Schadgase in Mastschweineställen Weniger Ammoniak-Emissionen aus dem Stall

Die Emission von Schadgasen, insbesondere von Ammoniak aus Mastschweineställen, kann durch Maßnahmen wie der Kühlung von Gülle oder eine Verkleinerung deren Oberfläche reduziert werden.

Bild: istock, kadmy
21.09.2023

Ein Projekt mit Beteiligung der Uni Hohenheim zeigt: Auf dem Markt verfügbare, baulich-technische Maßnahmen können Emissionen verringern. Die Forschung zielt auf praxistaugliche Lösungen zur Verbesserung der Tiergesundheit und Umweltschonung ab.

Bereits einfache Maßnahmen wie die Kühlung der Gülle oder eine Verkleinerung ihrer Oberfläche haben nachweisliche Effekte: Die Emission von Schadgasen, insbesondere von Ammoniak aus Mastschweineställen lässt sich reduzieren. So ein Zwischenergebnis der Universität Hohenheim in Stuttgart im Verbundprojekt „EmissionsMinderung Nutztierhaltung“, kurz EmiMin. Mit gut 2 Millionen Euro Förderung aus Bundesmitteln ist das Teilprojekt an der Universität Hohenheim ein Schwergewicht der Forschung.

Im Übermaß produziertes Ammoniak und klimawirksame Gase wie Methan, Kohlendioxid und Lachgas aus der Nutztierhaltung können Mensch, Tier und Umwelt belasten. Doch bereits mit relativ einfachen Maßnahmen lassen sich diese unter praxisüblichen Haltungsbedingungen reduzieren, so ein Zwischenergebnis im Verbundvorhaben „EmissionsMinderung Nutztierhaltung“ (EmiMin).

Prof. Dr. Eva Gallmann, Agrartechnikerin an der Universität Hohenheim, erforscht mit ihrem Team, wie sich durch auf dem Markt verfügbare, baulich-technische Maßnahmen, insbesondere Ammoniak-Emissionen in Mastschweineställen verringern lassen. Das Augenmerk der Forscherinnen liegt auf der Kühlung der Gülle und einer Verkleinerung des Güllekanals, auch in Kombination mit weiteren Maßnahmen zum Beispiel bei der Fütterung.

Beide Verfahren überprüfen sie an zwei Standorten auf ihre Wirksamkeit. Dabei wird jeweils ein Stall-Abteil mit eingebauter Minderungsmaßnahme mit einem Referenzabteil ohne Minderungsmaßnahme verglichen. „Erste Ergebnisse zeigen, dass beide Methoden nicht nur die Emissionen vermindern, sondern auch das Stallklima verbessern“, sagt Gallmann. „So sorgt ausgeklügelte Tierhaltungstechnik für gute Luft im Stall. Das ist gut für Tiergesundheit und Wohlbefinden – und gut für die Umwelt“.

Hauptproblem Ammoniak

Vor allem geschlossene, wärmegedämmte Mastschweineställe mit Vollspaltenböden haben ein höheres Emissionspotenzial für Ammoniak. „Dort wird die Gülle meist die ganze Mast über unterhalb des Spaltenbodens gelagert. Diese große Oberfläche zusammen mit der langen Lagerdauer und der großen Lagermenge sowie den vergleichsweise hohen Temperaturen im Stall begünstigen die Emission von Ammoniak“, erklärt Lilly Wokel, Doktorandin im Fachgebiet Verfahrenstechnik der Tierhaltungssysteme an der Universität Hohenheim.

Deswegen interessieren sich die Forscherinnen vor allem für die Möglichkeiten der Gülle-Kühlung und der Güllekanal-Verkleinerung in geschlossenen Mastschweineställen, bei denen der Austausch mit der Umgebungsluft über Ventilatoren erfolgt. Sie setzen dabei vor allem auch auf Umbaulösungen für bestehende Ställe.

„Nach unseren Messungen im direkten Vergleich der Stall-Abteile mit und ohne Minderungstechnik zeigen sich Minderungspotenziale zwischen zehn und 60 Prozent für Ammoniak“, so Gallmann. „Im Detail hängt dies natürlich auch stark von der Jahreszeit und der Mastphase ab und schwankt über den Jahresverlauf.“

Gülle-Kühlung mindert Emissionen

Einen hohen Einfluss auf die Bildung von Schadgasen hat die Temperatur der Gülle: „Durch Absenken der Gülletemperatur auf unter 15 °C können die in der Gülle ablaufenden chemisch-biologischen Prozesse reduziert werden, was zu einer deutlichen Minderung der Emissionen beiträgt“, erläutert Wokel.

Eine Möglichkeit, die Temperatur in der Gülle zu senken, sind Kühlleitungen, die bereits beim Bau des Stalls in den Boden des Güllekanals einbetoniert werden. In bestehenden Ställen kommen Kühlrippen zum Einsatz, die im Güllekanal in der Gülle schwimmen. „Sie sind gut nachzurüsten und haben einen positiven Effekt auf das Stallklima“, so die Wissenschaftlerin.

Dabei zirkuliert gekühltes Wasser in einem geschlossenen Kreislauf durch die Rippen und nimmt die Wärme aus der Gülle auf. Über eine Wärmepumpe wird diese wieder abgegeben und kann in anderen Bereichen des Stalles genutzt werden, zum Beispiel als Heizung für Liegeflächen oder in der Ferkelaufzucht. So lässt sich der für die Kühlung benötigte Energiebedarf teilweise kompensieren.

Verkleinerung des Güllekanals durch den Einbau von Güllewannen

Eine etwas größere bauliche Veränderung erfordert die Einrichtung eines Teilspaltensystems in Kombination mit einer Verkleinerung der Gülle-Oberfläche. Dabei werden die Buchten der Tiere in verschiedene Funktionsbereiche eingeteilt. Mit unterschiedlich gestalteten Liege-, Fress- und Kotbereichen sollen die Tiere animiert werden, nur in einem kleinen Bereich, der mit Spalten ausgestattet ist, zu harnen und zu koten.

„Denn Schweine legen ihren Kotbereich in der Regel entfernt vom Ruhebereich an und, wenn sie die Möglichkeit haben, auch entfernt vom Futterbereich“, weiß Gallmann. „Wenn ich diese Funktionen entsprechend zuordne und für jede Funktion genügend Platz vorsehe, dann machen sie das von sich aus.“ So kann durch saubere Buchten zusätzlich die verschmutzte beziehungsweise emittierende Oberfläche verkleinert und die Bildung von Schadgasen reduziert werden.

Unter den Spaltenbereichen befinden sich V-förmige Wannen, die eine kleinere Oberfläche haben als ein herkömmlicher Güllekanal. Werden diese Wannen zudem möglichst häufig entleert, wird nicht nur die Oberfläche noch weiter verkleinert, sondern auch die im Stall gelagerte Güllemenge deutlich reduziert.

Relevantes Reduktionspotenzial auf die Emission von Ammoniak

Beide untersuchten Maßnahmen besitzen ein relevantes Potenzial die Emission von Ammoniak zu reduzieren. „Wir sehen aber auch, dass die Rahmenbedingungen eine große Rolle spielen“, erklärt Wokel. „Vieles hängt von den baulichen Gegebenheiten ab, beispielsweise wie gut die Gülle abfließen kann, oder ob sich festes Material vielleicht an den Kühlrippen anstaut. Aber auch, wie oft gereinigt wird oder wie das Verhalten der Tiere im Stall gesteuert werden kann, spielt eine Rolle.“

Als Nächstes werden die Daten der Optimierungsphase ausgewertet. Die Forscherinnen haben untersucht, ob die Kombination mit weiteren Fütterungsmaßnahmen oder der Zusatz von saurer Molke zur Gülle eine weitere Verringerung der Emission ermöglichen, auch und vor allem für die Stall-Abteile ohne bauliche-technische Maßnahme. „Schließlich müssen wir der Praxis auch taugliche Lösungen anbieten, die in einem ersten Schritt schnell und vergleichsweise günstig zu realisieren sind.“

Projekt EmissionsMinderung Nutztierhaltung (EmiMin)

EmiMin startete am 01. Juli 2018 und ist auf fünf Jahre ausgelegt. Die Verbundpartner neben der Universität Hohenheim sind das Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL), das auch die Projektleitung innehat, die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, die Universität Bonn, das Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie (ATB) und das ZB MED - Informationszentrum Lebenswissenschaften in Köln.

Die Förderung des Projektes EmiMin erfolgte aus Mitteln des Zweckvermögens des Bundes bei der Landwirtschaftlichen Rentenbank im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Das Vorhaben wird mit insgesamt rund 9 Millionen Euro gefördert, wovon gut 2 Millionen Euro auf die Universität Hohenheim entfallen.

Einsatz von Tieren im Projekt

Die baulich-technischen Maßnahmen zu EmiMin wurden auf vier landwirtschaftlichen Lehr- und Versuchsstationen in jeweils zwei Stall-Abteilen in Deutschland erprobt. Die Schweine wurden dort unter praxisüblichen Bedingungen gehalten und zählten nicht als Versuchstiere. An der Universität Hohenheim lagen laut der Versuchstiermeldung 2021 Schweine mit 58 Tieren an siebter Stelle. Hühner waren mit 1.939 Tieren das häufigste Versuchstier.

Die Universität Hohenheim ist Erstunterzeichnerin der 2021 gestarteten, bundesweiten Initiative Transparente Tierversuche. Sie legt an die Durchführung von Tierversuchen sehr strenge Maßstäbe: Bereits 2017 hat sie sich eine Leitlinie gegeben, in der sie sich weiterhin zu deren Notwendigkeit bekennt, aber auch zur Verpflichtung, diese zu reduzieren, abzumildern und transparent darüber zu informieren.

Schwergewichte der Forschung

37,6 Millionen Euro an Drittmitteln akquirierten Wissenschaftler der Universität Hohenheim 2022 für Forschung und Lehre. In loser Folge präsentiert die Reihe „Schwergewichte der Forschung“ herausragende Forschungsprojekte mit einem finanziellen Volumen von mindestens 350.000 Euro für apparative Forschung beziehungsweise 150.000 Euro für nicht-apparative Forschung.

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