Das ideale Elektroauto lässt sich berechnen – mit einer Software der Technischen Universität München (TUM). Sie gleicht das per Smartphone erkannte Mobilitätsmuster von 2.000 Menschen mit einer Datenbank ab, in der nicht nur technische Daten, sondern auch die Kosten einzelner Komponenten hinterlegt sind. Das Ergebnis: Ein viersitziges Auto mit Aluminium-Karosserie und einem 90 Kilowatt starken Elektromotor. Die Batterie bietet 350 Kilometer Reichweite. Und trotzdem kostet das gesamte Fahrzeug nur 25.000 Euro. „Im Jahr 2020 erwarten wir Batteriekosten von rund 120 Euro pro Kilowattstunde“, erläuterte Professor Markus Lienkamp, Inhaber der Lehrstuhls für Fahrzeugtechnik an der TUM, zur Eröffnung der COFAT-Tagung. „Dann werden solche Kosten realistisch zu erreichen sein.“
Umstritten ist in der Autobranche aber nach wie vor, ob Elektroautos lediglich Umrüstversionen heute gängiger Fahrzeuge sein sollten oder ob die komplette Fahrzeugkonzeption auf den elektrischen Antrieb hin erfolgt. Christoph Grote, Leiter der BMW-Forschung, plädierte dafür, die Chancen zu nutzen, die eine spezifische Auslegung bietet. So böte ein Elektromotor, der die Hinterachse antreibt, deutlich mehr Fahrfreude und erlaube einen geringeren Wendekreis. Durch den Entfall des Motorraums verbessere sich zudem das Verhältnis von Innenraum zu Grundfläche. „Flexibilität verschafft einen ruhigen Schlaf, aber man vergibt auch Chancen, wenn man keine Entscheidungen trifft“, so Grote.
Damit zielte er auf seinen Vorredner Thomas Lieber, der das Thema Elektrotraktion bei Volkswagen verantwortet. Für den Konzern steht die Bezahlbarkeit elektrischer Fahrzeuge im Vordergrund. Bei der Entwicklung des e-Golf sei von Anfang an ein Zielpreis von 30 bis 35 Tausend Euro die Maßgabe gewesen. Daher stellt die elektrische Variante des Millionensellers nur eine Variante innerhalb des Modularen Querbaukastens (MQB) dar. „Überall, wo wir MQB-Fahrzeuge produzieren, können wir auch E-Fahrzeuge montieren“, erläuterte Lieber. Zudem sei ungewiss, welche Antriebsvarianten sich am Markt durchsetzen. „Nur wer alle Antriebe beherrscht, wird als Autohersteller überleben.“
Das reine Elektroauto ist allerdings ohnehin nicht für alle Fahrzeugklassen die richtige Lösung. Wer wie Jaguar Landrover vor allem leistungsstarke und schwere Fahrzeuge verkauft, versucht seine CO2-Bilanz durch Plug-in-Hybridtechnik aufzupolieren. „Das ist unsere einzige Chance, einen Range Rover mit einer CO2-Emission von 50 bis 60 Gramm pro Kilometer zu realisieren“, sagte Wolfgang Ziebart, der scheidende Entwicklungschef des britischen Premiumherstellers. Für andere Segmente wollte er jedoch den Erfolg elektrischer Konzepte nicht ausschließen. Obwohl Tesla seine Fahrzeuge an Haushalte verkaufe, die durchschnittlich bereits vier Fahrzeuge besäßen, hätten sich die Modelle aus Kalifornien oft rasch als Erstfahrzeug – gemessen an den zurückgelegten Kilometern – etabliert.
Was herauskommen kann, wenn man wirklich radikal denkt, bewies der Vortrag von Richard Eiletz aus der BMW-Forschung. Nach dreijähriger Entwicklung erprobt er derzeit ein „Hocheffizienz-Hybridauto“ auf der Straße. Es besitzt einen seriellen Hybridantrieb, bei dem der Verbrennungsmotor ausschließlich dazu dient, die Batterie nachzuladen. Trotz eines rekordverdächtigen Verbrauches von nur etwa 0,4 Liter auf 100 Kilometer (im NFEZ) kann das Fahrzeug vier Personen und Gepäck mit einem Volumen von 350 Litern transportieren – damit sticht den Zweisitzer XL1 von Volkswagen deutlich. Verantwortlich dafür ist unter anderem eine sehr strömungsgünstige Karosserie; der cW-Wert beträgt nur 0,18. Vor allem aber besteht das Konzeptfahrzeug komplett aus Kohlefaser (CFK). Während BMW i3 und i8 noch auf einem Aluminium-Rahmen aufsetzen, konnte Eiletz erstmals eine selbstragende CFK-Karosserie realisieren. So spannend die Technik der Forscher jedoch ist: An eine Serienfertigung denken die Münchner derzeit nicht.
Denn nun gilt es zunächst einmal, das Elektroauto billiger zu machen – völlig unabhängig davon, was das Öl kostet. Anders als in China, wo Fahrzeuge mit einer elektrischen Reichweite von mindestens 50 Kilometer neuerdings mit bis zu 17.000 Euro bezuschusst werden, ist hierzulande weiterhin keine Subvention in Sicht. Doch gerade das beflügelt Wissenschaftler wie Lienkamp, der von sich sagt: „Ich bin mir für Kosteninnovationen nicht zu schade.“