Die Verstädterung ist neben dem Bevölkerungswachstum, der Industrialisierung und dem Klimawandel einer der wichtigsten Treiber für zunehmende Wasserknappheit. Denn der Ausbau der urbanen Infrastruktur kann vielerorts nicht mit der rasant steigenden Anzahl der Bewohner Schritt halten. Lange Zeit stand Effizienz im Mittelpunkt des Wassermanagements. Zwar ist der sparsame Umgang mit der Ressource Wasser weiterhin ein entscheidender Faktor. Doch der Ausbau und die Optimierung von Versorgungsnetzen werden nicht ausreichen. Gebraucht werden alternative Lösungsansätze.
Eine vielversprechende Methode ist die technische Wiederaufbereitung. Recyceltes Wasser kann sowohl für Landwirtschaft und Industrie als auch als Trinkwasser eingesetzt werden, wie dies beispielsweise in der Raumfahrt geschieht. Noch erschweren hohe Kosten für Wiederaufbereitungstechnologien und Vorbehalte in der Bevölkerung eine umfassendere Umsetzung. Dennoch gibt es seit einigen Jahren wegweisende Beispiele wie in Singapur. Der Insel- und Stadtstaat importiert einen Großteil seines Frischwassers aus dem Nachbarstaat Malaysia. Der Grund: Für die Bevölkerungsdichte des Landes reichen die bestehenden Reserven nicht aus. Seit zirka 50 Jahren arbeitet Singapur daran, sich versorgungstechnisch unabhängig zu machen – unter anderem durch Meerwasserentsalzung, Regenwassernutzung und die weltweit ersten Wassereffizienz-Standards. Mit dem Zertifizierungsprogramm „Water Efficiency Management System (SS577)“ wurde 2013 der erste weltweite Wassereffizienz-Standard entwickelt. Dieser ermöglicht Industrien, den Wasserverbrauch systematisch zu managen und die Effizienz zu steigern. TÜV Süd ist als eines der ersten Unternehmen in diesem Zusammenhang akkreditiert worden.
Eine entscheidende Rolle spielt auch die Recycling-Initiative NEWater. Bereits heute deckt wiederaufbereitetes Wasser 30 Prozent des nationalen Bedarfs. Bis 2060 sind 55 Prozent angestrebt. Dazu hat die Regierung gesetzliche Regelungen erlassen, die zur Verwendung von recyceltem Wasser verpflichten. Genutzt wird es hauptsächlich im industriellen Sektor. Ein Teil wird aber auch dem Trinkwassersystem zugeführt. Dabei bietet die Wiederaufbereitung auf Systemebene klare Vorteile: Es ist eine umweltfreundliche Alternative zur Entsorgung von Abwasser und reduziert zudem die überschüssige Nährstoffanreicherung (Eutrophierung) von Oberflächengewässern, die unter anderem zu einer nicht erwünschten Algenbildung führen kann. Gleichzeitig lassen sich die Wasseraufbereitung und -wiederverwendung zunehmend mit Energierückgewinnung und Nährstoffverwertung – beispielsweise im Getreideanbau – verbinden.
Entscheidend ist, zuverlässig die Risiken zu minimieren, die eventuelle Verunreinigungen mit sich bringen können. So kann Harnstoff im Wasser ein Risiko bei der Produktion von Halbleitern sein. Bei der Verwendung als Trinkwasser sind besonders hohe Qualitätsstandards erforderlich. In Singapur wurden die von der World Health Organisation (WHO) definierten Anforderungen an die Trinkwasserqualität übertroffen. Das Wissen darum erhöht auch die Akzeptanz seitens der Bevölkerung. Die hohen Qualitätsstandards erfordern, dass Versorgungs- und Industrieunternehmen zusätzliche Systeme in ihre Anlagen zur Wasseraufbereitung integrieren. Das bedeutet erst einmal: kostenintensive Investitionen in den Auf- beziehungsweise Ausbau der Infrastruktur und in moderne Technologien wie Filterverfahren mittels spezieller Membranen (Mikrofiltration, Ultrafiltration und Umkehrosmose), Ionentauscher und der Einsatz von Ozon-Gas oder UV-Strahlen zur Desinfektion und abwasserfreie Produktion (Zero Liquid Discharge, ZLD).
Je nach Einsatzbereich und Verwendungszweck können die Kosten für das Recycling durch eingesetzte Technik und Materialien wie auch durch den benötigten Energieverbrauch und Wartungsaufwand stark variieren. Insgesamt werden die Technologien durch die hohe Innovationsdynamik immer wirtschaftlicher. Allerdings gibt es in vielen wasserarmen Regionen oft auch keine günstigere Alternative. Wasserrecycling ist typischerweise sogar günstiger als beispielsweise Meerwasserentsalzung.
Neben Singapur haben auch Länder wie Australien, Mexiko und einzelne US-Staaten den sparsamen Umgang mit der Ressource Wasser zum Thema gemacht und fixieren zugehörige Maßnahmen in ersten Arbeitspapieren und ersten Gesetzen. Sie setzen zunehmend auch auf Recycling, um die Wasserversorgung zu verbessern. Neben gesetzlichen Regelungen geht es vor allem darum, die richtigen Anreize zu setzen und ein umfassendes Verständnis vom „System Wasser“ zu entwickeln. Ein Beispiel wäre eine zielführendere Gestaltung von Wassertarifen, die die tatsächlichen Kosten für die wertvolle Ressource widerspiegeln.