An Bio-Kraftstoffen der ersten Generation gab es immer wieder Kritik. Ackerland zur Produktion von Energieträgern zu nutzen ist problematisch, weil die Kraftstoffproduktion damit in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion gerät.
Daher forscht die TU Wien bereits seit Jahren an der zweiten Generation von Bio-Kraftstoffen. Sie wird vor allem aus Abfällen der Forst- und Landwirtschaft sowie aus Reststoffen der Nahrungsmittelindustrie gewonnen. Das Ziel einer kostengünstigen CO2-neutralen Produktion von Kraftstoffen soll nun im neu gestarteten Projekt Heat-to-Fuel erreicht werden.
Klimaziel: 10 Prozent Erneuerbare
Um die EU-Klimaziele zu erreichen, sollen bis 2030 beim Verkehr 10 Prozent der Kraftstoffmenge aus erneuerbaren Energiequellen gewonnen werden. Denn nach wie vor ist der Verkehrssektor einer der Hauptverursacher von Treibhausgasen.
Gerade im Transportbereich und im Flugverkehr ist eine Elektrifizierung allerdings schwierig und der Einsatz von Brennstoffzellen noch nicht absehbar. Bio-Kraftstoffe der zweiten Generation könnten daher eine Alternative zu den derzeit verwendeten fossilen Kraftstoffen bieten.
„Für die Bio-Kraftstoffe der zweiten Generation soll praktisch die vollständige Pflanze verwendet werden, man kann sogar Reststoffe wie Rinde, Stroh oder Lignin verwenden“, erklärt Anna Mauerhofer, Forscherin am Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und technische Biowissenschaften der TU Wien. „Somit stehen diese Kraftstoffe nicht mehr so stark in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion.“
Lokale Rohstoffe verwenden
Im Pilotmaßstab ist die Herstellung eines qualitativ hochwertigen und umweltfreundlichen Bio-Kraftstoffes bereits möglich. Insgesamt 14 Partner aus sieben Ländern forschen im Projekt Heat-to-Fuel daran, die Produktion des Bio-Kraftstoffes technisch und wirtschaftlich zu realisieren.
Besonderer Wert wird dabei auf die Entwicklung und Verbesserung von Herstellungsverfahren gelegt, die mit Abfall- und Reststoffen auskommen, die in ausreichender Menge und Qualität kostengünstig verfügbar sind. Außerdem sollen die Transportwege kurz bleiben. Die Herstellungsverfahren müssen also auf die lokal verfügbaren Rohstoffe angepasst werden.
Zwei Technologien in einer Anlage
Außerdem soll auch die Herstellung des Kraftstoffes selbst effizienter werden. Deshalb verbindet Heat-to-Fuel zwei sonst unabhängige Technologien zur Bio-Kraftstoffherstellung in einer Anlage.
Trockene Rohstoffe wie beispielsweise Holz oder Rinde werden in einer Zweibettwirbelschicht bei hohen Temperaturen über 750 °C in Gas umgewandelt und anschließend durch eine Fischer-Tropsch-Synthese zu hochwertigem Biodiesel verflüssigt. Für nasse Rohstoffe hingegen, wie Schwarzlauge, die bei der Papierherstellung anfällt, eignet sich die sogenannte Hydrothermal Liquefaction besonders gut. Dabei wird die nasse Biomasse bei extremem Druck von bis zu 200 bar und Temperaturen von etwa 250 °C zu Bio-Rohöl verarbeitet. Am Ende steht ein flüssiger Bio-Kraftstoff, der getankt werden kann.
Nichts ungenutzt lassen
Beide Prozesse laufen zwar nebeneinander ab, werden aber dort verschränkt, wo Ressourcen gespart werden können und eine höhere Effizienz erreicht wird. „Wir möchten alle ungenutzten Energie- und Materialströme, die während der Prozesse anfallen, so gut wie möglich wiederverwerten und möglichst wenige Abfallströme ungenutzt lassen“, gibt Professor Hermann Hofbauer, Leiter der Forschungsgruppe zukunftsfähige Energietechnik, das Ziel vor.
So könnte die Abwärme, die bei der Vergasung entsteht, die Wärme liefern, die bei der Hydrothermal Liquefaction gebraucht wird. Auch bei der Hydrothermal Liquefaction selbst fallen Abfallstoffe, wie kohlenstoffreiches Wasser an, die im Prozess wiederverwendet werden könnten. Mittels sogenanntem Aqueous Phase Reforming könnte aus diesem Abwasser der Wasserstoff für die Fischer-Tropsch-Synthese und die Veredelung des erzeugten Bio-Rohöhls zu Kraftstoff gewonnen werden.
Das nehmen, was vorhanden ist
Die TU Wien wird sich vor allem mit dem Bereich Biomassevergasung beschäftigen, wie der Leiter des Projekts Heat-to-Fuel an der TU Wien, Dr. Stefan Müller, erläutert: „Bei diesem Verfahren hat die TU Wien sehr viel Kompetenz, und es gibt bereits funktionierende Anlagen. Daher liegt unser Hauptaugenmerk auf der Wiederverwendung des CO2 bei der Vergasung und der Erforschung alternativer biogener Brennstoffe.“ Die Umsetzung dieser Ziele wäre ein toller Schritt, so der Projektleiter weiter, um der Realisierung einer Bioraffinerie zur Erzeugung synthetischer Kraftstoffe ein weiteres Stück näher zu kommen.
Mit einer solchen Anlage könnte das Spektrum von biogenen Stoffen beträchtlich erweitert werden, das zur Kraftstofferzeugung eingesetzt werden kann. Sowohl nasse als auch trockene Biomasse könnte effizient eingesetzt werden, je nachdem welche Biomasse saisonal oder regional zur Verfügung steht.
„Es ist auch Ziel des Projektes, die Grundlagen zu schaffen, um zu entscheiden, welche Anlage wo am sinnvollsten ist“, meint Anna Mauerhofer. „Es gibt Standorte, an denen beispielsweise mehr nasse Biomasse anfällt oder Orte, an denen bereits eine bestimmte Infrastruktur oder eine Anlange besteht. Da wäre es sinnvoll und kostensparend, auf den bestehenden Dingen aufzubauen.“
Weiterführende Informationen und öffentlich zugängliche Forschungsdaten zum Projekt finden sie unter folgenden Links: