Automatisiertes Fahren Lenken ohne Grenzen

Deutlich erhöhte Manövrierbarkeit etwa beim Einparken ermöglichen die hoch-integrierten Längs- und Querführungssysteme des Projekts Omni-Steer.

Bild: KIT/OmniSteer
03.03.2016

Das Projekt Omni-Steer startet mit einem Budget von 3,4 Millionen Euro Budget, um die urbane Manövrierfähigkeit von Autos zu steigern. Die zunehmende Elektrifizierung und Automatisierung der Fahrzeuge ermöglicht es, dem Nutzer neuartige Fahrfunktionen anzubieten.

Autos steigern die Mobilität ihrer Nutzer. In engen Innenstädten jedoch stoßen sie an die Grenzen der eigenen Manövrierfähigkeit. Etwa für Vielparker wie Lieferdienste und mobile Pflegekräfte vergeht viel Arbeitszeit mit Einparken und Parkplatzsuche. Neuartige Fahrwerke mit einzeln lenkbaren Rädern und elektrische Antriebe können die Wendigkeit und so die Effizienz gerade im fließenden Stadtverkehr erhöhen. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt Omni-Steer will bis 2018 mit einem Budget von 3,4 Millionen Euro die passenden Konzepte und Prototypen erforschen. „Die zunehmende Elektrifizierung und Automatisierung von Fahrzeugen ermöglicht es, dem Nutzer neuartige Fahrfunktionen anzubieten“, erklären die Projektleiter Marcel Mayer von der Firma Schaeffler und Michael Frey vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT). „Der Mehrwert von Elektroantrieben gegenüber Verbrennungsmaschinen tritt deutlich hervor, da wir elektrische Antriebe direkt in jedes Rad integrieren können.“

Zusammen mit neuartigen Radaufhängungen, welche größere Lenkeinschläge an der Vorder- und Hinterachse erlauben, werden passende Abstands- und Spurassistenten entwickelt (hochintegriertes Längs- und Querführungssystem), welche die Manövrierfähigkeit deutlich verbessern. „Je nach Situation kann nahtlos zwischen Vorderrad-, Hinterrad- und Allradlenkung gewechselt werden“, sagt Mayer, der die Arbeitsgruppe Automatisiertes Fahren bei Schaeffler leitet und innerhalb der Forschungskooperation Share am KIT (Schaeffler Hub for Automotive Research in E-Mobility) forscht. Fahrmanöver in beengten Situationen werden durch Omni-Steer zeitlich wie auch energetisch effizienter. Etwa beim Abbiegen und Spurwechsel im Stau oder vor Baustellen, wodurch die Fahrspuren besser ausgenutzt werden können. Oder im Zustelldienst, wo sogar kontinuierlich aus der Fahrt heraus ein Einparken quer zur Fahrtrichtung möglich wird und somit nicht nur kleinste Parklücken effizient genutzt werden, sondern auch die Fahrspur für den fließenden Verkehr schnell wieder freigegeben wird. „Somit steigern diese Fahrfunktionen direkt Sicherheit, Komfort und Energieeffizienz sowie langfristig auch Raumnutzung und Verkehrsfluss in Städten“, so Frey vom Institut für Fahrzeugsystemtechnik des KIT.

Innerhalb von Omni-Steer entsteht am KIT ein verkleinertes Demonstrationsfahrzeug, dessen Längs- und Querführungssystem orthogonale, mehrdirektionale und nichtlineare Fahr- und Lenkmanöver ausführen kann. Diese drei Eigenschaften ermöglichen innovative Fahrfunktionen und somit das Ausschöpfen des vollen Potentials von Automatisierung in elektrisch angetriebenen Fahrzeugen. Das Fahrzeug wird mit Sensoren das Umfeld erkennen, den bestmöglichen Fahrweg errechnen und dann komplexe Manöver eigenständig ausführen können. Durch eine eigens entwickelte Anzeige- und Bedieneinheit wird der Fahrer die Fahrfunktionen nachvollziehen, auswählen und bei Bedarf eingreifen können. Das FZI Forschungszentrum Informatik bringt dafür Manöver- und Trajektorienplanungsverfahren in das Vorhaben ein, welche die bestmögliche Fahrwerkskonfiguration situativ abhängig auswählen.

Das Projekt Omni-Steer ist auf drei Jahre angelegt. Der Präfix Omni (lat. ganz, alles) steht einerseits für den ganzheitlichen Ansatz des Lenkens (englisch to steer). Andererseits steht Omni als Akronym für Orthogonal (Rangieren senkrecht zur ursprünglichen Fahrtrichtung), mehrdirektional (Bahnen lassen sich unterschiedlich abfahren) und nichtlinear (Lenkradstellung und Lenkwinkel sind entkoppelt). Projektpartner sind die Firmen Schaeffler, Paravan und Hella sowie Forscher des FZI Forschungszentrum Informatik und des KIT. Als assoziierte Partner unterstützen die Firmen Dekra, Custom Interactions sowie der durch E-mobil BW, die Innovationsagentur des Landes Baden-Württemberg, koordinierte Cluster Elektromobilität Süd-West (ESW) das Verbundprojekt. Rund 1,9 Millionen Euro des 3,4 Millionen Euro Gesamt-Budgets trägt das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Programms „e-MOBILIZE – Intelligente und effiziente Elektromobilität der Zukunft“.

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