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Energiemanagement So wird die Kläranlage fast autark

publish-industry Verlag GmbH

In fünf Schritten kann man im Kläranlagenbetrieb erhebliche Energieeinsparungen erreichen.

Bild: GFM
15.07.2016

Wie viel sich am Energieverbrauch von Klärwerken einsparen lässt, wird beim Wärmebedarf von Kläranlagen oftmals unterschätzt: 20 bis 40 Kilowattstunden können die Betreiber durchschnittlich einsparen - mit der richtigen Strategie.

Im Auge behalten sollten Betreiber unter anderem den zunehmenden Wärme- und Kälteverbrauch, der etwa durch die zusätzliche Kühlung von Schaltanlagen oder Serverräumen zur Betriebsüberwachung entsteht.

Ralf Mitsdoerffer, geschäftsführender Gesellschafter bei der GFM Beratende Ingenieure, weist darauf hin, dass die Betreiber von Kläranlagen zur Senkung des Energie- und Wärmebedarfs sich aus zahlreichen Wärmequellen bedienen können - etwa Bioenergie, Faulgas oder Abwasserwärme. Neben den konventionellen Aggregaten zur Wärmebereitstellung wie Heizbrenner, Blockheizkraftwerke, Wärmepumpen oder Kompressionskälteanlagen gibt es inzwischen auch neue Konzepte, mit denen Kläranlagen Wärmeautarkie erreichen oder zumindest den Bezug von Primärenergie (Erdgas, Öl) und Sekundärenergie (Strom) verringern können.

Fünf Schritte zum Energiesparen

Die Entwicklung eines Wärme- und Kältekonzepts basiert auf fünf wesentlichen Schritten:

1. Bestandsaufnahme (Energieanalyse)

Im Rahmen der Energieanalyse sind neben thermodynamischen Grundlagen wie dem Wärmetransport auch Kenntnisse über die betrieblichen Prozesse in einer Kläranlage ausschlaggebend. So stehen in den Anlagen in vielen Fällen nicht nur die Abwärme des BHKW, sondern auch andere Wärmequellen zur Verfügung, darunter Abwasserwärme im Hauptstrom der Anlage, Abwärme von elektrischen Aggregaten wie Gebläse oder Pumpen und Prozesswärme des ausgetragenen Faulschlamms, des Zentrats der Schlammentwässerung oder der Abluft aus der Schlammtrocknung.

2. Einsparung des Wärmebedarfs

Eine Wärmeeinsparung kann in Kläranlagen vor allem durch eine weitergehende wärmetechnische Bauwerksisolierung, eine angepasste Temperatursenkung in Gebäude und des Faulturms sowie eine Reduzierung des aufzuheizenden Schlammvolumens erreicht werden. Besonders sinnvoll ist dabei die Temperaturabsenkung: Werden die Temperaturen in Betriebs- oder Büroräumen im Mittel um 1 °C reduziert, nimmt deren Wärmebedarf um etwa 4 Prozent ab. Ebenso kann aber auch Wärme bei einem Wärmeüberschuss zwischengespeichert werden. Dazu sollte in den wärmeren Monaten die Faulbehältertemepratur auf 40 bis 42° C angehoben und bei einem weitergehenden Wärmebedarf wieder auf die Normaltemperatur abgesenkt werden. Auch die stärkere Eindickungs des Überschussschlamms kann zur Einsparung beitragen. Wird dieser beispielsweise auf 6 anstatt auf 5 Prozent eingedickt, reduziert sich sein Volumen um 17 Prozent. Geht man davon aus, dass die eingedickte Überschussschlammmenge rund ein Drittel des gesamten Schlammvolumens ausmacht, lässt sich der Wärmebedarf der Anlage um etwa 6 Prozent senken.

3. Effiziente Nutzung der Wärme

Durch eine sinnvolle Planung und den Einsatz von Wärmespeichern und Wärmeübertragungssystemen, eine Aggregatesteuerung sowie die Abstimmung von Wärmeproduzenten und -verbrauchern lässt sich der Energieverbrauch reduzieren. So lässt sich beispielsweise die Abwärme des Klärschlammtrockners zum Beheizen der Gebäude oder für die Wasseraufbereitung nutzen. Mit Wärmespeichern, die auch als Energiespeicher fungieren können, lässt sich der Lastgang glätten und somit der Wirkungsgrad der Maschinen verbessern.

4. Nutzung der Abwärme (Substitution)

Neben den anderen thermischen Einsparpotentialen lässt sich in der warmen Jahreszeit der Wärmeüberschuss nutzen, um Strom mit Wärme zu substituieren. Im Vergleich zum Strom ist Wärme nämlich günstiger: Bei der Verbrennung von Faulgas fallen Kosten von 1 Cent/kWh an, während extern bezogener Strom mit 20 Cent/kWh zu Buche schlägt. Bei der direkten Nutzung, also dem Regelbetrieb, wird laut Mitsdoerffer die Abwärme des BHKW auf einem Temperaturniveau von 80 bis 90 °C unmittelbar für die Gebäudeheizung, die Schlammtrocknung oder die thermisch-chemische Desintegration verwendet.

Bei der indirekten Nutzung wird die Wärme entweder zur Erzeugung von Dampf für eine Desintegration, von Strom oder von Kälte eingesetzt. Zur Umwandlung von Abwärme in Strom gibt es verschiedene Verfahren, die im Kern auf einem thermodynamischen Kreisprozess basieren. Hierbei wird Wärmeenergie zunächst in kinetische Energie und anschließend über einen nachgelagerten Generator in elektrische Energie umgewandelt.

5. Nachhaltiges Wärmemanagement

Um die Nachhaltigkeit eines neuen Wärme- und Kältekonzepts zu gewährleisten, sollte ein Wärmemanagement eingeführt werden. Unter diesem Begriff ist neben dem Wärmekonzept selsbst auch die Überprüfung der Zielvorgaben und die Umsetzung des Konzeptes zu verstehen. „In einem ersten Schritt ist die Zielsetzung des Wärmemanagements zu bestimmen. Beispiele dafür wären eine wärmeautarke Kläranlage oder die Substitution von Primär- und Sekundärenergie mittels anlageninterner Wärme“, erläutert Mitsdoerffer. Nachfolgend sind die Zuständigkeiten der Akteure festzulegen und die Finanzierung des Personalaufwandes und etwaiger Investitionen zu sichern. Ein Energiecheck zur groben Bewertung des wärmetechnischen Zustands sollte in regelmäßigen Abständen durchgeführt werden.

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