Smart Traffic & Mobility Schaufenster Elektromobilität - nicht „Werkstatt“ oder „Labor“


„Schaufensterprojekte sollen Impulse für weitere Aktivitäten geben.“
Raimund Nowak, Geschäftsführer Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg

10.10.2013

Niedersachsen verfolgt in einigen Projekten des Schaufensters Elektromobilität in seiner Metropolregion einen besonderen Ansatz. Wir sprachen mit Raimund Nowak, dem Geschäftsführer der Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg über die Besonderheiten und Herausforderungen der Projekte.

Mobility 2.0: Herr Nowak, im September wurde in Braunschweig eine induktive Ladestation eröffnet. Ist das auch ein Projekt des Schaufensters Niedersachsen?

Raimund Nowak: Ja, das induktive Laden für Bus und Taxi ist ein Projekt unseres Schaufensters, das auf ein Vorläufervorhaben mit dem Titel Primove aufbaut.

Ist da eine komplette Umstellung des Busverkehrs auf induktive Ladung geplant?

Die Elektrifizierung des Antriebes einer ganzen Busflotte kann man sicher nur mit einer längeren Zeitperspektive angehen. Die Partner in Braunschweig sammeln Erfahrungen und leisten so einen wichtigen Beitrag für die weitere Entwicklung des ÖPNV mit umweltfreundlichen Fahrzeugen. Unser Schaufenster widmet sich intensiv dem Busverkehr. So werden demnächst 42 Hybridbusse in der City unterwegs sein und auch der Einsatz von rein batterieelektrischen Bussen wird geprüft. Schaufensterprojekte sollen auch Impulse für weitere Aktivitäten geben.

Wenn immer neue Projekte hinzukommen, reicht dann überhaupt die Förderung?

Natürlich müssen neue Projekte auch eine neue Finanzierung finden, etwa über neue Förderprogramme. Es gibt aber auch ein starkes unternehmerisches Interesse, unabhängig von Förderung etwas voranzutreiben.

Was ist das nächste größere Projekt des Schaufensters?

Wir bereiten derzeit den Einsatz von rund 150 Volkswagen E-Up in den Kommunen unterschiedlichster Größenordnung vor. Wir verzeichnen ein sehr starkes Engagement von Städten und Landkreisen in unserer Metropolregion, wozu neben dem Fahrzeugeinsatz natürlich auch der Aufbau von Ladeinfrastruktur und die Einbindung der Elektromobilität in Planungsprozesse gehört. Unsere Erfahrungen tauschen wir mit anderen europäischen Regionen aus. Im Oktober werden wir in der spanischen Stadt Valladolid, dort wo der der Renault Twizy produziert wird, eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnen. In Frankreich arbeiten wir mit der Industrieregion Rouen zusammen. Wir sehen uns in der Verantwortung, die wirtschaftlichen Effekte der Elektromobilität im Blick zu behalten. Dies erfolgt auch durch ein Arbeitsplatzmonitoring und die Einbindung von Betriebsräten und Gewerkschaften.

Was sind aus Ihrer Sicht die Besonderheiten des Schaufensters Niedersachsen? Es sind ja viele einzelne Regionen beteiligt.

In unserem Schaufenster spielen Qualifizierung und Weiterbildung eine große Rolle. Da haben wir drei Projekte, die Handwerkskammern, Bildungsträger, Schulen, das Ministerium und Universitäten zusammenführt. Das ist eine Besonderheit, die uns sicherlich von den anderen Schaufenstern ebenso abhebt wie der Einsatz für Modellvorhaben im Zweiradbereich. Der E-Radschnellweg in Göttingen zählt sicher zu den auffälligen Vorhaben. Wir haben einen weiteren Schwerpunkt im Bereich der Bereitstellung von Energie. Niedersachsen ist eben nicht nur Automobil- sondern auch ein Energieland. Wir haben uns vorgenommen, über den zusätzlichen Aufbau von Windenergieanlagen den Strom für 100.000 Elektrofahrzeuge zu produzieren und damit den bilanziellen Nachweis für die Klimafreundlichkeit zu erbringen.

Geht es dabei auch um Elektromobilität auf dem Land? Oder spielt sie sich hauptsächlich in der Stadt ab?

Metropolregionen verfolgen die Idee der produktiven Zusammenarbeit von städtischen und ländlichen Regionen. Schon aus diesem Grunde interessieren uns Lösungen, die sowohl in Großstädten als auch in kleineren Städten und Orten funktionieren. Ich bin ein energischer Gegner der These, Elektromobilität würde nur etwas für den urbanen Raum sein. Die Reichweite von Elektrofahrzeugen ist ja mittlerweile so, dass sie problemlos auch die Distanzen, die man in ländlichen Landkreisen zurücklegen muss, erfüllen kann. Im ländlichen Raum spielt künftig auch die Ergänzung des ÖPNV mit Pedelecs eine Rolle. Auch dies wollen wir in unserem Schaufenster erproben.

Was erwarten Sie sich von den Schaufenstern? Werden die Projekte die Öffentlichkeit genügend aufklären und die Technologien vorantreiben?

Aufklärung muss in erster Linie durch praktische Anwendung erfolgen. Ich nehme den Auftrag ernst, auf einer definierten Gebietskulisse die Massentauglichkeit zu erproben. Aus meiner Sicht müssen sich die Schaufenster stärker auf die Projekte konzentrieren, die ein besonderes Wahrnehmungspotenzial besitzen. Nicht ohne Grund hat man den Regionen den Titel „Schaufenster“ und nicht „Werkstatt“ oder „Labor“ verliehen. Angesichts der Markteinführung neuer E-Autos, dem Boom bei Elektrofahrrädern und der wachsenden Attraktivität neuer Mobilitätskonzepte bin ich zuversichtlich, dass die Schaufenster ihren Zweck erfüllen werden und die Verbreitung der Elektromobilität in Deutschland vorantreiben werden.

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