Ein nettes Einfamilienhaus sollte es werden. Herr Selfmade hatte genaue Vorstellungen. Er entwarf den Bauplan, verhandelte mit Architekten, Handwerkern und Gemeinde. Verbrachte den Urlaub mit der Auswahl von Materialien und Komponenten – vom Mauerwerk bis zum Wasserhahn. Und zog schließlich die Wände eigenhändig hoch.
Ganz anders Herr Eilig-Komfort. Seine Vorstellungen waren nicht minder ausgeprägt. Was er suchte, fand er in der Musterhaus-Ausstellung: Da stand im Grunde genau die richtige Bleibe. Details bestimmte er mit: Fliesen, Teppich, Haustür. Alles war schnell ausgesucht – dank der Beratung des Bauträgers. Bald kann er einziehen.
Alles selbst in die Hand nehmen oder von der Stange kaufen: Es ist nicht nur eine Mentalitätsfrage, die Häuslebauer dazu bringt, sich für den einen oder anderen Weg zu entscheiden. Zeit, Know-how – und natürlich die schlichte Frage: Finde ich die für mich ideale Ausführung? All diese Aspekte sind auch für Anlagenbauer ausschlaggebend, wenn es darum geht, ihre Anlagen zu automatisieren und zu instrumentieren. Ein Main-Automation-Vendor-Angebot (MAV) kann genau richtig sein. Aber auch der Selfmade-Instrumentierer, der von der Auswahl bis zur Inbetriebnahme alles in der Hand behält, will gut bedient sein. Instrumentierungslieferanten sind daher gut beraten, beiden gerecht zu werden.
Siemens hat sich zu solch einem flexiblen Lieferanten entwickelt. Das Messtechnik-Angebot vervollständigt, die Engineering-Tools und Steuerungssysteme integriert – der Konzern kann für zahlreiche Branchen in der Prozessindustrie als Komplettausrüster für die Mess- und Automatisierungstechnik gelten. Dennoch legt Dr. Dieter Stolz, Leiter Produktmanagement Prozessinstrumentierung Wert auf die Feststellung, dass auch der, der „nur“ ein Stand-alone-Gerät benötigt, das Richtige findet.
Für die kontinuierliche Füllstandmessung beispielsweise. Berührungslose Varianten wie Radar, Ultraschall oder gravimetrisch, produktberührte Methoden wie geführte Mikrowelle, kapazitiv oder hydrostatisch: Die angebotenen Verfahren lassen kaum Wünsche offen. Und doch: Die besonderen Anforderungen aus den zahlreichen Branchen der Prozessindustrie lassen immer wieder Raum für Neuentwicklungen. Uwe Deuchler, Leiter Business Development Füllstand, betrachtet vor allem zwei Entwicklungen der jüngeren Zeit als Meilensteine: „2011 haben wir bereits mit dem 78-GHz-Schüttgutradar Sitrans LR560 in Kombination mit der Linsenantenne Innovationsgeschichte geschrieben. Und darauf hoffen wir auch bei der aktuellen Neuentwicklung Sitrans LR250 in der gekapselten Flanschausführung.“
Diese Variante wurde im Dezember 2013 gelauncht und auf der Hannover Messe 2014 einem größeren Publikum vorgestellt. Es handelt sich um einen 25-GHz-Pulsradar-Füllstandmessumformer in Zweileiter-Technik, der für die kontinuierliche Überwachung von Flüssigkeiten und Schlämmen geeignet ist. Dank der gekapselten Antenne mit Flanschanschluss kann man ihn auch in korrosiven oder aggressiven Medien einsetzen.
Deuchler traut dem Neuen viel zu – nicht nur in der Chemieindustrie, auf deren Anforderungen hin er optimiert wurde. „Vor allem geht es uns aber um Kontinuität“, so der Leiter Business Development Füllstand. Tatsächlich ließ der Konzern seiner Ankündigung vor einigen Jahren, das Instrumentierungsportfolio zu erweitern, Taten folgen. Bedienerfreundlichkeit und Verlässlichkeit stehen bei der Entwicklungsoffensive im Vordergrund. Die Siemens-Prozessinstrumentierungseinheit fährt seither „mit voller Kraft voraus, wobei der Kunde den Kurs bestimmt“, meint Deuchler. Mit dem neuen Radar-Gerät will er die diversen Kundenwünsche abdecken: nicht nur die Beständigkeit gegen Säuren und Laugen, die die FDA-zugelassene PTFE-Linse mitbringt.
Flexibel für „gemischte“ Welten
Für den, der gerne „im Paket“ kauft, greift das Argument, dass sich der Messumformer in die Engineering- und Leitsystem-Welt von Siemens äußerst einfach einbinden lässt. Für den, der den Sitrans LR250 – und nur ihn – gerade zur Ausrüstung eines Tanks benötigt, mag es der Schnellstartassistent sein, mit dem er ihn intuitiv in Betrieb nehmen kann. Und der, der auf „gemischte Welten“ setzt, kann das Siemens-Produkt dank erweitertem EDD und DTM in zahlreiche Konfigurations- und Asset-Management-Systeme einbinden.
Dieter Stolz sieht den Weg, den Siemens in der Prozessinstrumentierung geht, bestätigt: „Wir haben nicht zuletzt dank unserer Innovationen in der Sensortechnik und dem Easy-to-install-Konzept in letzter Zeit große Projekte gewonnen.“ Allein durch technische Details bei den Messumformern wäre das nicht gelungen. Spätestens seit der Namur-Hauptsitzung 2013, bei der Siemens als Sponsor seine Vorstellungen von integriertem Engineering präsentiert hat, wird deutlich: Der Anbieter holt Anlagenbauer und -betreiber mit ineinandergreifenden Angeboten über den gesamten Life Cycle ab.
Via Library rasch eingebunden
Für die Prozessinstrumentierung bedeutet das, dass die gesamten technischen Daten der Geräte im Siemens-Planungswerkzeug Comos integriert sein müssen. Entsprechendes gilt für das Leitsystem Simatic PCS 7: Über das Sitrans Library kann man dort alle Siemens-Geräte so einbinden, dass der Bediener eine einheitliche Oberfläche sieht, egal ob er einen Motor oder ein Feldgerät bedient. Stolz führt aus: „Wenn der Kunde den integrierten Weg geht, spart er im Detailplanungsprozess signifikant. Auch der Anlagenbediener hat es deutlich leichter.“ Zudem kann der Betreiber Funktionen in den Feldgeräten aktivieren, sprich Intelligenz vom Leitsystem ins Feld verlagern. Das bedeutet letztlich weniger Hardware. „Das ist unser Ziel“, erläutert Stolz, „aus dem integrierten Engineering monetär bewertbare Kundenvorteile zu schaffen.“
Die Voraussetzung für die Integration in Planungs- und Leittechnik bringt der Sitrans LR250 mit. Alternativ könnten einige Features der Flanschausführung für manche Anwendung ausschlaggebend für ihren Einsatz werden. Die Kombination aus Antennenaufbau und Material etwa, die bei unruhigen Messoberflächen Störgeräusche unterdrückt. Die Intelligenz des Geräts, die in Verbindung mit der Grafik in der Bedieneinheit Feintuning bei der Inbetriebnahme überflüssig macht. Kommunikationsfähigkeiten über Hart, Profibus PA, Fieldbus Foundation. Und da es nach SIL2 entwickelt wurde, ist funktionale Sicherheit gewährleistet, wenn die Anwendung das erfordert. Der Aufbau und die chemische Beständigkeit zusammen mit der Process-Intelligence-Software machen die gekapselte Version äußerst wartungsarm – sollte es aber nötig sein, kann der Instandhalter ohne Feuerschein und Geräteöffnung eingreifen.
Der Pulsradar mit der Flanschantenne hat konstruktiv einige Besonderheiten. Viel Know-how steckt im Aufbau der Antenne. Eine chemisch beständige Scheibe, darauf ein Horn. Auf dessen Füllung kommt es an. Einfach nur Luft? Das kleinste Wassertröpfchen, das in der Antenne kondensiert, wäre fatal. Deuchler vergleicht: „Es würde wirken wie ein Felsbrocken auf der Autobahn. Sie können zwar darum herumfahren – aber sie müssen eingreifen.“ Daher war eine hermetische Vergusslösung gefordert. Die Kombination aus PTFE-Scheibe, Kunststoff gefülltem Horn und doppelter Abdichtung bringt die geforderte Performance über den gesamten Messbereich.
Die Anforderungen überall dort, wo Füllstandsensoren für aggressive Medien in Lager- und Prozessbehältern im Einsatz sind, sind also erfüllt. Dank FDA-zugelassener, bündig abschließender Antenne gilt das in Teilen auch für die NuG-Industrie. Hier gibt es jedoch noch weitere Anforderungen. Hören auf das, was der Anwender braucht, gilt auch künftig als Wegweiser für die Entwicklung. Stolz betont: „Wir bleiben im Rhythmus; Ende 2014 werden wir die nächste Variante vorstellen.“ Es wird eine hygienische Ausführung sein.