Die Kemptner Hütte, an den Grashängen der malerischen Allgäuer Alpen nahe Oberstdorf gelegen, ist eine der größten und bedeutendsten Schutzhütten des Deutschen Alpenvereins. Eingerahmt von über 2.400 m hohen felsigen Bergen befindet sie sich zwischen den Stationen Oberstdorf und Memminger Hütte des Europäischen Fernwanderwegs E5 sowie am Zugang zum Heilbronner Weg zwischen Oberstdorf und der Rappenseehütte – eine ideale Basis für Mehrtages- und Fernwandertouren. Es ist also wenig verwunderlich, dass die Nachfrage an Übernachtungen über die Jahre stetig gewachsen ist und die 1891 erbaute Hütte an ihre Grenzen brachte.
Nach Angaben des DAV waren die Sanierungsmaßnahmen dringend erforderlich, nachdem die Herberge der Frequentierung schon über mehrere Jahre kaum mehr standhalten konnte. Neben weiteren Küchen- und Lagerkapazitäten für Speisen und Getränke, Wohn- und Sozialräumen für das Personal, größeren Waschräumen und einem Update der Brandschutzmaßnahmen musste auch das Abwasserhandling entsprechend aktueller Umweltschutzvorgaben angepasst werden. Die Hütte wurde daher zwischen 2020 und 2022 aufwendig saniert.
Um den Charakter einer einfachen Bergsteigerunterkunft zu bewahren, war jedoch keine Kapazitätserweiterung vorgesehen. Trotzdem musste die Abwasserverwertung der auf 290 Schlafplätze ausgelegten Hütte komplett neu gedacht werden: „Es gab keine vernünftige Abwasserlösung. Die Sickergrube, die bisher unweit der Hütte betrieben wurde, wäre zukünftig überfordert gewesen“, beschreibt Olaf Textor, Head of Global Business Field Customer Service bei Netzsch Pumpen & Systeme.
Hinzu kommt, dass eine solche Lösung auch in Bezug auf den Umweltschutz problematisch und in diesem Umfang nicht mehr gestattet ist, da das Abwasser die umliegende Natur belasten würde. Daher entschieden sich die Hüttenbetreiber, eine neue Leitung anzulegen, die die Abwassersammelstelle an der Hütte mit der Kanalisation im Tal verbindet. Mit den hierfür notwendigen Pumpen wurden die Expertinnen und Experten von Netzsch beauftragt, die bereits ähnliche Lösungen in Bergregionen erfolgreich realisiert haben. Für die Hüttenbetreiber sprachen neben einer prozessoptimierten Technik vor allem die Service- und Supportleistungen des Partners, der trotz der Abgeschiedenheit keine Mühen gescheut hat, Wartungsarbeiten zügig und effizient durchzuführen.
Pumpen und Techniker mit Hubschrauber zur Hütte gebracht
„Bei solch einem Projekt sind Planung und umfassender Service entscheidend“, erklärt Textor. „Wir nutzen dabei unsere mehr als 70-jährige Erfahrung im Bereich der maßgeschneiderter Pumpensysteme, um eine nachhaltige Lösung selbst in anspruchsvollen Umgebungen zu realisieren.“ Während der Pumpenbetrieb im Tal eher weniger durch die unmittelbare Umgebung beeinflusst wird, stellen unwegsames Gelände, eine schwierige Topographie und der abgelegene Charakter des Pumpenstandorts zusätzliche Herausforderungen für Planer und Techniker dar. „Für uns war es deshalb selbstverständlich, vom ersten Tag an beratend zur Seite zu stehen“, ergänzt der Head of Global Business Field Customer Service. Zur Vorbereitung der Sanierungsarbeiten mussten zunächst Baumaschinen und Material mit dem Helikopter nach oben befördert werden.
Parallel wurden die Gebäudeteile ausgeräumt, die im ersten Bauabschnitt abgerissen werden sollten. Gleichzeitig verschaffte sich Netzsch ein Bild von der Situation vor Ort, um die geeignete Pumpenauslegung gemeinsam mit den Betreibern zu erarbeiten. Man entschied sich für zwei Nemo-Exzenterschneckenpumpen mit einer Förderleistung von etwa 5,40 m³/h, die das anfallende Abwasser mit einem Druck von bis zu 15,90 bar über eine zwei km lange Leitung ins Tal fördern. Beide Aggregate wurden zur Hütte geflogen und installiert.
Da die Unterkunft bisher keinerlei Erfahrung mit dem Einsatz von Abwasserpumpen hatte, konnte auch nur schwer abgeschätzt werden, wie sehr die Zusammensetzung und Menge des Abwassers die Aggregate belasten würde. „Es ist leider keine Ausnahme, dass Gäste gerne mal Dinge über die Toilette entsorgen, die dort nicht hineingehören und zu Verstopfungen führen können“, beschreibt Textor. Auch Haare, die beim Duschen mit ins Abwasser geraten, können den Feststoffanteil erhöhen und zu Verzopfungen führen. „Damit dies kein dauerhaftes Aus für die Pumpen bedeutet, legten wir auch bei diesem Projekt großen Wert auf Timing bei Wartungsmaßnahmen, sodass die Anwender keine langen Wartezeiten in Kauf nehmen müssen und wir zu jeder Zeit Original-Ersatzteile bereithalten.“
Verzopfungen als größte Herausforderung auf dem Berg
Nachdem die Aggregate zunächst eine Zeit lang ohne Auffälligkeiten liefen, meldeten die Hüttenbetreiber einen Motordefekt, den sie sich selbst nicht erklären konnten. Netzsch schickte umgehend Techniker auf die Hütte, um den Defekt zu beheben. Beim genaueren Betrachten der Pumpen stießen diese auf Verzopfungen und eine nicht schließende Klappe. „Haare hatten die Rückschlagklappe verstopft, sodass die Pumpe nicht abgedichtet werden konnte“, berichtet Textor. „Daher ist sie rückwärtsgelaufen, um den Druck auszugleichen, wodurch der Motor beim Pumpenstart in Mitleidenschaft gezogen wurde. Dies hat letztlich zum Motorschaden der Pumpe geführt.“
Modifikation von Gehäuse und Motor beugen Verzopfungen vor
Nachdem die Betreiber ein Gefühl für die Performance und tatsächliche Belastung bekommen haben, begab sich erneut ein Techniker auf die Hütte, um die beiden Aggregate basierend auf den Angaben der Betreiber zu modifizieren. „Verzopfungen sind nach wie vor ein Problem, das in einem solchen Umfeld auftreten kann. Deshalb haben wir bei diesem Service-Einsatz ein neues Pumpengehäuse mit größeren Flanschen eingebaut“, erklärt der Head of Global Business Field Customer Service. Auf diese Weise lassen sich die Aggregate wesentlich leichter reinigen und Verzopfungen auch vom Hüttenpersonal selbst zügig entfernen.
Darüber hinaus wurde der bisher genutzte Antrieb durch einen Elektromotor mit Bremse ersetzt, der nicht durch die Rückströmung in Gang gesetzt werden kann. Um auch die Kuppelstangen vor Verzopfungen zu schützen, wurden zudem die Gelenke mit Silikonmanschetten ausgestattet. Diese Maßnahmen steigern nicht nur die Performance, sondern wirken sich auch positiv auf die Lebensdauer der Abwasserpumpen aus. Da der Motor weniger häufig Widerstände auszugleichen hat, wird die Leistungsbilanz verbessert, was das gesamte Abwasserhandling noch nachhaltiger macht. Am Ende des Serviceeinsatzes zeigte sich jedoch das Wetter wenig kooperativ und verhinderte den Rückflug sowie Abtransport der demontierten Teile mit dem Helikopter. „Unser Techniker konnte sich dann direkt selbst von der neuen Unterkunft überzeugen und verbrachte zwei Nächte auf der Hütte, bevor das Wetter einen Abstieg zu Fuß erlaubte. Die Materialien kamen parallel mit der Lastenseilbahn hinunter“, beschreibt Textor.
Pumpen laufen seit Umbau fehlerfrei
Pünktlich zur feierlichen Hütteneröffnung zum Saisonstart konnten sich die ersten Gäste selbst von dem geräumigeren Raumplan, den optimierten Waschmöglichkeiten und dem modernen Abwasserhandling überzeugen. Dank der Anstrengungen von Netzsch sowie der beteiligten Baufirmen merken die Bergsteiger nichts davon, dass das Abwasser nun nicht mehr in einer Sickergrube gesammelt, sondern umweltschonend und zuverlässig ins Tal geleitet wird. Für die Hüttenwirte hätte es jedoch nicht besser laufen können: Durch die sorgfältige Planung konnte eine Pumpenlösung eingerichtet und optimiert werden, die zuverlässig läuft und sich dennoch leicht vom Hüttenpersonal betreiben, warten und von Verzopfungen befreien lässt.
Gleichzeitig wissen sie, dass Netzsch den weiten Weg auf die Hütte jederzeit wieder antreten würde, sollte dies erforderlich sein. „Solch ein Einsatz hat einmal mehr bewiesen, dass Technik allein nicht ausreicht, um ein optimales Ergebnis für lange Zeit sicherzustellen. Erfahrung, enger Austausch und sinnvolle Anpassungen, selbst nachdem die Lösung bereits in Betrieb genommen wurde, sichern den Erfolg in solch einem schwierigen Gelände“, resümiert Textor.