Kaum ein Thema wird im Zusammenhang mit der Einführung einer Kreislaufwirtschaft in der Verpackungsindustrie so kontrovers diskutiert wie die Technologie des chemischen Recyclings. Doch nicht nur bei diesem Event der Extraklasse in Ennigerloh zeigt sich: Als Ergänzung zum mechanischen Recycling kann dieses Verfahren maßgeblich dazu beitragen, zusätzliche Abfallströme, etwa für bislang nicht wertstofflich verwertbare flexible Mehrschichtfolien, zu erschließen und die gesetzlichen Recyclingquoten zu erfüllen.
Die Carboliq-Technologie …
… ist im Hinblick auf ihre Anwendung als ein Verfahren zur Abfallbehandlung den stofflichen Recyclingverfahren zuzuordnen, erklärt Christian Haupts, Geschäftsführer der Carboliq, in seinem Vortrag und bei der Besichtigung der Anlage. Es handelt sich hierbei um einen fortgeschrittenen thermochemischen Prozess, der auch als Direktverölung bezeichnet wird. Mit bekannten Verfahren zur Vergasung oder Pyrolyse hat Carboliq gemein, dass feste organische Einsatzstoffe (Kunststoffe und Biomasse) durch Teilung (Cracken) der Kohlenwasserstoffketten in Öle und Gase umgewandelt werden.
Allerdings unterscheidet sich das Verfahren maßgeblich durch seine Flexibilität hinsichtlich der Infeed-Materialen, die nicht polyolefinischen Ursprungs sein müssen. Dank dieser hohen Feedstock-Toleranz eignet sich Carboliq für verunreinigte, gemischte oder andere Kunststoffe und ebenso für flexible Verpackungen und hochkomplexe Mehrschichtfolien aus mehreren Kunststoffarten. Im Vergleich zum mechanischen Recycling bietet das Verfahren also deutlich mehr Möglichkeiten, da es auf die Rückgewinnung der Wertstoffbauteile durch thermische Zersetzung abzielt.
Ein weiterer Vorteil: Der Prozess findet bei einer niedrigeren Temperatur von unter 400 °C statt. So ist die Verkokung ausgeschlossen und es bilden sich keine giftigen Pyrolysegase. Die niedrige Temperatur, die Einstufigkeit des Verfahrens und die Einbringung der Energie über Friktion direkt ins Material ermöglichen die Stoffumwandlung bei relativ geringem Energieeinsatz. Wird der für den Anlagenbetrieb benötigte Strom künftig zudem aus regenerativen Quellen bezogen, ist das Carboliq-Verfahren vollständig klimaneutral. Weder das Verfahren noch die eingesetzte Energie emittieren CO2.
Das Anlagenkonzept von Carboliq ist – bezogen auf hochkalorische Einsatzfraktionen und im vollkontinuierlichen Betrieb (7.200 Stunden/Jahr) – auf eine jährliche Ausbringung an Flüssigressourcen von jeweils 10.000 to ausgelegt. Der unter dem Namen CLR (Circular Liquid Ressource) von Carboliq vermarktete Sekundär-Rohstoff ähnelt dabei in vielen wesentlichen Eigenschaften fossilem Erdöl bzw. den daraus gewonnenen Produkten – und ist somit ein vollwertiges Substitut fossiler Ressourcen. Er kann in bestehenden Anlagen der Raffinerien/Petrochemie verarbeitet werden, ist mit fossilen Ölen mischbar und ebenso wie diese lagerfähig.
Die weiteren Highlights der exklusiven Veranstaltung
Bevor Christian Haupts in der Pressekonferenz allerdings die Carboliq-Technologie ausführlich präsentierte, stellte zunächst Valeska Haux, Vice President Strategic Marketing bei Südpack, die Nachhaltigkeitsstrategie der Unternehmensgruppe vor. Dirk Hardow, Leiter der Business Unit FF&C (Functional Films & Compounds) wiederum beleuchtete die Rahmenbedingungen für die Implementierung des Chemischen Recyclings und skizzierte anhand einer Modellrechnung die positive Auswirkung des Recyclings auf die CO2-Bilanz von Kunststoffen.
Demnach haben mechanisch recycelte und zu Granulaten verarbeitete Kunststoffe einen um 98 Prozent geringeren CO2-Fußabdruck als Granulate, die aus Virgin Material hergestellt wurden. Stellt man die Herstellung von Granulaten aus Virgin Material dem Material aus Chemischem Recycling gegenüber, so ergibt sich eine CO2-Einsparung von über 20 Prozent. Bei diesen beiden Betrachtungen wurde allerdings nicht berücksichtigt, dass das Material, das aus dem chemischen Recycling gewonnen wird, andernfalls der thermischen Verwertung zugeführt und dadurch zusätzliches CO2 freigesetzt werden würde. Ein weiterer Vorteil: Je länger das Material im Kreislauf gehalten wird, das heißt je öfter das Material rezykliert wird, umso weiter sinkt der CO2-Fußabdruck.
Johannes Remmele, Unternehmer und Inhaber der Südpack Gruppe, informierte über die Vision „Zero Waste“, die Gründe für die Kooperation mit Carboliq und das Engagement des Familienunternehmens für eine Implementierung des Verfahrens als komplementäre Recyclingtechnologie. Sein Credo: Trotz aller Nachhaltigkeitsbestrebungen wird es auch weiterhin Materialien geben, deren Aufbau aus unterschiedlichen Polymeren besteht. Denn diese Strukturen sind für viele Anwendungen auch künftig nicht verzichtbar – und zugleich die materialeffizienteste Art und Weise, die gewünschten Funktionalitäten einer Verpackung herzustellen. Da sich diese Eigenschaften nach heutigem Stand der Technik nicht materialeffizient durch Monostrukturen erzielen lassen, wird für diese Materialien eine geeignete Recyclingtechnologie benötigt, damit auch diese Fraktionen im Kreislauf geführt und nicht der thermischen Verwertung zugeführt werden müssen.
Am Ende bleibt festzuhalten
Die Umwandlung von bis dato nicht recyclingfähigen Kunststofffraktionen wie auch post-consumer- und post-industrial-Abfällen zu einer wertvollen Ressource ist heute keine Utopie, sondern bereits Realität. Und: Südpack ist der einzige Hersteller von flexiblen Folien, der direkten Zugang zu Kapazitäten für das Chemische Recycling hat. Mehr noch: In Kombination mit dem Standort in Schwendi, an dem Kapazitäten für die mechanische Aufbereitung von Wertstoffen vorhanden sind, ist Südpack heute in der Lage, beim Schließen von Wertstoffkreisläufen immer die Technologie anzuwenden, die in Bezug auf Umweltauswirkungen und Wirtschaftlichkeit die bessere ist. Dies unterscheidet die Unternehmensgruppe eklatant von den Marktbegleitern und macht Südpack in diesem zukunftsweisenden Bereich zum Marktführer.