Verwertung von Holzabfällen Aus Baum wird Batterie

Gefällte Bäume in einem Forst bei Stadtroda: In der Holzindustrie fallen große Mengen Lignin an, das in einem neuen Projekt vom Abfallprodukt zum Wertstoff werden soll.

Bild: Jan-Peter Kasper, Universität Jena
05.07.2024

Das Biopolymer Lignin macht knapp die Hälfte der Masse eines Baumes aus, ist für die Papierherstellung jedoch uninteressant. Forscher der Universität Jena wollen den Abfallstoff nun für nachhaltige Batterien weiterverwenden. Dort soll er kritische Metalle wie Lithium, Kobalt oder Mangan ersetzen.

Das Biopolymer Lignin kommt in großen Mengen in Bäumen vor. Es sorgt dafür, dass das Holz stabil bleibt. Bei der Verarbeitung beispielsweise zu Papier ist allerdings nur der Zelluloseanteil des Holzes interessant – das Lignin bleibt übrig, immerhin knapp die Hälfte der Baummasse.

„In der Zellstoffindustrie fallen weltweit jährlich rund 50 Millionen Tonnen Lignin an. Der Großteil davon wird einfach verbrannt“, sagt Prof. Dr. Martin Oschatz von der Universität Jena. Doch dafür sei Lignin viel zu schade: „Es besteht, wie Zellulose und andere Biopolymere, aus Kohlenwasserstoffbausteinen, die sich in der Chemie wesentlich sinnvoller nutzen lassen.“

Genau das haben Oschatz und ein interdisziplinäres Forschungsteam des an der Universität Jena angesiedelten Center for Energy and Environmental Chemistry (CEEC) nun vor. Ihr neuer Verbund „LignUp“ hat zum Ziel, Lignin vom Abfallprodukt zum Wertstoff aufzuwerten. Das Projekt wird in den kommenden sechs Jahren von der Carl-Zeiss-Stiftung im Rahmen des Programms „CZS Durchbrüche“ mit knapp fünf Millionen Euro gefördert. Es bildet den Startschuss für einen neuen langfristigen Schwerpunkt zu Bioökonomie und Energiematerialien am CEEC Jena.

Einheimischer Rohstoff

Konkret haben die Forscher den Einsatz von Lignin als Ausgangsstoff für Funktionsmaterialien im Blick, die dabei helfen, Energiespeicher nachhaltiger zu machen. „Batterien enthalten meist noch kritische Metalle, wie Lithium, Kobalt oder Mangan, deren Gewinnung mit hohem Aufwand verbunden und deren Ressourcen begrenzt sind“, erklärt Oschatz. Er und sein Team wollen daher nach neuen Batteriematerialien suchen, die auf Basis von Lignin hergestellt werden können und die diese Metalle nicht mehr benötigen.

Aus Lignin lassen sich zudem neuartige Filtermaterialien synthetisieren, die Metalle aus wässrigen Lösungen selektiv abtrennen können. Damit ließen sich kritische Metalle in nachhaltigen Batterierecycling-Prozessen zurückgewinnen oder in der wasserbasierten Erzaufbereitung umweltschonend extrahieren.

„Wir verknüpfen hier erstmals industrielle Bioökonomie branchenübergreifend mit Energietechnik“, sagt Umweltchemiker Prof. Dr. Michael Stelter, der gemeinsam mit Oschatz, das „LignUp“-Team leitet. Lignin biete sich aufgrund seiner vielseitigen chemischen Struktur als Ausgangsmaterial für solch neuartige Funktionsmaterialien sehr gut an. Darüber hinaus sei es als heimischer Rohstoff in großen Mengen und stabiler Qualität vorhanden und auch deshalb für eine großtechnische Nutzung sehr gut geeignet.

Basis für Elektroden

Aus Lignin gewonnene Kohlenstoff-Aktivmaterialien könnten zum Beispiel als Elektrodenmaterial in Speicherkondensatoren und Natriumbatterien zum Einsatz kommen und dort kritische Metalle ersetzen. Solche und andere nachhaltige Energiespeicher wie metallfreie Redox-Flow-Batterien sind bereits seit Längerem ein Forschungsschwerpunkt des CEEC Jena, aus dem sich auch das Kernteam des „LignUp“-Projekts rekrutiert. Externe Wissenschaftler des Thüringer Innovationszentrums für Wertstoffe in Nordhausen und der Universität Bayreuth bringen ebenfalls ihre Expertise ein.

In der zweiten Säule des Projekts geht es um die Erschließung neuer Quellen für kritische Metalle. Oschatz: „Bereits heute wird versucht, aus Meerwasser oder aus speziellen bergbaulichen Wässern durch Membranen oder Adsorptionsmaterialien interessante Metalle abzuscheiden. Künftig kommen noch wasserbasierte Recyclingverfahren für Metalle hinzu – etwa aus dem Batterierecycling. Wir wollen daher eine Materialbibliothek aufbauen und Synthesewege entwickeln, mit denen sich neue Funktionsmaterialien aus Ligninbestandteilen maßschneidern lassen, die für die Gewinnung von Metallen aus Wasser besser geeignet sind.“

Bildergalerie

  • Prof. Dr. Martin Oschatz leitet den neuen Forschungsverbund „LignUp“ an der Universität Jena.

    Prof. Dr. Martin Oschatz leitet den neuen Forschungsverbund „LignUp“ an der Universität Jena.

    Bild: Anne Günther, Universität Jena

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