Erste Tests erfolgreich Corona-Symptome aus der Ferne messen

Vor dem Haupteingang des Robert-Bosch-Krankenhauses (RBK) in Stuttgart testen derzeit die Fraunhofer-Institute IPA und IAO zusammen mit dem RBK ein Verfahren, dass Kontrollen vereinfacht.

Bild: iStock, Jakarin2521
21.04.2020

Der neu entwickelte Access Checker misst Körpertemperatur, Herz- und Atemfrequenz aus der Ferne. Die Person, welche die Messung ausführt, kann den geforderten Mindestabstand damit problemlos einhalten, ist somit nicht gefährdet und muss zudem keine Schutzkleidung tragen.

Ein neuartiges Messverfahren hilft, Corona-infizierte Personen aus sicherem Abstand aufzuspüren. Es registriert Fieber, erhöhten Puls und schnellen Atem, ohne den Mitarbeitenden, der die Messung durchführt, zu gefährden. Die Fraunhofer-Institute IPA und IAO testen gerade im Stuttgarter Robert-Bosch-Krankenhaus das Verfahren.

Relevanter Parameter aus einem Meter Entfernung messen

In Krankenhäusern sind Eingangskontrollen derzeit Pflicht. In Corona-Zeiten muss man ausschließen, dass Patienten, Klinikpersonal oder Besucherinnen und Besucher das Virus hineintragen und Menschen gefährden, die ohnehin schon geschwächt sind. Vor dem Haupteingang des Robert-Bosch-Krankenhauses (RBK) in Stuttgart testen derzeit die Fraunhofer-Institute IPA und IAO zusammen mit dem RBK ein Verfahren, das diese Kontrollen vereinfacht. Das Verfahren des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung IPA misst alle relevanten Parameter aus einer Entfernung von einem Meter. Der Mitarbeitende, der die Messung von einem Laptop aus durchführt, kann den geforderten Mindestabstand von anderthalb bis zwei Metern problemlos einhalten. So ist er nicht gefährdet und muss keine Schutzkleidung tragen – ein unschätzbarer Vorteil in Tagen, in denen teils noch nicht einmal genügend einfache Atemmasken zur Verfügung stehen.

Thermokamera und Radar messen Vitalparameter

Das Verfahren misst nicht nur die Körpertemperatur mit einer Thermokamera, sondern auch die Herz- und die Atemfrequenz mit Hilfe von Mikrowellen. Ein Radarmodul mit Mikrodopplerverfahren kommt dabei zum Einsatz. Das Forschungsteam prüft nun vor Ort, ob und wie genau das Messverfahren den von Krankenpflegern im Eingangsbereich erhobenen Daten entspricht und ob der Ablauf praktikabel ist. Das Verfahren wurde in nur wenigen Wochen entwickelt und soll einen Beitrag zur möglichst schnellen Eindämmung der Corona-Pandemie leisten: Ein Team um den IPA-Mediziner Dr. Urs Schneider beschäftigt sich seit Jahren mit Themen wie Arbeitsschutz, Medizintechnik, Bildverarbeitung und Objekterkennung – und beherrscht damit alle nötigen Messverfahren.

Die Kolleginnen und Kollegen vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO sorgen dabei für die ideale Prozessintegration der technologischen Entwicklung des Fraunhofer IPA. In diesem Zusammenhang analysieren die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler neben der Usability für Krankenhauspersonal und Patienten vor allem die Bewegungsabläufe der Patienten und Behandlungsketten über eine kontaktlose Bewegungssensorik. Ziel ist es, die Technologie in kurzer Zeit in den Aufnahmeablauf des Krankenhauses zu integrieren.

Das Know-how haben die Mediziner, Ingenieure und Arbeitsorganisationsexperten nun genutzt, um in der Krise mit anzupacken. Im Eiltempo bauten sie einen Prototyp zusammen. Dabei haben sie auch an den Datenschutz gedacht: Die Patientendaten werden nicht gespeichert, sondern anonymisiert in einer Papiertabelle dokumentiert.

Erste Tests erfolgreich

Zusammen mit dem Ärztlichen Leiter der Notaufnahme des Robert-Bosch-Krankenhauses, Dr. Christoph Wasser, läuft nun der erste Testlauf. Die automatisierte Untersuchung dauert nicht länger als die herkömmliche. Ob man neben den anderen Vorteilen auch Personal einsparen kann, muss sich erst noch zeigen. Das Interesse an dem mobilen „Access Checker“ ist groß. Andere Einrichtungen wie die Universitätsklinik Tübingen sowie mehrere Corona-Checkstationen in der Umgebung möchten das neuartige Verfahren ebenfalls einsetzen. Das Fraunhofer IPA will innerhalb von nur zwei Wochen vier weitere Systeme bauen. Auch ein Patent ist angemeldet. „Wir sind überzeugt, ein vernünftiges Konzept entwickelt zu haben, das auch dann noch zum Einsatz kommen kann, wenn die Corona-Krise vorbei ist“, sagt Schneider. Er denkt dabei nicht nur an Krankenhäuser und Pflegeheime, sondern auch an Flughäfen und andere wichtige Einrichtungen. Denn Infektionswellen wird es immer geben.

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