Ethernet-APL ist das Highlight im Prozessbereich. Die Technologie trifft bei Anwendern und Anlagenbetreibern auf hohes Interesse und ist auf dem besten Weg, völlig neue Anwendungen für die Prozessindustrie erschließen. Dabei wirkt Ethernet-APL als eine Art Brückenkopf, der die Ethernet-Technologie von der IT in die Prozessautomation bringt und damit zwei bewährte und bisher völlig getrennte Systemwelten miteinander interagieren lässt. Wie das Kürzel APL (Advanced Physical Layer) andeutet, handelt es sich hier um eine physikalische Schicht, durch die entscheidende Merkmale, wie Bandbreite, erhöhte Kabellängen und Ex-Schutz ermöglicht werden. Die Feldgeräte werden dabei völlig unabhängig vom übrigen Automationssystem in ein flaches Ethernet-Netzwerk eingebunden. Profile und übergeordnete Technologien zur Geräteintegration (FDI, EDD, PA-DIM, LLDP) wirken gewissermaßen im Hintergrund, ohne das Engineering oder die Inbetriebnahme zu beeinflussen.
Komplexität, die im Verborgenen wirkt
Bei Ethernet-APL handelt es sich also nicht um eine Revolution, sondern eher um eine Evolution, die seit Jahrzehnten bewährte Technologie-Lösungen nahtlos miteinander verknüpft und damit völlig neue Anwendungen erschließt. Mithilfe von Ethernet-APL entsteht ein völlig unabhängige Netzwerk-Infrastruktur, über die sich unabhängig vom laufenden Prozess Messwerte erfassen, übertragen und analysieren lassen. Der Field Switch bildet dabei den nahtlosen Übergang vom bekannten Ethernet – elektrisch oder als Lichtwelle zu Ethernet-APL zur Speisung für und Kommunikation mit den Feldgeräten.
Doch Ethernet-APL ist weit mehr als ein schneller Kommunikationsweg für den parallelen Zugriff auf Prozesswerte und Gerätedaten. Damit lassen sich auch Datenbanken mit umfassenden historischen Daten aggregieren, durch die es möglich wird, den Betriebszustand und das Verhalten eines Feldgeräts über lange Zeiträume zu dokumentieren und daraus Vorhersagen über Verschleißverhalten und zu erwartende Ausfälle zu treffen.
So weist zum Beispiel die allmähliche Veränderung der Resonanzfrequenz eines Füllstandsmessers mit Schwinggabel darauf hin, dass sich auf dem Instrument Materialablagerungen gebildet haben, denen rechtzeitig entgegengewirkt werden muss. Durchfluss und Druckmessungen erlauben Rückschlüsse auf den Zustand von Rohrleitungen und Wärmetauschern. Drucktransmitter, die wie Mikrofone arbeiten, können Veränderungen im Strömungsgeräusch erkennen und so potenziell destruktive Kavitation in Pumpen erkennen. Einflüsse auf den Prozessablauf werden damit langfristig dokumentiert und analysiert.
Damit schafft Ethernet-APL die technischen Voraussetzungen für einen Übergang von der rein reaktiven zur gezielt proaktiven Anlagenwartung. Schleichende Veränderungen werden erkannt und können gezielt genutzt werden, um vorausschauend standardisierte Wartungsroutinen auszulösen. Das Problem lässt sich beseitigen, noch bevor die Gefahr besteht, dass es den Prozessablauf beeinträchtigt. Das Asset Management wird also zu einem intelligenten System, das völlig unabhängig von der eigentlichen Prozessautomation agiert und permanent die Funktionalität der Feldinstrumente im Blick hat. Es löst nicht nur vorausschauende Maintenance-Maßnahmen aus. Es lernt auch ständig dazu und baut einen Erfahrungsschatz aus historischen Werten auf, der in der Folge immer genauere Vorhersagen ermöglicht.
Bessere Information für schnellere Lösung
40 bis 60 Prozent der Service-Einsätze im Feld sind nach wie vor unnötig. Oftmals erkennt der Servicetechniker eine Fehlerursache erst vor Ort und muss daraufhin erst die erforderlichen Ersatzteile holen, um das Problem zu lösen. Dank Ethernet-APL erhält der Techniker per Smartphone App bereits im Vorfeld konkrete Hinweise über Ort, Art und Ursache des Problems. Er ist also bestens informiert, bevor er sich überhaupt auf den Weg macht und hat meist schon die richtigen Ersatzteile dabei, wenn er vor Ort aktiv wird.
Beim Austausch von Geräten ist auch der Einsatz spezieller Apps auf dem Notebook, Tablet oder Smartphone möglich, die eine Anleitung zur definierten Vorgehensweise bieten. Dabei lässt sich sogar ein interaktives Headset mit Display einsetzen, das direkt über ein Webinterfache mit dem Maintenance System oder externen Experten kommuniziert. Damit wandert das Know-how zu den unterschiedlichen Technologien einer Prozessanlage von den Mitarbeitern in das Maintenance-System und steht damit unternehmensweit zur Verfügung. Instandhaltung, Wartung und Prüfungen erfolgen nach klar definierten Vorgehensweisen. Menschliche Fehler werden vermieden und Wartungseinsätze werden verkürzt.
Switch als Informationsdrehscheibe
Der Ethernet-APL Rail Field Switch ist die entscheidende Schnittstelle zwischen der Welt der Prozesssteuerung und der IT-Welt. Hier laufen analoge und digitale Signale von den Feldinstrumenten zusammen und werden in ein einheitliches Ethernet-basiertes Protokoll übersetzt. Ethernet-APL-fähige Feldgeräte werden direkt eingebunden. Feldgeräte mit bewährter Profibus-PA-Kommunikation werden automatisch erkannt und in das bereits bewährte Profinet-Protokoll übersetzt. Das alles geschieht in unmittelbarer Nähe zum tatsächlichen Geschehen, denn der Ethernet-APL Rail Field Switch kann unmittelbar im explosionsgefährdeten Bereich der Zone 2 (Div 2) installiert werden. Die Signale selbst lassen sich eigensicher auch aus der Zone 0 (Div 1) einbinden. Neben jedem Feldgerät wird auch der Zustand der gesamten physikalische Ebene überwacht und die digitale Infrastruktur bleibt voll im Blick.
Daten-Konzentratoren verbinden mehrere einfache Sensoren über nur einen Anschluss. Bis zu zwölf Namur-Initiatoren oder vier Vibrationsgrenzschalter, bis zu acht Temperatursignale oder aber vier Ein/Aus-Ventile mit Positionsrückmeldung lassen sich auf einfache Weise zusammenführen. Signale von analogen Feldgeräten werden vom Remote I/O übersetzt und in digitaler Form entgegengenommen.
Durch die komplette Infrastruktur für das Feld aus einer Hand für HART, Feldbus und Ethernet-APL wird das Zusammenwirken der gesamten Feldebene transparent. Die Maintenance-Station lässt sich redundant anbinden und wird zur zentralen Schaltstelle für vorausschauende, informierte, intelligente Entscheidungen. Anlagenstillstände werden so zur absoluten Ausnahme und die Verfügbarkeit der Anlage wird entscheidend erhöht.
Unternehmensweites Wissensmanagement
Die Anbindung der Prozessanlage an standardisierte Ethernet-Technologien ermöglichen auch eine Kommunikation über Standort- und sogar Landesgrenzen hinweg. Einzelne Anlagen lassen sich damit vollständig aus der Ferne steuern und ihre Wartung bedarfsgerecht planen. Dabei wandelt sich das lokale Asset Management von einem rein anlagenspezifischen System zu eine unternehmensweiten Gesamtlösung, die ganz entscheidend zu Effizienz, Qualität und Verfügbarkeit aller Produktionsressourcen des Unternehmens beiträgt. Die physikalische Ebene jedes einzelnen Field Switches wird kontinuierlich überwacht. Rohdaten werden weltweit übertragen und gesammelt. Historische Daten aus mehreren Anlagen fließen zusammen. Der aktuelle Zustand und Verschleiß sämtlicher Aktoren und Sensoren wird transparent. Planmäßige Wartungsaufgaben lassen sich gezielt auf die örtlichen Anforderungen abstimmen.