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Optoelektronik, Displays & HMI Gut geklebt = bessere Sicht

Bild: Delo Industrie Klebstoffe
13.04.2016

Trifft Umgebungslicht auf Displays, führt das zu unerwünschten Reflektionen und damit zu einer schlechteren Ablesbarkeit. Optische Klebstoffe verhindern dies. Für ein optimales Ergebnis gilt es, das passende Klebemittel auszuwählen. Dr. Daniel Lenssen, Produktmanager bei Delo Industrie Klebstoffe, gibt hierfür eine Hilfestellung und erläutert die Vor- und Nachteile der einzelnen Materialien.

Deckgläser werden zunehmend mit optisch transparentem Klebstoff flächig auf ein Display geklebt, um Spiegelungen zu verhindern.

Richtig. Tatsächlich liegt darin der wichtigste Grund für das so genannte Display Bonding, bei dem im Brechungsindex angepasste Klebstoffe Sonnenreflexionen um bis zu zwei Drittel reduzieren. Daneben gibt es noch andere Motive. So sorgt das Verkleben neben der verbesserten Lesbarkeit auch dafür, dass sich weder Staub noch Kondenswasser hinter dem Deckglas bilden kann. Darüber hinaus setzen immer mehr Hersteller auf Display Bonding, da sich damit die Schockfestigkeit des Displays massiv erhöht, wodurch es bei Stößen und Stürzen stabiler ist.

Flüssigklebstoffe sind universeller einsetzbar als Tapes.

Richtig. Will ein Hersteller Displays verkleben, muss er sich zunächst zwischen Tapes und (klassischen Reaktions-)Klebstoffen entscheiden. Tapes haben den Vorteil, dass sie sich aufgrund des „sauberen“ Prozesses einfach handhaben lassen. Im Gegensatz dazu erfordert die Verwendung von Flüssigklebstoff etwas mehr Erfahrung, bietet dafür in der Handhabung aber viele Vorteile.

So besitzen Flüssigklebstoffe eine höhere Partikeltoleranz. Kleine Partikel, die auch in sauberer Umgebung während des Verklebens in die Klebschicht geraten können, versinken im Flüssigklebstoff und fallen deutlich weniger auf als bei Tapes, die eher wie ein Vergrößerungsglas für Partikel wirken. Darüber hinaus erlauben Flüssigklebstoffe das Verkleben von gewölbten Deckgläsern auf flachen Displays und gleichen Fertigungstoleranzen wie Unebenheiten im Displayrahmen aus. Außerdem schließen sie nahtlos an den Schwarzdruck des Deckglases an. Tapes dagegen führen an diesen Siebdruckkanten immer wieder zu Bläschen, da sie die Kontur der Kante nicht vollständig abdecken können und Luft einschließen.

Das Entfernen der beim Tape-Fügeprozess unvermeidbaren Blasen in einem Autoklaven ist oft ein langwieriger Prozess. Er entfällt bei Flüssigklebstoffen, da bei korrekter Verwendung erst gar keine Blasen entstehen. Bei Flüssigklebstoffen können die einzelnen Komponenten zudem nach dem Fügen ausgerichtet werden, was bei Tapes ebenfalls nicht möglich ist. Schließlich ist die Flexibilität in der Fertigung bei Klebstoffen größer. Mit demselben Equipment und einem Klebstoff lassen sich ganz unterschiedliche Displaygrößen produzieren, während Tapes in festgelegten, vorgeschnittenen Größen vorrätig gehalten werden müssen. Und je größer ein Display ist, desto schwieriger erzielt ein Tape ansprechende Ergebnisse.

Optische Transparenz und Vergilbungsstabilität geben den Ausschlag bei der Wahl eines Flüssigklebstoffs.

Falsch. Neben den optischen Eigenschaften darf man die mechanischen nicht vernachlässigen. Hierzu muss vorab angemerkt werden, dass ein Hersteller, der sich für einen Flüssigklebstoff entschieden hat, eine weitere, wohlüberlegte Auswahl treffen muss. Aufgrund ihrer optischen und mechanischen Eigenschaften bieten sich sowohl Silikone (entweder UV-härtend oder als 2K-Systeme) als auch licht- beziehungsweise Licht-Feuchte-vernetzende Acrylate an, die sich in ihrem Verhalten durchaus unterscheiden.

Betrachtet man die optische Transparenz und Vergilbung von Silikonen und Acrylaten insbesondere unter Temperatureinfluss, zeigen sich unter anwendungsrelevanten Bedingungen im Industrie- und Automotivebereich kaum wahrnehmbare Unterschiede.

Für eine hohe Bildqualität muss der Klebstoff aber zudem sehr weich sein, damit keine durch Spannungen verursachte Bilddefekte, so genannte Mura-Effekte, entstehen. Hier haben die Silikone leicht die Nase vorn, da sie noch etwas weicher sind als Acrylate, insbesondere im Vergleich zu dualhärtenden Licht-Feuchte-Acrylaten. Unabhängig vom Klebstoff muss man aber in allen Fällen mittels Eignungs- und Lagerungstests klären, ob er für den geplanten Einsatz geeignet ist.

Was die Haftung angeht, liegen die Vorteile bei den Acrylaten. Insbesondere bei niedrigen Temperaturen erreichen sie höhere Werte und vermeiden dadurch Delaminationen in kalter Umgebung. Von den Produkteigenschaften her sind sich beide Systeme also sehr ähnlich.

Acrylate und Silikone erreichen eine vergleichbare, hohe Zuverlässigkeit.

Richtig. Für eine hohe Prozesszuverlässigkeit ist das komplette Aushärten des Klebstoffs essentiell. Das ist bei 2K-Silikonen auch in verdeckten Bereichen wie unter dem Schwarzdruck gegeben, sofern die beiden Komponenten korrekt gemischt wurden – ein nicht zu unterschätzender Prozessschritt. Erschwerend kommt hier der verwendete Platin-Katalysator hinzu, der sehr empfindlich auf Verunreinigungen reagiert und eine korrekte Aushärtung behindern kann. Etwaige Mischprobleme sind dagegen bei den einkomponentigen Acrylaten ausgeschlossen. Als Nachteil bei reinen UV-Acrylaten steht zu Buche, dass sie in Schattenzonen, in die kein Licht kommt, nicht vollständig aushärten. Hierfür bieten dualhärtende Licht-Feuchte-Acrylate eine Lösung. Wegen ihrer zusätzlichen Feuchtevernetzung verfügen sie wie 2K-Silikone über eine sichere Schattenhärtung.

Aufgrund der Vor- und Nachteile von 2K-Silikonen und Acrylaten sind UV-Silikone die optimale Lösung.

Falsch. Es stimmt zwar, dass sich der Produktionsprozess mit UV-Silikonen ähnlich effizient wie mit Acrylaten gestalten lässt. Sie sind aber nicht zwingend die beste Lösung, denn sie bieten keine weiteren Vorteile gegenüber Acrylaten, haben aber den Nachteil, dass es eben Silikone sind, die einige Hersteller in der Produktion aus prinzipiellen Erwägungen vermeiden wollen. Generell ist die LABS-Freiheit (LABS: lackbenetzungsstörende Substanzen) ein weiterer Pluspunkt von Acrylaten, da sich damit potentielle Probleme in Nachfolgeprozessen vermeiden lassen. Gelegentlich wird als Argument für die Silikone deren Etablierung angeführt, denn viele Anwender haben mit Silikonen mehr Erfahrungen gesammelt als mit Acrylaten. Der große Entwicklungssprung, der in den letzten Jahren auf Seiten der Acrylate stattgefunden hat, ist dagegen vielen Anwendern unbekannt. Inwieweit dies praxisrelevant ist, lässt sich schwer diskutieren, sondern nur anhand eines objektiven Vergleichs in der Praxis einschätzen.

Im Produktionsprozess unterscheiden sich Silikone und Acrylate deutlich.

Richtig. Während es bei den Produkteigenschaften unterschiedliche Stärken und Schwächen gibt und das Rennen insgesamt recht ausgeglichen ist, erfordern beziehungsweise erlauben Silikone sowie Acrylate völlig unterschiedliche Prozesse.

2K-Silikone haben nach dem Mischen typischerweise Verarbeitungszeiten von vielen Minuten bis teilweise Stunden. Beschleunigt man das Aushärten von Silikonen wie häufig in der Praxis mit Wärme, ist der Produktionsprozess beendet, sobald die Bauteile aus dem Ofen entnommen werden. Dies steht im Einklang mit dem Wunsch vieler Anwender, einen definiert abgeschlossenen Prozess innerhalb der Fertigung zu haben.

Bei dualhärtenden Acrylaten dauert der Abschluss infolge der zusätzlichen Luftfeuchtigkeits-Härtung naturgemäß länger. Allerdings sollten sich Anwender fragen, ob dies wirklich ein praxisrelevanter Nachteil ist, denn das vollständige Aushärten in der Schattenzone kann auch bei den weiteren Prozessschritten oder bei der Lagerung erfolgen. Schließlich lassen sich die Bauteile direkt nach der Lichthärtung weiterverarbeiten, wodurch eine hochvolumige Produktion mit Taktzeiten von Minuten mit UV-Acrylaten deutlich schneller und einfacher möglich ist. Zudem erfordert die Ofenhärtung bei den Silikonen einen Batch-Prozess, während Acrylate inline-fähig sind.

Der Einsatz von Silikonen ist günstiger.

Falsch. Tatsächlich stehen 2K-Silikone angesichts ihres niedrigeren Kilopreises auf der Kostenseite auf den ersten Blick besser da. Allerdings erfordern sie deutlich höhere Investitionen in Anlagen. Während bei Acrylaten nur Lampen für die Aushärtung nötig sind, braucht es bei Silikonen Mischanlagen und Öfen. Häufig werden Silikone auch unter Vakuum gefügt, wofür weitere Anlagen nötig sind. Ein Prozess mit Acrylaten benötigt daher weniger Platz, deutlich weniger Strom und ist somit umweltfreundlicher und ressourcenschonender. Darüber hinaus lässt sich bei Acrylaten die Qualitätskontrolle in den Prozess integrieren, was ebenfalls Kosten spart. So härten Acrylate nur, wenn sie belichtet werden. Auf mögliche Probleme, die während des Prozesses auftreten, kann man vor der Belichtung leicht reagieren, wohingegen bei Silikonen die Aushärtung im Falle von Schwierigkeiten nach dem Mischen nicht mehr zu stoppen ist.

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