Betriebssystem, CPU oder Leistungsaufnahme Auf den richtigen Prozessor setzen

Das Embedded-Modul TQMLS102xA, basierend auf dem Prozessor LS102xA von NXP, vereint die ARM-Architektur mit der QorIQ-High-Speed-Kommunikations-Technologie.

Bild: TQ-Group
16.10.2016

Die Auswahl des passenden Prozessors sollten sich Entwickler nicht zu einfach machen. Oft lohnt es sich, verschiedene Alternativen in Betracht zu ziehen: Ein Überblick über die Stärken und Schwächen der verbreitetsten Prozessor-Architekturen.

Den geeigneten Prozessor für die Applikation zu finden ist bei der Fülle an Angeboten eine echte Herausforderung. In der Regel fällt die Entscheidung zwischen den drei führenden Prozessorplattformen x86, ARM oder PowerArchitecture. Nur in seltenen Fällen entscheiden sich Entwickler für einen Exoten. Der Anwender kann natürlich den oft gewählten Weg gehen und sich für eine, von ihm bereits in der Vergangenheit praktizierte Lösung entscheiden. Ob dabei jedoch das optimale Ergebnis herauskommt, ist oft fraglich. Worin unterscheiden sich die Architekturen und wo liegen die Stärken und Schwächen? Gibt es generelle Auswahlkriterien für einen Prozessor oder ist das Thema doch vielschichtiger? In jedem Fall ist die richtige Auswahl entscheidend für den Erfolg oder Misserfolg eines Produktes, und hat damit weitreichende Auswirkungen. Sie sollte also reiflich überlegt sein.

Betriebssystem, CPU und Leistungsaufnahme

Eine erste entscheidende Frage ist, ob zu der Applikation oder dem zu entwickelnden Gerät eine Historie gibt, oder ob die Entwicklung auf der grünen Wiese stattfindet. Gibt es eine Historie, ist damit oft die Architektur festgelegt. Es ist meistens sinnvoll, Erfahrungen in die nächste Entwicklung zu übernehmen. Das ist oft sicherer und kostengünstiger, als ein Umstieg auf eine neue Plattform. Die Investitionen der Vergangenheit in Tools und Software/Softwaretreiber können so weiter genutzt werden. Es lohnt sich oft aber, zumindest einmal die Alternativen zu hinterfragen.

Ist die Software und das Betriebssystem vorgegeben, ergibt sich daraus oft die zu wählende Plattform. Ist Microsoft ein Muss, ist x86 der eindeutige Favorit bei den Plattformen. Bei ARM-Prozessoren sind schon einige Klimmzüge und ein spezielles BSP (Board Support Package) notwendig, damit das Ganze funktioniert. PowerArchitecture unterstützt das Betriebssystem überhaupt nicht und scheidet damit aus.

Ist die CPU-Leistung das Maß der Dinge, wird es unter Umständen schwierig, da es unterschiedliche Wege gibt, die Performance zu messen und zu bewerten. Ein ehrlicher Vergleich ist sicher nur möglich, wenn die gleiche Softwareroutine auf verschiedenen System abläuft und dann die Ausführungszeit gemessen wird. Es sind sicher noch andere Parameter zu bewerten, um eine Entscheidung für eine Plattform zu treffen. Die Frage ist allerdings immer, ob es K.O.-Kriterien gibt.

Ist zum Beispiel die maximal mögliche Leistungsaufnahme auf höchstens ein Watt begrenzt, hat sich das Thema x86 und PowerArchitecture erledigt. Hier hat ARM die Nase klar vorne. Die Leistungsaufnahme bringt unter Umständen weitere Probleme mit sich wie die Erwärmung des Systems. Es gibt natürlich immer Wege, das System mit entsprechenden Maßnahmen wie Lüftern oder Heatpipes zu kühlen. Dies bedeutet aber in jedem Fall höhere Kosten und geringere Lebenszykluszeiten des Geräts. Sinnvoller ist es deshalb, von vornherein weniger Verlustleistung zu produzieren. PowerArchitecture-Prozessoren liegen im Bereich von 2 bis zirka 45 W, x86 im Bereich 5 bis zirka 75 W.

Grafik, Schnittstellen und raue Umgebungen

Eine wichtige Frage ist außerdem, ob das System eine Grafik benötigt und falls ja, in welcher Auflösung sie gebraucht wird. Ein Gaming-Computer, mit entsprechender CPU- und Grafikleistung, ist nur mit einem x86-Prozessor realisierbar sein. ARM-Systeme haben allerdings deutlich aufgeholt und bieten für viele Anwendungen mehr als ausreichende Grafikperformance und Schnittstellen. Die x86-Systeme haben aber weiterhin die Nase vorn. PowerArchitecture kennt keine Grafikschnittstelle, ist also aus dem Rennen. Grafikanwendungen beziehungsweise Grafikprogramme sind sehr speicherhungrig. Der dazu notwendige Speicherausbau ist nur bei x86 möglich.

Die benötigten Schnittstellen sind ein weiteres Entscheidungskriterium. Werden die typischen Industrieschnittstellen wie Feldbusse und serielle Schnittstellen benötigt, ist ARM im Vorteil. Sicher kann auch ein x86-System mit entsprechenden externen Schnittstellenbausteinen aufgerüstet werden. Das wird jedoch aufwändig und teuer. Wird ein hoher Datendurchsatz gebraucht, sind also viele Gigabit, 10-GBit-Ethernet oder PCIe notwendig, hat die PowerArchitecture die Nase vorn. Sie ist deshalb auch im Bereich der Telekommunikation der führende Prozessor. Die x86-Prozessoren folgen knapp dahinter. ARM-Prozessoren sind bei der Forderung nach hohem Datendurchsatz sicher nicht die beste Wahl. Neue ARM Derivate wie der Cortex-A72 holen aber auf. Eine interessante Plattform sind die Layerscape-Prozessoren von NXP – ein oder mehrere High-End ARM Cores mit PowerArchitecture Funktionalität.

Wird das Gerät im industriellen Umfeld eingesetzt, also in einer entsprechend rauen Umgebung, und bewegt sich der geforderte Temperaturbereich von -40 bis 85 °C, also im Industrie-Temperaturbereich, ist mit dem Intel-Atom-Prozessor eine x86-Lösung nur bedingt verfügbar. Im Automotive- und Militärbereich wird ein nochmals weiterer Temperaturbereich gefordert. Dies können einige ARM- und PowerArchitecture-Prozessoren leisten. Alle von ihnen sind in der Regel im Industrietemperaturbereich verfügbar. Bei x86-Prozessoren ist hier Fehlanzeige.

Bei manchen Anwendungen spielt die Baugröße eine Rolle. Es ist klar, dass bei weniger Leistung und geringerem Funktionsumfang, der Chip kleiner ist und im Allgemeinen auch als Single-Chip-Lösung geliefert wird. Die neuesten, sehr leistungsstarken Layer-
scape-Prozessoren von NXP, die auf einem 64-Bit ARM-Cortex-A53 basieren, haben zum Beispiel gerade mal eine Kantenlänge von 9,6 Millimeter.

Verfügbarkeit der Prozessoren

Industrieanwendungen fordern eine langfristige Verfügbarkeit der Produkte. In manchen Branchen wird eine bis zu 15 Jahre lange Verfügbarkeit erwartet, wie etwa in der Medizintechnik, der Luftfahrt, im Maschinenbau und bei Automotive. Es sind sogar Fälle bekannt, in denen ein Produkt
20 Jahre lang gebaut, beziehungsweise entsprechend lang gewartet und repariert wird, die Teile also entsprechend lange verfügbar sein müssen. Für Prozessoren auf der Industrial-
Embedded-Roadmap, gibt Intel heute eine Langzeitverfügbarkeit von sieben Jahren an. ARM- und PowerArchitecture-Prozessoren sind je nach Hersteller bis 15 Jahre verfügbar. NXP hat sogar manche PowerArchitecture-Prozessoren schon länger im Programm, beziehungsweise wird diese über die ursprünglich mit 15 Jahren angegebene Langzeitverfügbarkeit hinaus liefern. So wurde der PowerQUICC-I-Prozessor 1998 im Markt eingeführt, und wird nach letzter Aussage des Herstellers weitere drei Jahre lieferbar sein. Das wären dann in Summe
21 Jahre.

Keine pauschale Empfehlung

Natürlich spielt der Preis, wie immer, auch eine entscheidende Rolle. Generell gilt hier, dass weniger Performance und weniger Funktionalität, weniger kostet – Vorteil für ARM. Im High-End-Bereich liegen x86- und PowerArchitecture-Prozessoren bei gleicher Leistung etwa im gleichen Preisbereich.

Es gilt also eine ganze Reihe von Parametern zu bedenken. Die Auswahl eines nicht optimalen Prozessors kann zu Mehrkosten führen. Lieber zweimal prüfen und abwägen, bis die Entscheidung gefällt ist. Eine pauschale, generelle Empfehlung gibt es nicht. Wie überall im Leben, haben alle Architekturen ihre Vorteile, aber auch ihre Nachteile. Für x86-Lösungen spricht die hohe Flexibilität, die gute Austauschbarkeit der Systeme, die hervorragende Grafik-Performance und das breite Angebotsspektrum. Auch das Softwareangebot spricht für ein x86-System.

Ein ARM-System kann mit der geringen Leistungsaufnahme, den geringen Abmessungen, der langfristigen Verfügbarkeit und dem geringeren Preis punkten. Als Nachteil ist hier allerdings die Software zu sehen. Das System benötigt immer ein spezielles BSP und ein Umstieg auf ein anderes, zum Beispiel leistungsstärkeres System, ist nicht so einfach möglich. Eine eindeutige Antwort gibt es also nicht. Es kommt ganz auf den Anwendungsfall an, es lohnt sich aber in jedem Fall über den Tellerrand zu schauen.

Sobald die Auswahl getroffen ist, stellt sich als nächstes die Frage: Selber bauen und den Prozessor integrieren oder lieber auf das breite Angebot an Modullösungen auf dem Markt zugreifen? Letzteres bietet viele Vorteile, minimiert das Entwicklungsrisiko und beschleunigt die Entwicklung des Gesamtsystems. TQ bietet dazu Lösungen mit allen drei Prozessorplattformen an.

Bildergalerie

  • Das Power-Architecture-Modul TQMT1042 bildet die nächste Generation der bekannten QorIQ-Produktfamilie TQMP1020/2020.

    Das Power-Architecture-Modul TQMT1042 bildet die nächste Generation der bekannten QorIQ-Produktfamilie TQMP1020/2020.

    Bild: TQ-Group

  • Beim x86-Modul TQMx60EB setzt TQ auf neueste Intel-Core- und Intel-Xeon-Prozessoren der 6. Generation (Codename Skylake-H).

    Beim x86-Modul TQMx60EB setzt TQ auf neueste Intel-Core- und Intel-Xeon-Prozessoren der 6. Generation (Codename Skylake-H).

    Bild: TQ-Group

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