In vielen Erdteilen bedroht Wasserknappheit die Lebensgrundlage der Menschen. Im Zuge des Klimawandels werden extreme Wetterlagen das Problem noch forcieren. Dürren bedrohen hierdurch auch Regionen, die bislang verschont geblieben sind. So schätzt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in einem Bericht vom Mai 2012, dass im Jahr 2050 nahezu vier Milliarden Menschen von akutem Wassermangel bedroht sein werden [1]. Gleichzeitig bedingen sowohl technische Mängel als auch menschliche Konsumgewohnheiten, dass weltweit über ein Drittel des Trinkwassers unwiederbringlich verloren geht – in den am stärksten betroffenen Entwicklungsländern ist es gar über die Hälfte [2].
Aber wer sich in Deutschland auf der sicheren Seite wähnt, der irrt. Auch hierzulande verlieren einzelne Gemeinden über ein Viertel ihres Trinkwassers [3]. Vor allem fehlerhafte Leitungssysteme, ungenaue Wasserzähler, Verschwendung und auch Diebstahl sind für diesen Missstand verantwortlich. Diese verlorenen Wassermengen werden als „Non-Revenue Water“ bezeichnet und bedeuten eine unnötige Dezimierung der ohnehin knappen Ressource.
Damit die Versorgung einer wachsenden Weltbevölkerung auch in Zukunft sichergestellt werden kann, ist ein Wandel zu einem verantwortungsvolleren Ansatz in der Wasserwirtschaft notwendig. Um Versorgungsstrukturen nachhaltig zu verändern bedarf es indes der gemeinsamen Bemühungen aller beteiligten Parteien. Eine tragende Rolle spielen dabei vor allem die Versorgungsunternehmen, die Betreiber der Versorgungsinfrastrukturen, die Entwickler der relevanten Hard- und Software und natürlich die Endverbraucher selbst. Die Vereinten Nationen riefen 2013 daher zum „Internationalen Jahr der Wasserzusammenarbeit“ aus [4].
Wertvolle Daten urbar machen
Derzeit dominieren weltweit noch klassische Versorgungsarchitekturen mit analogen Messsystemen. Die konzeptbedingte Erfassung der Wassermengen in großen Zeitabständen erschwert dabei die Identifizierung von irregulären Verbräuchen und mithin die Effizienzsteigerung. Lecks und auch Verschwendung bleiben daher meist unerkannt. Wertvolle Daten, die Aufschluss über Engpässe und Ineffizienzen des Versorgungsnetzwerks liefern könnten, werden buchstäblich ungenutzt den Abfluss hinuntergespült. Schließlich lässt sich nur das auch effizient verwalten, was messbar ist.
Die Ausstattung von Wasserversorgungsnetzwerken mit „intelligenten“ Messsystemen erlaubt hingegen eine dezidierte Abbildung individueller und flächendeckender Verbrauchsmuster. Grundlage hierfür ist die Auswertung unzähliger Verbrauchsdaten durch die Kommunikation zahlloser Messstellen innerhalb des Versorgungsnetzwerks. Die zentrale Analyse der permanent erhobenen Verbrauchsdaten gibt dabei Hinweise auf Ineffizienzen der jeweiligen Verteilungsinfrastruktur. Die Kenntnis über abnorme Verbrauchsmuster ermöglicht ein aktiveres Netzwerkmanagement, da Non-Revenue Wasser, verursacht von defekten oder falsch dimensionierten Zählern, frühzeitig erkannt werden kann.
Abweichungen detektieren
Ein einfaches Beispiel soll dieses Prinzip veranschaulichen: Eine zentrale Messeinheit erfasst den Verbrauch einer Wohnsiedlung über definierbare Zeiträume. Hieraus lassen sich nun die Durchschnittsverbräuche errechnen. In Abgleich mit den Kontextdaten der Siedlung erkennt das System schließlich individuelle Abweichungen von der Norm. So könnte ein signifikant erhöhter Verbrauch eines einzelnen Haushalts Hinweis auf eine schadhafte Leitung sein. Durch derlei Verdachtsmomente kann die Versorgungsinfrastruktur gezielt geprüft und es können Ineffizienzen beseitigt werden. Flächendeckende und damit äußerst kostspielige Überprüfungen des gesamten Versorgungsnetzwerks auf undichte Stellen werden auf diese Weise überflüssig.
Am Anfang steht freilich stets die flächendeckende Installation „intelligenter“ Messgeräte. Diese erfassen Verbräuche auch in kleinsten Zeitabständen und erlauben deren Abbildung im Wochen-, Tage- und sogar Stundenrhythmus.
Durch den Einsatz spezieller Ringkolbenwasserzähler lassen sich dabei selbst kleinste Durchflussmengen erfassen. Ein nicht unwichtiges Detail, kann doch bereits ein tropfender Wasserhahn am Ende des Tages für stattliche 50 Liter „verlorenes“ Wasser verantwortlich zeichnen. Auf diese Weise vernichtet ein vergleichsweise harmlos anmutendes Tröpfeln innerhalb eines Jahres unglaubliche 18 Tonnen wertvolles Trinkwasser. Ähnlich bliebe ein kleines Leck in den unsichtbar dahinterliegenden Zuleitungen ohne hinreichendes Verdachtsmoment vermutlich unentdeckt.
Umdenken dank Rückmeldung
Darüber hinaus ermöglicht eine schnelle Rechnungsstellung über kürzere Perioden den Verbrauchern eine unmittelbare Rückmeldung zu ihrem Konsumverhalten. Anders als eine weit nachgelagerte Nachzahlungsforderung, die sich keinen konkreten Anlässen zuordnen lässt, können Endabnehmer ihren aktuellen Wasserverbrauch in den Kontext ihrer Wasserrechnung setzen. Haushalte, die zuvor möglicherweise achtlos mit der Ressource umgingen, sind auf diese Weise besser informiert und erhalten die Möglichkeit, einen bewussteren Umgang mit Wasser zu pflegen. Unbewusste Verschwendungen können auf diese Weise abgestellt werden.
Das gesamte Versorgungsnetzwerk wird somit durch den Informationsaustausch seiner Endpunkte effizienter und der Umgang mit der Ressource Wasser nachhaltiger gestaltet. Die Menge an verfügbarem Wasser kann man nicht ändern – wohl aber die Zahl derer, die sie nutzen können.
Im indischen Mumbai ermöglichte die flächendeckende Installation „intelligenter“ Messgeräte eine Halbierung des Trinkwasserverlusts. Auf diese Weise werden heute mehr Einwohner der Millionenmetropole mit dem wertvollen Gut versorgt, als dies zuvor bei traditionellen Messsystemen der Fall war [5].
Smart Metering als Entwicklungshilfe
Die Vorteile „intelligenter“ Wasserversorgungsysteme beschränken sich dabei nicht auf urbane Ballungszentren. Die Analyse der Verbrauchsdaten kann in die Cloud ausgelagert und über Webportale eingesehen werden. Sogenannte „Managed Services“ erlauben hierdurch Regionen, die nicht über das notwendige IT-Personal und Hardware verfügen, eine Analyse und so die Optimierung ihrer Wasserversorgung. Mithin prädestiniert sich intelligentes Wassermanagement insbesondere für infrastrukturell schwächere Regionen in Entwicklungsländern, die verstärkt mit Wasserknappheit zu kämpfen haben.
Schlüsselrolle für „intelligente“ Messsysteme
Unter Würdigung der Schlüsselrolle „intelligenter“ Messsysteme bei der Bekämpfung von Wasserversorgungsverlusten sollte ihre Installation als Investition in die Zukunft verstanden werden. Industrieländer können auf diesem Wege die Wasserversorgung ihrer Wirtschaft stabil halten und ihre Wasserbilanz positiv beeinflussen. Zudem bewahrt intelligentes Wassermanagement Kommunen auf der ganzen Welt vor exorbitanten Kosten, falls größere Mengen Wasser unerkannt versickern und eine Überprüfung des gesamten Versorgungssystems erforderlich machen sollten.
Nicht zuletzt könnten drohende Dürrekatastrophen sowie gewalttätige Konflikte um Wasserressourcen, wie manche internationale Organisationen sie befürchten [6], durch intelligentes Wassermanagement abgewendet werden, noch bevor sie entstehen.
Weitere Informationen
[1] www.oecd.org/berlin/49907296.pdf
[2] www.bloomberg.com/news/2013-03-15/water-losses-in-india-cut-in-half-by-smart-meters-itron.html
[3] www.augsburger-allgemeine.de/landsberg/Verluste-liegen-weiter-bei-fast-30-Prozent-id24293751.html
[4] www.unwater.org/water-cooperation-2013/events/world-water-day/en
[5] www.bloomberg.com/news/2013-03-15/water-losses-in-india-cut-in-half-by-smart-meters-itron.html
[6] www.oecd.org/berlin/49907296.pdf