Jessica Bischoff:
Das Thema Industrie 4.0 schwebt nun schon ein paar Jahre in der Industrie herum. Gefühlt ist es noch nicht zu 100 Prozent in der Prozessindustrie angekommen. Welche Schritte fehlen noch zur vernetzten Anlage?
Dr. Roland Aubauer:
Hier sind noch einige Anstrengungen notwendig. So gibt es immer noch eine Vielzahl von Bestandsanlagen, die für die Betreiber noch gut laufen. Deswegen ist die Neigung, gerade jetzt weitgehend in die Digitalisierung zu investieren, nicht sehr ausgeprägt. Zudem sehen sich die Hersteller, die bereits in die Digitalisierung investiert haben, einer komplexen IT-Infrastruktur gegenüber. Diese verfügt über verschiedenste Schnittstellen mit einer ziemlich komplexen Vernetzung. Das behindert die Umsetzung von Industrie 4.0.
Welche weiteren Maßnahmen müssen aus Ihrer Sicht getroffen werden?
Hier muss eine Initiative wie die Open Industry 4.0 Alliance tätig werden. Wir haben die Schaffung einer gemeinsamen Architektur auf Basis offener Standards zum Ziel. So können generierte Daten und die Informationen, die aus den unterschiedlichsten Komponenten stammen, sinnvoll zusammengeführt werden. Wichtig ist es, hier Reibungsverluste zwischen den Systemen nachhaltig abzubauen.
Scheuen Anlagenbetreiber Industrie 4.0 aus Angst vor hohen Kosten?
Sicher ist die Investition in Industrie 4.0 mit Kosten verbunden, weswegen Anlagenbetreiber hier zurückhaltend sind. Zusätzlich wirken die technischen und organisatorischen Herausforderungen nicht sehr förderlich.
Würde eine kleine Umrüstung der Anlage nicht bereits das gewünschte Ergebnis erzielen?
Eine begrenzte Umrüstung hätte allenfalls einen begrenzten Effekt. Ziel sollte sein, höhere Qualität, schnellere Markteinführungszeiten und flexiblere Produktionsprozesse zu erzielen. Durch die intelligente Vernetzung aller Komponenten können so neue Geschäftsmodelle und Anwendungsszenarien entstehen. Dies ist mit einer kleinen Umrüstung so nicht möglich.
Bitte erläutern Sie kurz die Arbeit der Open Industry 4.0 Alliance.
Wir arbeiten aktiv in der Alliance mit. Unsere Rolle ist dabei, aktiv diesen Gedanken in die Industrie zu tragen. Außerdem arbeiten wir an Produkten, die diese Entwicklung ermöglichen und antreiben. Darunter fällt beispielsweise die Vernetzung von Sensoren.
Welche Aufgabe hat Captron in diesem Arbeitskreis?
Captron ist hier in zwei Arbeitskreisen tätig – einerseits arbeiten wir im Edge Computing bei den Development-Guidelines mit und andererseits im Bereich Intralogistik, wo wir diesen Bereich in die Öffentlichkeit bringen wollen.
Wie hilft die CANEO series bei der Einbindung in die digitale Fabrik?
Der kapazitive Taster mit integrierter Anzeige hilft bei der verbesserten Steuerung von Prozessen in der Produktion. Hier können nahezu alle Bedien- und elektrische Parameter frei angepasst werden. Dadurch laufen Vorgänge in der Produktion flüssiger ab und verkürzen die Prozessdauer.
Welche Features hat der Taster?
Er ist außerordentlich robust und widerstandsfähig. Außerdem ist er frei konfigurierbar und touchbedienbar. Dies schließt beispielsweise die Tastempfindlichkeit, Mindestbetätigungsdauer, Dynamik der Betätigung und das Schnittstellenverhalten mit ein.
War IO-Link eine Kundenanforderung?
Die Unterstützung von IO-Link und weiterer Protokolle ist für vernetzte Umgebungen wichtig. Wir haben erkannt, dass unsere Kunden immer mehr auf eine durchgehende Digitalisierung ihrer Produktionsumgebung setzen, sodass es nur eine logische Konsequenz unsererseits war, auf diese Marktanforderungen proaktiv zu antworten.
Für welche Anwendungsbereiche ist der Taster gemacht?
Der Taster ist nahezu für jede Umgebung geeignet. Da er auch in Edelstahl lieferbar ist, kann man ihn auch in rauen Umgebungen einsetzen.
Wagen wir noch einen kleinen Ausblick: Wo sehen Sie die Prozessbranche in den nächsten zwei bis fünf Jahren? Und wo wird Captron stehen?
Die große Herausforderung für die Produktionsbranche ist es, die Digitalisierung voranzutreiben. Wir möchten einen wesentlich größeren Betrag dazu leisten, als es bisher möglich war. Denn die Industrie 4.0 braucht intelligente Bedienlösungen, wie wir sie dem Markt anbieten können.
Dieses Interview war Teil unserer Titelreportage der P&A-Ausgabe 7.2020. Hier geht es zur zugehörigen Titelstory.