P&A:
Herr Garthe, welche Herausforderungen tun sich mit der EU-Verordnung im Track-&-Trace-Prozess auf?
Garthe:
Die neue EU-Verordnung 2016/161 enthält genaue Bestimmungen über die Sicherheitsmerkmale auf der Verpackung von Humanarzneimitteln. Bis zum Inkrafttreten müssen die Pharmahersteller das Equipment zur Kennzeichnung der Verpackungen installiert und hinreichend geprüft haben, sodass der Produktionsprozess fristgerecht umgestellt werden kann. Die Implementierung der Track-&-Trace-Systeme hat immense Auswirkungen auf sämtliche Prozesse und Arbeitsabläufe und stellt die Pharmahersteller sowohl logistisch als auch hard- und softwaretechnisch vor große Herausforderungen.
Welche Produkte fallen unter die EU-Verordnung?
Mit der neuen Kennzeichnungspflicht soll die Identität und Echtheit eines Medikaments zweifelsfrei festzustellen sein. Die Verordnung bezieht sich ausdrücklich auf verschreibungspflichtige Arzneimittel – hier greifen die nationalen Vorschriften der einzelnen Mitgliedsstaaten der EU. Für rezeptfreie Medikamente sind die Sicherheitsmerkmale nicht verbindlich. Veterinärarzneimittel und Nahrungsergänzungsmittel sind ebenfalls von der Verordnung ausgeschlossen.
Ist eine hundertprozentige Nachverfolgung denn überhaupt möglich?
Die Track-&-Trace-Maßnahmen sollen das Eindringen gefälschter Arzneimittel in die legale Lieferkette verhindern. Hundertprozentige Sicherheit wird es meiner Ansicht nach nie geben, aber mit der Verordnung wird die Barriere für Arzneimittelfälscher deutlich erhöht. Gerade für kriminelle Banden ist die Fälschung von Arzneimitteln in den letzten Jahren zum lukrativen Geschäft geworden, mit hohen Gewinnen und vergleichsweise geringem Risiko. Dagegen muss sich der Gesetzgeber zur Wehr setzen, vor allem auch im Interesse der Verbraucher.
Wie kann ich mir das Gesamtkonzept vorstellen, wie wirkt sich die Track-&-Trace-Thematik auf die einzelnen Prozessschritte aus?
Zunächst ist festzuhalten, dass die neue Track-&-Trace-Verordnung für alle Sekundär- und Tertiärverpackungen gilt, die in den Handel kommen. Zur sicheren Rückverfolgung werden sowohl Faltschachteln als auch Versandschachteln in einem zentralen Datenpool erfasst. Bereits registrierte Packungen, die zu einem späteren Zeitpunkt aus der Lieferkette ausscheiden, müssen wieder ausgelesen werden. Diese Bestandsaufnahme muss nach jeder Qualitätskontrolle erfolgen, bei der fehlerhafte Verpackungen automatisch aus dem Prozess ausgeschieden werden. Die korrekte Bilanzierung einer Charge ist daher ziemlich aufwändig und technisch durchaus anspruchsvoll.
Mit der Promatic PTT bietet Romaco eine Plattform für ein sicheres Track & Trace. Was macht diese Technik aus?
Wir haben die Promatic PTT bewusst als mechanische Plattform für verschiedene Track-&-Trace-Technologien konzipiert. Die Pharmahersteller entscheiden selbst, von welchen Anbietern sie die Systeme beziehen möchten. Promatic konfiguriert die PTT dann mit den ausgewählten Druckern, Etikettierern sowie den kamerabasierten Inspektionssystemen, die der Identifikation und Verifizierung der Sicherheitsmerkmale dienen. Außerdem ist die Track-&-Trace-Anlage für die Anbindung einer Serialisierungs-Software vorbereitet. Als Einzelmaschine kann die Promatic PTT an alle handelsüblichen Kartonierer angeschlossen werden. In Linie mit einem Promatic-Kartonierer ist auch eine Konfiguration im Monoblockdesign möglich. Solch eine integrierte Lösung erhöht die Prozesssicherheit und spart Platz. Im Fall einer Direktanbindung könnten beide Maschinen über ein gemeinsames Terminal bedient werden.
Wäre es nicht sinnvoller, die Track-&-Trace-Technologie direkt in den Kartonierer zu integrieren?
Theoretisch wäre das möglich, es gibt jedoch eine Reihe von Gründen, die dagegensprechen. Bei Romaco empfehlen wir, die Faltschachteln ab der Gut-Packung zu registrieren, nachdem sie den Kartonierer verlassen haben. Damit entfällt die Bilanzierung der Charge direkt im Anschluss an die Sekundärverpackungseinheit. Auch die Annahme, es wäre platzsparend, die Track-&-Trace-Systeme in den Kartonierer zu integrieren, ist irreführend. Vielmehr würde eine integrierte Lösung Zugänglichkeit und die Sichtbarkeit erschweren.
Und vermutlich hätten die Kamerasysteme mit den Staubpartikeln ihre Probleme, oder?
Richtig. Die OCR/OCV-Kamerasysteme reagieren sehr empfindlich auf Staubpartikel. Der Faltschachtelstaub, der in jedem Hochleistungskartonierer anfällt, könnte unter Umständen die Funktionalität der Codeleser beeinträchtigen. Daher haben wir die Promatic PTT bewusst als eigenständige Track-&-Trace-Maschine konstruiert.
Mit Ihrer neuen Blisterlinie Unity 500, die Sie auf der Achema in Linie mit der Promatic PPT präsentiert haben, richten Sie sich an die Pharmaindustrie. Inwiefern unterscheidet sich die Technologie von Ihren Wettbewerbern?
Mit der neuen Blisterlinie Noack Unity 500 im Monoblockdesign hat Romaco eine voll integrierte Turnkey-Anlage auf den Markt gebracht. Eines der wichtigsten Entwicklungsziele war die kompakte Bauweise speziell der Primärverpackungseinheit, um Platz im teuren Reinraum zu sparen, wo das offene Produkt verarbeitet wird. Aus diesem Grund wurden die einzelnen Stationen der Blisterverpackungsmaschine, wie zum Beispiel die Formung, Zuführung, Siegelung, Codierung, Perforation und Stanze, äußerst platzsparend angeordnet. Das Resultat ist eine Blistertechnologie, die zu den führenden im mittleren Leistungssegment zählt – sowohl, was ihre Raumausnutzung als auch ihre Ausbringung von 500 Blistern und 150 Faltschachteln pro Minute anbelangt. Ein weiterer Vorteil ist die leichte Bedienung der Blisterlinie über das intuitiv aufgebaute und leicht verständliche HMI-Panel. Das hoch automatisierte Anlagenkonzept verlangt von den Maschinenführern kein spezielles Know-how und ist selbsterklärend und ergonomisch aufgebaut. Das ist insofern wichtig, als der Automatisierungsgrad gerade auch vor dem Hintergrund der Track-&-Trace-Thematik an Bedeutung gewinnt.
In der Zukunft geht der Trend also weiter in Richtung Automatisierung?
Genau, hoch automatisierte Verpackungsprozesse sind perspektivisch die einzige Möglichkeit, den Track-&-Trace-Gedanken in den Produktionsalltag zu integrieren und sicherzustellen, dass die Vorkehrungen auch greifen. Mit fortschreitender Automatisierung werden die Schnittstellen im Verpackungsprozess sukzessive reduziert und menschliche Interventionen weitestgehend ausgeschlossen. Das sind meiner Ansicht nach die Rahmenbedingungen für eine lückenlose Rückverfolgung von Arzneimittelpackungen. Aber auch die zentrale Datenspeicherung, die verlässliche Bilanzierung der Pharmacodes und die Sicherheit der Daten werden weiterhin Thema sein. Und wenn all diese Hürden genommen sind, wird sich der Fokus auf die Kennzeichnung der Primärverpackung richten. Schon heute werden gezielt bedruckte Blisterfolien mit QR-Codes entwickelt, die eine sicherere Rückverfolgung der Blisterpackungen ermöglichen.