Fachbeitrag Genormt im Vorteil

Bild: LUHUANFENG, iStock; Bicker Elektronik
27.10.2015

Damit multifunktionale Wandkonsolen im heiklen OP-Bereich eingesetzt werden können, müssen sie strengen Anforderungen genügen. Dies gilt auch für die eingebauten Stromversorgungen. Für Entwickler von Medizingeräten ist es hilfreich, wenn sie auf Netzteile zurückgreifen können, die vom Hersteller gemäß den aktuellen Sicherheitsnormen gefertigt wurden.

Moderne digitale Workflow-Konzepte für den OP-Bereich ersetzen nicht nur den klassischen Röntgenfilmbetrachter, sondern bieten viele weitere Funktionen und Möglichkeiten, um Patienteninformationen optimal erfassen, visualisieren und schnell verfügbar machen zu können. Hierbei spielen multifunktionale OP-Wandkonsolen als zentrale Einheit mit großformatigen Displays und Touchpanels eine wichtige Rolle. Ausgestattet mit leistungsfähigen Rechnersystemen, Signalaufbereitungs- und Managementmodulen für Video- und Bilddaten, Modems, Rootern und Switches sowie zahlreichen Kommunikationsschnittstellen werden diese oftmals als Komplettsystem in die Wand des OP-Bereiches integriert. Zusätzlich ist die Wandkonsole mit Panels, Kameras und Sensoren am Patientenbehandlungsplatz verbunden. Über ein Hochgeschwindigkeitsdatennetz können Ärzte und medizinisches Personal im gesamten OP-Bereich und sogar außerhalb des Krankenhauses auf Bilder, Videos und Datenbankinformationen zugreifen. Damit ein derartiges System auf den europäischen Markt gebracht werden darf und für den Einsatz im OP-Bereich zugelassen wird, muss das Gesamtsystem und die darin verbaute Stromversorgung die hohen Sicherheitsstandards der Norm EN 60601-1:2006,
3. Edition erfüllen und entsprechend erfolgreich geprüft und zertifiziert werden. Für andere Regionen, wie etwa Nordamerika, gelten eigene Bestimmungen.

Die Norm legt fest, dass im medizinischen Endgerät grundsätzlich zwei unabhängige Sicherheitsmaßnahmen (Means of Protection, MOP) implementiert sein müssen, damit der Patient und/oder der Anwender sowohl im Normalbetrieb als auch nach einem einzelnen Fehlerfall vor dem Risiko eines elektrischen Schlages geschützt werden. Dies lässt sich durch die Kombination verschiedener Schutzmaßnahmen im Netzteil und im System (Luft- und Kriechstrecken, Schutzisolation und Schutzerdung) sicherstellen. Die Norm in der aktuell 3. Edition unterscheidet zwischen dem Schutz des gesunden Bedienpersonals (Means of Operator Protection, MOOP) und des potenziell geschwächten Patienten (Means of Patient Protection, MOPP). Aufgrund der Vielzahl von Systemkomponenten in einer zentralen OP-Wandkonsole kamen in der Vergangenheit oft mehrere verschiedene AC/DC-Netzteile für die Stromversorgung jeder einzelnen Baugruppe zum Einsatz. Die Folge: In Summe vervielfachten sich die Sicherheitsrisiken und Grenzwerte für die zulässigen Ableitströme wurden schlichtweg überschritten.

Mehrstufig und modular

Diese und weitere Fragestellungen hinsichtlich Leistung, Sicherheit und Effizienz begegnen den Vertriebs- und Entwicklungsingenieuren des Stromversorgungsspezialisten Bicker Elektronik täglich in der Design-In-Beratung und Projektierung. Hier gilt es, gemeinsam mit dem Kunden eine individuell passende Lösung zu finden. Für OP-Wandkonsolen bietet das Unternehmen deshalb beispielsweise ein mehrstufiges und modulares Stromversorgungskonzept an, welches insbesondere bei den Ableitströmen die zulässigen Grenzen nicht überschreitet. Hierbei ist es wichtig, dass die verwendeten Medizinnetzteile mit 2xMOPP-Patientenschutz für den erweiterten Temperaturbereich sowie den lüfterlosen 24/7-Dauerbetrieb ausgelegt sind.

Warum? Aufgrund des Unterputzeinbaus der OP-Wandkonsole findet wenig bis gar kein Luftaustausch mit der Umgebung statt und die Temperatur im Inneren kann sich schnell auf über
50 °C erhöhen. Nur Netzteile mit hochwertigen Komponenten, wie zum Beispiel japanischen Markenkondensatoren der
Güteklasse 105 °C und einem ausgereiften und energieeffizienten Schaltungsdesign, arbeiten unter derartigen Bedingungen über viele Jahre sicher und zuverlässig – auch unter Maximalbelastungen. Gerade für Medizingerätehersteller sind Langlebigkeit und Langzeitverfügbarkeit der gewählten Komponenten essentiell. Deshalb ist wichtig, einen geeigneten Stromversorgungshersteller auszuwählen, der diese Anforderungen auch erfüllen kann. Zudem müssen die Grenzwerte zur elektromagnetischen Verträglichkeit mit entsprechenden Abschirmungen eingehalten werden, was insbesondere bei OP-Wandkonsolen mit ihren großen Gehäuseöffnungen für Displays mit bis zu 65 Zoll eine anspruchsvolle technische Herausforderung darstellt. Die Norm IEC/EN 60601-1-2 fordert die Einhaltung zahlreicher Vorschriften und Normen. Primär getaktete Schaltnetzteile verursachen aufgrund von Restwelligkeit und hochfrequentem Rauschen elektromagnetische Störungen, und zwar leitungsgebunden als auch abgestrahlt. Daher ist der Einsatz entsprechender EMI-Filtermaßnahmen (z.B. Y-Kondensatoren) nötig, die jedoch ihrerseits wieder höhere Ableitströme gegen Erde hervorrufen. Um den Spagat zwischen EMV-Verhalten und Ableitströmen zu meistern, müssen die Konstrukteure medizinischer Stromversorgungen stets aktuelle Entwicklungen der Leistungselektronik aufgreifen und in das Schaltungsdesign integrieren, um Störungen im Netzteil erst gar nicht entstehen zu lassen. Hochwertige Medizinnetzteile erfüllen in diesem Zusammenhang die Norm EN 55011 in der anspruchsvolleren Klasse B.

Ganzheitlich denken

Bei Embedded- und PC-Systemen ist zudem ein ganzheitlicher Ansatz unumgänglich. Das heißt, man darf nicht nur die Stromversorgung isoliert betrachten, sondern der Stromversorgungshersteller muss über den eigenen Tellerrand hinaus denken und zentrale Komponenten wie das Mainboard und dessen Eigenschaften in die Konzeption einbeziehen. Aus der langjährigen Erfahrung mit dieser Thematik entstand bei Bicker die Idee für das Power+Board-Programm mit langzeitverfügbaren Mainboards von Fujitsu, ASRock, Perfectron und Avalue. Dieser Service für Systementwickler umfasst umfangreiche Tests im hauseigenen Labor. Hochwertige Medizin-Netzteile werden in Verbindung mit ausgewählten Mainboards auf Herz und Nieren geprüft. So ist sichergestellt, dass diese Kombinationen perfekt zusammen passen. Der Kunde erhält alles aus einer Hand: Netzteil, Mainboard und Zubehör.

Ebenso möglich sind individuelle Tests spezifischer Kundenlösungen und Systeme. Bei dem Power-Spezialisten sind im Stromversorgungs- und Systemkomponentenbereich eigene Ingenieure und Techniker tätig. Somit lassen sich die beiden zentralen Komponenten Stromversorgung und Mainboard einer OP-Wandkonsole optimal aufeinander abstimmen und auswählen. Medizingeräte-Hersteller sparen damit Zeit und Geld bei der Entwicklung anspruchsvoller Applikationen.

Bildergalerie

  • Modulares Stromversorgungskonzept für OP-Wandkonsolen bestehend aus einem starken AC/DC-Schaltnetzteil mit 2xMOPP-Patientenschutz nach EN60601-1 und nachgeschalteten DC/DC-Wandlern.

    Bild: Bicker Elektronik

  • Im Rahmen seines Power+Board-Programmes bietet Bicker Elektronik geprüfte Netzteil-Mainboard-Kombinationen mit Industrie-Mainboards von Fujitsu, ASRock, Perfectron und Avalue in fünf Formfaktoren.

    Im Rahmen seines Power+Board-Programmes bietet Bicker Elektronik geprüfte Netzteil-Mainboard-Kombinationen mit Industrie-Mainboards von Fujitsu, ASRock, Perfectron und Avalue in fünf Formfaktoren.

    Bild: Bicker Elektronik

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