Rohrleitungssysteme & Dichtungen Dem Druck die Spitze nehmen

Bild: Saturated
02.10.2014

Eine Kombination aus Druckmessgerät und Armatur erhöht Lebensdauer, Zuverlässigkeit und das Einsatzspektrum des Messgeräts. So kann beispielsweise eine Drosselvorrichtung den Verschleiß am Gerät durch Druckstöße reduzieren.

Trotz fortschreitender Digitalisierung der Mess- und Regeltechnik behaupten sich mechanische Druckmessgeräte weiterhin mit steigenden Absatzzahlen am Markt. Anwender schätzen an ihnen besonders die verlässliche fremdenergiefreie Vor-Ort-Anzeige des Prozessdrucks sowie die überschaubaren Investitions- und Folgekosten. Für Applikationen mit elektronischem Steuer- und Überwachungsbedarf existieren zudem mechatronische Varianten. Dem Manometer sind aufgrund des mechanischen Messprinzips jedoch physikalische Grenzen gesetzt, beispielsweise bei Überlastsituationen. Um den hohen Anforderungen an Genauigkeit und Lebensdauer sowie dem breiten Einsatzspektrum dennoch gerecht zu werden, nutzen Anwender häufig eine Kombination von Manometer und Armaturen. Die Auswahl hierfür ist groß und ermöglicht bei sachgerechter Planung eine effiziente Optimierung der gesamten Messstelle.

Bei der Auslegung von Druckmessgeräten mit Armaturen ist die exakte Kenntnis der anwendungsspezifischen Einflussfaktoren entscheidend. Die Abstimmung der Komponenten geschieht im Idealfall schon während der Auswahl des Manometers. Eine Orientierung dazu gibt die europäische Norm EN 837 „Auswahl- und Einbauempfehlung für Druckmessgeräte“. Nach Abschluss der grundlegenden Spezifikationen wie Druckart, Anzeigebereich, messstoffberührte Werkstoffe und Prozessanschluss sollte man prüfen, ob die ebenfalls in der Norm aufgeführten besonderen Einsatzbedingungen auf die Applikation zutreffen. Zu diesen Bedingungen, die sich kritisch auf mechanische Druckmesstechnik auswirken, zählen unter anderem dynamische Lastwechsel, temporärer Überdruck und extrem hohe Prozesstemperaturen.

Dynamische Lastwechsel reduzieren

Besondere Vorsicht ist bei Druckspitzen geboten, also bei kurzen, aber sehr intensiven Druckstößen mit einem Vielfachen des Betriebsdrucks. Diese werden vor allem durch das Öffnen und Schließen schnell schaltender Ventile in Flüssigkeitsströmungen verursacht. Dynamische Lastwechsel entstehen häufig durch Druckstöße einer Pumpe und werden als Zeigerschwankungen am Messgerät sichtbar. Sie erschweren die Ablesbarkeit der Anzeige und können den Verschleiß des elastischen Messglieds deutlich erhöhen. Im Prinzip entspricht jeder Druckstoß einem pulsierenden Lastwechsel, der alle mechanischen Bauteile stark beansprucht und so die Lebensdauer des Manometers negativ beeinflusst.

Dieser Verschleiß kann durch eine Drosselvorrichtung auf ein übliches Maß reduziert werden. Die Drossel wird dabei entweder bereits während der Fertigung des Manometers in den Druckeingangskanal eingebaut oder später als Armatur angeschlossen. Die externe Lösung bietet dabei den großen Vorteil einer variablen Anpassung des Medien-Volumenstroms. Der Druckkanal wird per Einstellschraube verengt, jeder Druckstoß optimal abgedämpft und so eine unnötig hohe Belastung des Messglieds vermieden. Über diesen Mechanismus lässt sich auch eine Veränderung der Medienviskosität bequem nachregeln. Aber Achtung: Eine Drossel schützt das System nur vor den Auswirkungen dynamischer Druckwechsel, nicht aber vor einem kontinuierlich ansteigenden statischen Druck. Für die Minderung von Pulsationen kommt auch der Einsatz eines Wassersackrohrs oder Kompaktsiphons in Frage, insbesondere dann, wenn heiße Medien wie Dampf in Kombination mit Druckstößen auftreten.

Überdruck vermeiden

In bestimmten Fällen kann es in einem Rohrsystem zu einem temporären Überdruck kommen, für den die installierten Druckmessgeräte nicht ausgelegt sind. Ein Beispiel: In einem Prozess werden nacheinander verschiedene Gase benötigt. Vor jedem Mediumwechsel muss eine Reinigung erfolgen, die in der Regel mit einem wesentlich höheren Druck als dem üblichen Prozessdruck ausgeführt wird. Damit die angeschlossenen Messgeräte in dieser Situation nicht beschädigt werden oder sogar eine Gefahrenstelle für die Umgebung entsteht, müssen sie geschützt werden.

Eine Überlastschutzvorrichtung schirmt alle folgenden Komponenten im Prozess vor Überdruck ab. Der Druckbereich wird bedarfsgerecht über eine Schraube eingestellt: Steigt der Prozessdruck in der Rohrleitung über den festgelegten Schwellenwert (Federkraft), verschließt die Armatur selbstständig den Druckkanal und schützt somit das angebaute Druckmessgerät. Fällt der Druck unter ein bestimmtes Niveau, öffnet die Vorrichtung selbstständig den Kanal und das Manometer zeigt wieder den aktuellen Druck in der Rohrleitung an. Als Alternative kann man ein manuelles Absperrventil nutzen. Dieses Ventil wird bei Bedarf per Hand geschlossen und wieder geöffnet.

Eine zu hohe Medientemperatur verschlechtert die Anzeigegenauigkeit von Druckmessgeräten. Das Überschreiten eines Maximalwerts führt zu irreversiblen Schäden am Messsystem. Beispiel: Für Messzellen aus Chrom-Nickel-Stahl müssen ab Prozesstemperaturen von etwa 200 °C Vorkehrungen zur Abkühlung des Mediums getroffen werden. Für solche Fälle eignen sich vor allem Manometer mit angebautem Wassersackrohr, das meist als primäre prozessseitige Armatur installiert wird. Wassersackrohre verlängern die Kühlstrecke und sorgen mittels Wärmekonvektion für eine effektive Temperaturreduktion am Messgerät. Es gibt sie gemäß deutscher Norm DIN 16282 in zwei Geometrien: in U-Form für eine waagerechte und in Kreisform für eine senkrechte Druckentnahme. Ihre Grundfunktion ist die Bildung von Kondensat, welches das angeschlossene Mess-Equipment vor dem direkten Kontakt mit dem heißen Medium schützt. Vor dem ersten Einsatz sollte man deshalb immer ein flüssiges Schutzmedium einfüllen.

Weiterhin sinnvoll kann die Verwendung eines Druckmittlers mit angebauter Kapillarleitung sein. Die zusätzliche Trennmembran kombiniert mit einer verlängerten Druckleitung ermöglicht ebenfalls eine sehr gute Verringerung der am Messgerät anliegenden Medientemperatur.

Sichere Prozesstrennung

Absperrvorrichtungen wie Hähne und Nadelventile steuern eine Vielzahl von Aufgaben in einem Prozess, beispielsweise während der Inbetriebnahme, Wartung oder Kalibrierung von Messgeräten. Hähne werden meist nur für das einfache Ein- beziehungsweise Ausschalten der Druckversorgung eingesetzt. Typische Anwendung für Nadelventile ist die Messung von Differenzdrücken zum Beispiel bei der Überwachung von Filtern und Pumpen. Um die Messaufgabe optimal zu erfüllen, existieren spezielle Ventilblöcke.

Der Einfachventilblock für Differenzdruckmessgeräte dient nur dem Druckausgleich zwischen den beiden Druck­eingangskanälen. Genutzt wird diese Ausführung für die Nullpunktüberprüfung oder Justage des Messgeräts. Mit den Dreifachventilblöcken kann darüber hinaus jede Prozessleitung beispielsweise bei einem Gerätetausch separat verriegelt werden. Die Fünffachventilblöcke verfügen über zwei weitere Ausgänge, um beide Druckanschlüsse getrennt voneinander belüften zu können.

Die Auswahl von Armaturen übt zweifelsfrei einen entscheidenden Einfluss auf Lebensdauer, Zuverlässigkeit und Einsatzspektrum von Druckmessgeräten aus. Für die einzurichtende Messstelle sind die Kenntnis der kritischen Prozess­parameter sowie das Know-how bei der Auslegung der einzelnen Komponenten von höchster Bedeutung. Wer bei der Zusammenstellung ein Baukasten-System umgehen möchte, kann auf ein sogenanntes Hook-up zurückgreifen. Unter dieser Bezeichnung bieten Hersteller wie Wika komplett ausgelegte Messstellen inklusive aller Armaturen fertig montiert an. Dem Kunden steht mit dem Hook-up ein qualifiziertes Messsystem aus geprüften Einzelteilen zur Verfügung, das unmittelbar und mit minimalem Montageaufwand in den Prozess integriert werden kann.

Bildergalerie

  • Zwei Druckanschlüsse getrennt voneinander belüften? Dafür eignet sich ein Fünffachventilblock.

    Zwei Druckanschlüsse getrennt voneinander belüften? Dafür eignet sich ein Fünffachventilblock.

    Bild: Wika

  • Das Manometer Hook-up mit Überdruckschutzvorrichtung, Nadelventil und Wassersackrohr kann mit minimalen Aufwand in den Prozess integriert werden.

    Das Manometer Hook-up mit Überdruckschutzvorrichtung, Nadelventil und Wassersackrohr kann mit minimalen Aufwand in den Prozess integriert werden.

    Bild: Wika

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