonen gedruckt werden.

Winzige Pipette

Die neue Technik ist eine Weiterentwicklung des vor mehreren Jahren an der ETH Zürich entwickelten FluidFM-Systems (siehe ETH-Life-Artikel). Zentraler Bestandteil dieses Systems ist eine bewegliche, an eine Blattfeder gekoppelte Mikropipette, die äußerst präzise steuerbar ist. FluidFM wird heute vor allem in der biologischen Forschung und der Medizin verwendet, um beispielsweise Zellen zu sortieren und zu analysieren, sowie um Stoffe in einzelne Zellen zu injizieren. Das System und wird seit drei Jahren vom ETH-Spin-off Cytosurge kommerziell vertrieben.

Im Rahmen seiner Doktorarbeit an der ETH Zürich untersucht Luca Hirt die Möglichkeit, FluidFM auch für Druckverfahren zu verwenden. Insbesondere interessiert er sich dafür, damit in Lösung befindliche Metalle und andere Stoffe auf einer leitenden Grundplatte elektrochemisch abzuscheiden.

Elektrochemische Reaktion an der Spitze

Im nun entwickelten System funktioniert das so: Auf einer Grundplatte aus Gold befindet sich ein Flüssigkeitstropfen. In diesen hinein ragt die Spitze der Mikropipette und dient als Druckkopf. In der Pipette fließt langsam und konstant eine Kupfersulfatlösung. Weil die Wissenschaftler mit einer Elektrode eine Spannungsdifferenz zwischen Flüssigkeitstropfen und Grundplatte anlegen, kommt es unter der Pipettenspitze zu einer elektrochemischen Reaktion: Das aus der Pipette austretende Kupfersulfat reagiert zu festem Kupfer, das sich als winziges 3D-Pixel auf der Grundplatte abscheidet.

Indem die Forschenden die Mikropipette computergesteuert bewegen, können sie Pixel um Pixel und Schicht um Schicht dreidimensionale Objekte drucken. Die räumliche Auflösung hängt dabei von der Größe der Pipettenöffnung ab, welche die Größe der Kupferablagerungen bestimmt. Derzeit können die Wissenschaftler einzelne 3D-Pixel von 800 Nanometer bis gut fünf Mikrometer Durchmesser erzeugen und sie zu größeren dreidimensionalen Objekten kombinieren. Im Rahmen einer ersten Machbarkeitsstudie sind etliche spektakuläre Mikroobjekte entstanden. Sie bestehen aus nicht-porösem, reinem Kupfer und sind mechanisch stabil, wie Untersuchungen von Wissenschaftlern der Gruppe von Ralph Spolenak, Professor für Nanometallurgie an der ETH Zürich, zeigten. Zu den eindrucksvollsten Objekten dürften drei ineinander verschachtelte Mikrosprialen gehören, welche die ETH-Forschenden in einem Arbeitsschritt und ohne Schablone herstellten.

„Nicht nur Kupfer, sondern auch andere Metalle lassen sich damit drucken“, sagt Tomaso Zambelli, Privatdozent und Gruppenleiter am Labor für Biosensoren und Bioelektronik der ETH Zürich. Und selbst für den 3D-Druck von Polymeren und Verbundmaterialien könnte sich FluidFM eignen, sagt er.

Ein Vorteil der neuen Methode gegenüber anderen Mikro-3D-Druckverfahren ist, dass über die Auslenkung der Blattfeder, an welche die Mikropipette gekoppelt ist, die Kräfte gemessen werden können, die auf die Pipettenspitze wirken. „Dieses Signal können wir als Feedback nutzen. Im Gegensatz zu anderen 3D-Druck-Systemen erkennt unseres, welche Bereiche des Objekts bereits gedruckt sind“, sagt ETH-Doktorand Hirt. Dies helfe, den Druckprozess zu automatisieren.

Erfolgreiche Zusammenarbeit mit Spin-off

Die Wissenschaftler haben die Methode zum Patent angemeldet. Das ETH-Spin-off Cytosurge hat die Methode von der ETH Zürich lizenziert. Pascal Behr war vor mehreren Jahren an der ETH maßgeblich an der Entwicklung von FluidFM beteiligt. Heute ist er CEO von Cytosurge. „Wir sehen in dem Druckverfahren ein großes Marktpotenzial und eine Chance für unsere Firma, uns weiter zu diversifizieren“, sagt er. „Von der Idee, FluidFM im Mikro-3D-Druck einzusetzen, sind wir überzeugt. Nun geht es darum, diese Anwendung zu optimieren, gemeinsam mit interessierten Forschern an Hochschulen und in der Industrie – etwa in der Uhren-, Medizinaltechnik- und Automobilbranche.“ Eine erste Anwendung sieht Behr im Bereich Rapid Prototyping, der schnellen und einfachen Herstellung von Mikrobauteil-Prototypen mittels 3D-Druck.

Die langjährige Zusammenarbeit von ETH Zürich und dem Spin-off Cytosurge wird ebenfalls weitergehen. „Es ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen, von dem beide Seiten profitieren“, sagt Zambelli. Cytosurge stellte der ETH jeweils die neusten Geräte zur Verfügung. Die ETH-Wissenschaftler können diese für ihre Forschung verwenden. Sie helfen dabei, die Geräte zu testen und können Anregungen für Verbesserungen und Weiterentwicklungen einbringen.

Bildergalerie

  • Die im Folgenden in Mikroskopiebildern gezeigten Objekte sind 15 bis 35 Mikrometer breit. Zum Vergleich: Die Breite eines menschlichen Haars beträgt etwa 50 Mikrometer.

    Die im Folgenden in Mikroskopiebildern gezeigten Objekte sind 15 bis 35 Mikrometer breit. Zum Vergleich: Die Breite eines menschlichen Haars beträgt etwa 50 Mikrometer.

    Bild: ETH Zürich / Luca Hirt

  • Bild: ETH Zürich / Luca Hirt

  • Bild: ETH Zürich / Luca Hirt

  • Bild: ETH Zürich / Luca Hirt

  • Bild: ETH Zürich / Luca Hirt

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