Modulbasierte Produktion
Daniel Huber (ABB)
Modularisierung ist einer der Top-Trends der vergangenen Jahre, als Alternative zur konventionellen Automatisierung. „Wir werden dabei neue Player sehen“, ist sich Daniel Huber, Vorsitzender der Geschäftsführung bei ABB, sicher. Das heiße allerdings nicht, dass die gesamte chemische Industrie modular werde; die Basischemie bleibe weiterhin konventionell automatisiert. „Modulbasierte Produktion ist für die Chemie so spannend, weil es voll in das Thema Industrie 4.0 passt“, erklärt Huber. Die Zusammenarbeit der Hersteller und Anwender sei dabei ein springender Punkt, der über den Erfolg oder das Scheitern entscheide. Doch ohne Standardisierung geht es nicht: „Der erste Ansatz ist, dass man 2016 eine Namur-Empfehlung herausbringt und im Jahr darauf eine IEC-Norm schafft“, skizziert Huber die Roadmap. Doch bis solche Anlagen der Normalfall sind, dürfte es noch einige Jahre dauern.
Trends in der der Sicherheitstechnik
Dr. Ralf Köster (Bartec)
Sicherheit liegt im Trend: „Wir sehen nicht nur in der Prozesstechnik, dass die Investitionen für Sicherheit in den letzten Jahren gestiegen sind.“, weiß Dr. Ralf Köster, Vorsitzender der Geschäftsführung bei Bartec. Dabei beobachtet er, dass Mitarbeiter immer häufiger exgeschützte Mobilgeräte, und damit ein Stück des eigenen Büros, in die Anlage mitnehmen. „Sie können so auf die Dokumentation der Anlage oder Wartungsunterlagen zugreifen." Gleichwohl sei es ein weiter Weg für Bartec als klassischer Ex-Schutz-Anbieter gewesen, das Portfolio um integrierte mobile Kommunikationslösungen zu ergänzen, die sich beispielsweise für den Einsatz auf Bohrinseln oder in den weitläufigen Anlagen in der Chemieindustrie eignen. Die derzeit niedrigen Öl- und Rohstoffpreise sieht er nicht als Hindernis: „Solche Technologien helfen, die Produktivität und Effektivität zu erhöhen und Kosten zu senken.“
Analytik für Fortgeschrittene
Matthias Altendorf (Endress+Hauser)
Advanced Analytics zielt vor allem auf die verfahrenstechnischen Branchen wie Chemie, Pharma, Energiemesstechnik ab. Aber auch auf Branchen wie die Lebensmittelindustrie. In der Flüssigkeits-, Gas- und Feststoffanalyse kommen solche Methoden bei Endress+Hauser zum Einsatz, wie CEO Matthias Altendorf berichtet: „Raman-spektroskopische Analysen in biotechnologischen Verfahren zur Qualitätserhöhung gehören ebenso dazu wie optische Verfahren in der Wasseranalytik.“ Jetzt gehe es daran, die Technologien so zu vereinfachen, dass sie von vielen Unternehmen als günstiger Weg ohne regelmäßiges Verbrauchsmaterial angesehen würden. „Der ROI ist oft nach einem halben Jahr erreicht, weil eine Messstelle nur einen Bruchteil dessen kostet, was der Verlust sein kann.“
Industrie 4.0 und die Position der Namur
Dr. Wilhelm Otten (Evonik, Namur)
Über die Positionierung der Namur zu Industrie 4.0 sprach P&A mit Dr. Wilhelm Otten (Leiter Process Technology & Engineering bei Evonik):.„Der Kunde erwartet flexiblere Prozesse, kleinere Losgrößen und eine individuellere Produktion.“ Durch Kommunikation und Integration sei hierbei noch ein Mehr an Effizienz herauszuholen. „Industrieunternehmen, die davon profitieren wollen, müssen ihre kompletten Geschäftsprozesse beherrschen. "Es reicht nicht, Einzelelemente zu verstehen“, warnte Otten und wies darauf hin, dass auch Management-Themen zum Stolperstein werden können. Er sieht einen Wettbewerbsvorteil gerade für deutsche Hersteller, wenn sich die neuen Standards wie FDI durchsetzen. Auch in der IT-Security müssten Firmen die nötigen Rahmenbedingungen schaffen. „Dazu haben wir eine klare Empfehlung der Namur, wie wir das Thema in die Anlagen integrieren.“
Kontinuierliche Produktion im Pharma-Bereich
Reiner Lemperle (Gebrüder Lödige)
Noch in den Kinderschuhen steckt die kontinuierliche Produktion von Tabletten in der Pharmaindustrie, über die P&A mit Reiner Lemperle (Vertriebsleiter, Gebrüder Lödige) sprach. „Ein großer Vorteil der kontinuierlichen Produktion ist, dass sie größenmäßig und im Produktverbrauch genügsamer ist, als klassische Batch-Prozesse.“ Die kontinuierliche Herstellung bietet sich für viele bestehende Prozesse an, durch die Umstellung vom Batch- Prozess sind kurzfristige und erhebliche Einsparungen möglich. Dabei könne die Pharmaindustrie von der Chemie- und Nahrungsmittelindustrie lernen.
Digitalisierung in einer konservativen Welt
Martin Palsa (Grundfos)
Bei Industrie 4.0 gehe es, so Martin Palsa, Geschäftsführer bei Grundfos, nicht nur um monetäre Einsparpotenziale, „sondern darum, unseren Alltag so zu gestalten, dass man innovative Ideen nutzen kann und daraus einen Mehrwert erzielt.“ Doch die Wirtschaftskrise hat in den letzten Jahren vielen Herstellern stark zugesetzt. „Gerade in einer Phase, in der Einsparungen nötig sind, ist es schwer, visionär zu bleiben und neue Konzepte anzugehen“, weiß auch er. Eine der Visionen von Grundfos betrifft die intelligente Vernetzung von Pumpen, wobei ein Teil in der Pumpe selber, der andere Part im System steckt. Es reiche aus, wenn man die Pumpen nach und nach austausche und mit anderen Komponenten vernetze. Lohnen könne sich das schon allein unter dem Gesichtspunkt der Sicherheit und Zuverlässigkeit von Anlagen.
Trends in der Prozessanalysentechnik
Dr. Dirk Steinmüller (Knick)
In der Prozessanalysentechnik hat sich in den letzten Jahren vieles getan: Neben elektrochemischen Verfahren und der Einführung der digitalen Sensorik spielen auch die komplexen chemometrischen Verfahren zunehmend eine Rolle. Ein wichtiger Trend sei die Weiterentwicklung von Laborverfahren in die Prozesstechnik, wie der Leiter Marketing & Vertrieb bei Knick erklärt. „Die Frage ist, ob die Firmen, die das originär entwickeln eher prozess- oder labororientiert denken.“ Doch es gab auch Enttäuschungen: „Vor allem größere internationale Konzerne sind oft noch zurückhaltend in der Entwicklung und Nutzung neuer Verfahren“, bemängelt Steinmüller. Hier werde offenbar das Risiko lieber Start-ups überlassen, die man dann später aufkaufe, wenn sich der wirtschaftliche Erfolg einstelle. Steinmüller, der in mehreren Fachgremien mitwirkt, setzt aber auch auf Schwerpunkte in der Ausbildung: „Wenn zukünftige Entscheidungsträger mit den Verfahren vertraut sind, ist auch die Akzeptanz in den Unternehmen, in denen sie später arbeiten, größer“, ist er sich sicher. Gerade an den FHs habe in den letzten Jahren die PAT-Akzeptanz zugenommen.
Spezialisierung der Märkte in der Chemie
Ulrich Nanz (Sandvik)
Die Märkte in der Chemie haben sich gewandelt: „Heute schon kommen Basischemikalien, die vor zehn Jahren noch in Europa hergestellt wurden, aus China“, beobachtet Ulrich Nanz, Direktor Marketing & Vertrieb bei Sandvik Process Systems. Manche Chemikalien seien für viele europäische und amerikanische Hersteller nicht mehr wettbewerbsfähig zu produzieren. Selbst bei komplexeren Chemikalien gerieten die Anbieter unter Druck, da das Know-how und der Standard in Fernost ansteige. Auch kompliziertere Produkte seien künftig nicht mehr vor der asiatischen Konkurrenz sicher, weil hier die besseren Margen zu erzielen seien. „Ich bin überzeugt davon, dass wir die Dinge, die wir heute tun, energieeffizienter und umweltfreundlicher tun müssen." Zusammen mit den Kunden arbeite man im hauseigenen Productivity Center an individuellen Lösungen.
Individualisierte Medizinprodukte
Carsten Peters (Schubert-Pharma)
Personalisierung bei Medizinprodukten ist ein wichtiger Trend der Pharmaindustrie. Doch der Weg zu personenbezogenen Nutzungen und Darreichungen ist steinig und „Losgröße 1 zwar erstrebenswert, jedoch noch nicht immer umsetzbar“, wie Carsten Peters, Unit Manager Sales bei Schubert-Pharma erklärt. „Die klassische Chargenproduktion wird aber auch in Zukunft bestehen bleiben, weil die Angst der Untermischung sehr groß ist.“ Eine Gefahr stellen dabei Fälschungen von Medikamenten dar. „Die lassen sich am besten verhindern, indem man als Konsument direkt bei der vertrauenswürdigen Bezugsquelle bleibt, egal ob das der Arzt oder die Apotheke ist.“
Digitalisierung in der Prozessindustrie
Peter Herweck (Siemens)
Über die Digitalisierungstrends in der Prozessindustrie sprachen wir mit Peter Herweck, CEO Process Industry und Drive Division bei Siemens. „Die Digitalisierung ist in vollem Gange und wird dennoch auch in fünf Jahren für die Unternehmen immer noch ein Thema sein“, betont Herweck die enge Verknüpfung von Automatisierung und Digitalisierung. Siemens unterstützt Unternehmen hier bereits bei der Anlagenplanung durch entsprechende Softwarelösungen, über die ein digitaler Zwilling erzeugt wird. Doch auch Bestandsanlagen dürften nicht vergessen werden: „Wir wollen unseren Kunden auch die Möglichkeit bieten, Anlagen nachträglich zu digitalisieren und eine langfristige Betreuung und Weiterentwicklung auch bei Bestandsanlagen zu gewährleisten.“
Nutzerfreundlichkeit bei Feldgeräten
Günter Kech (Vega)
Mit Günter Kech sprach P&A über die Usability-Ansätze im Feldgerätebereich. Der Vega-Geschäftsführer machte deutlich, dass es der Nutzer ist, der mit den Messwerten arbeitet. „Unfälle haben meist nicht eine technische Ursache, sondern einen Fehler in den Einstellungen oder der Bedienung.“ Das zeige, wie überlebenswichtig eine einfache Bedienung ist – eine Vielzahl von Parametern, die man einstellen muss, schade dabei eher: Vieles werde heute über die Software gelöst. Apps sieht Kech als Ergänzung zu herkömmlichen Bedienkonzepten, glaubt aber nicht, dass das eine das andere ablösen wird. „Manchen Mehrwert wird man über Smartphone bekommen, etwa wenn man ein Gerät nicht öffnen muss, um es zu warten.“
Anforderungen aus dem modularen Anlagenbau
Ulrich Hempen (Wago)
Der Leiter Market Management bei Wago machte deutlich, dass es eine neutrale Ebene zwischen den Modulen und der darüber liegenden Steuerungsebene geben müsse. Das im vergangenen Jahr vorgestellte System Dima gehe in diese Richtung. „Wir haben bewusst das Konzept offen gelegt, weil wir das System alleine nicht international etablieren können.“ Mit Namur und ZVEI wolle man weitere Anbieter, auch Wettbewerber, einbinden. Erste Anlagen sieht Hempen bereits für 2016, also noch vor der nächsten Achema. „Wir nehmen hier für uns in Anspruch, einen realen ersten Baustein gezeigt zu haben, um Industrie-4.0-Anforderungen zu lösen.“
Remote Services bei Industrieanlagen
Herman van den Berg (Yokogawa)
Der Präsident von Yokogawa Europe sprach über die auf dem europäischen Markt erhältlichen Remote Services, die etwa das Einrichten und Monitoring von Industrieanlagen erleichtern. Er machte deutlich, dass Fernwartung nicht nur unter dem Kostenaspekt für Anlagenbetreiber Vorteile bringe, sondern auch die Risiken für die beteiligten Personen verringere. „Ich glaube, dass unsere Kunden in Zukunft solche Lösungen nicht nur sinnvoll nutzen können, sondern auch von uns erwarten“, erklärte der Manager. Yokogawa verfügt bereits über langjährige Erfahrungen mit Remote Services – bis heute gingen 215 Anlagen mit Fernwartung ans Netz. Um Ausfallzeiten bei Industrieanlagen oder Maschinen möglichst kurz zu halten, brauche es neben gut durchorganisierten Prozesse auch Teams mit technischer Expertise.