Kommentar von Alexander Gerfer, Würth Elektronik EiSos Nachhilfe in den Grundlagen

Alexander Gerfer ist CTO von Würth Elektronik eiSos.

Bild: Nan-Nguyen
17.11.2016

Möchten Hersteller wettbewerbsfähig bleiben, sind sie auf kompetente Entwickler angewiesen. Qualifizierte Ingenieure zu finden, wird allerdings immer schwieriger, da in der Ausbildung die physikalischen Grundlagen zu kurz kommen. Induktive Bauelemente oder EMV geben dann schnell Rätsel auf.

Die Majorität der Entwickler, auch unsere eigenen Jungingenieure, ist nicht gut in den physikalischen Grundlagen geschult. Vieles wird weggelassen in der Ausbildung und dem Studium. Diese Lücken entstehen allerdings bereits auf dem Gymnasium. Zum Beispiel ist der Lehrsatz des Pythagoras nicht mehr in vielen Lehrplänen enthalten. Anscheinend ist er zu trivial. Ohne ein Fundament an verstandenem Grundlagenwissen, verbreitet sich jedoch nur noch Halbwissen oder es bleibt im schlimmsten Fall beim Unwissen.

Genau hier liegt das Problem auch bei den induktiven Bauelementen. Egal in welchem Land man sich die Lehrpläne der Hochschulen und Universitäten anschaut, EMV und induktive Bauelemente sind häufig nur Randthemen. Das dort vermittelte Basiswissen ist nicht nur mager, sondern oft veraltet. Heutige induktive Bauelemente basieren auf den gleichen physikalischen Grundlagen. Die Vielfalt an Kernmaterialien ist allerdings rasant angewachsen. Sie arbeiten in ganz anderen Frequenz- und in vielen anderen Einsatzbereichen, als die Lehrbücher erwähnen. Wie wenig über die Grundlagen bekannt ist, zeigte eindrucksvoll der Vortrag von Dr. Ray Ridley auf der APEC2016. Seinen Beobachtungen zufolge erkennen Studenten nicht einmal mehr einen Transformator auf einem Foto.

Diese fehlenden Grundkenntnisse stellen Elektronikhersteller zunehmend vor Probleme. Ihre Wettbewerbsfähigkeit im Markt hängt stark davon ab, ob sie ein schnelles Time-to-Market realisieren können. Wer schneller mit seiner Lösung im Markt ist, bestimmt schließlich maßgeblich Preise und Marktanteile. Die Schnelligkeit gerät allerdings in Gefahr, wenn die Ingenieure die Grundlagen zur Entstehung von Störungen nicht verstanden haben. Die Geräte müssen dann mühsam in EMV-Tests und Redesigns EMV-konform gemacht werden.

Die Wettbewerbsfähigkeit hängt aber auch davon ab, ob die Markteinführung störungsfrei gelingt und das Produkt effizient und qualitativ langlebig ist. Mangelnde Effizienz von Stromversorgungen wird in über 60 Prozent der Fälle den induktiven Bauelementen angelastet. Doch wirft man einen näheren Blick auf die Details, dann ließen sich viele Probleme lösen mit der richtigen Auswahl der Topologie, der korrekten Bauteilwahl und dem Verständnis von beispielsweise der Stromdichte und der damit verbundenen Grenze der Miniaturisierung. Die Langlebigkeit hängt außerdem maßgeblich davon ab, ob das Design kühl bleibt. Hohe Betriebstemperaturen sind Gift für jede Elektronik!

Zu hoffen ist deshalb, dass die jungen Ingenieure und Ingenieurinnen sich aktiv um ihre Weiterbildung kümmern und nicht nur einen Blick auf Wikipedia werfen. Von vielen Herstellern gibt es dafür gute Seminare. Würth Elektronik eiSos bietet zum Beispiel seit vielen Jahren Fachbücher zu induktiven Bauelementen an und klärt in Seminaren über das Thema auf. „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“, sagte Kant in seiner berühmten Definition. Ich kann daher nur appellieren: Lassen Sie sich keine Angst von EMV und induktiven Bauelemente einjagen! Bilden Sie sich permanent fort!

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