Flexibility „Es gilt, nicht nur die eigene Erfahrung zu nutzen“

Aerzener Maschinenfabrik GmbH

Ricardo Wehrbein führt als Executive Manager Operating & Development die Gesellschaft Digital Systems in der Aerzen-Gruppe, die sich mit der Bereitstellung von digitalen Services für das Aerzen-Produktportfolio beschäftigt. Zuvor verantwortete Wehrbein als strategischer Produktmanager konzernweit die Kernprodukte Drehkolbenverdichter und Gebläse. Als Wirtschaftsingenieur im Bereich Produktionstechnik studierte er erfolgreich an der Fachuniversität Weserbergland Produktionstechnik gefolgt von einem Masterstudiengang in General Management.

Bild: Sichtbar Fotografie; Aerzen
17.08.2020

Datenbasierte Dienste eröffnen Betreibern von Prozess- und Druckluftpaketen in allen Branchen neue Möglichkeiten, Prozesse ressourcenschonend und energieeffizient zu gestalten. Die neue Unternehmenseinheit Aerzen Digital Systems unterstreicht die Umwandlung der Aerzener Maschinenfabrik von einem renommierten Hersteller von Gebläsen und Verdichtern in einen digitalen Systemintegrator.

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Ricardo Wehrbein ist mit diesem Beitrag im P&A-Kompendium 2020 als einer von 100 Machern der Prozessindustrie vertreten. Alle Beiträge des P&A-Kompendiums finden Sie in unserer Rubrik Menschen.

Ragna Iser, P&A:

Wie weit ist nach Ihrer Meinung die deutsche Industrie in Bezug auf Digitalisierung?

Ricardo Wehrbein:

Unsere Erfahrungen mit vielen Interessenten und Kunden sind sehr differenziert. Einige Branchen haben sich bereits viele Jahre mit dem Thema beschäftigt. Andere stehen hier noch direkt am Anfang. Dieses ist aber auf gar keinen Fall ein Nachteil. Viele technische Sondierungen können so übersprungen werden, und Interessenten können direkt beim State-of-the-Art anfangen.

Welche Herausforderungen auf den Weg der Transformation beobachten Sie?

Das größte Problem ist, wie so oft, das Loslassen. Viele Unternehmen haben heute noch Bedenken beim Bereitstellen von Daten und Informationen – gerade bei der Cloud-Transformation wird dieses deutlich. Hier bedarf es seitens der Anbieter mehr Aufklärungsarbeit. Moderne Systeme sind unglaublich sicher. Gerade wenn die Daten in Deutschland oder Europa gespeichert werden, gelten hier aktuelle Rechtsprechungen für die Nutzung und auch die Absicherung der Daten. Dort besteht aus unserer Sicht kein Gebot mehr für Angst, aber natürlich Vorsicht bei der Anbieterwahl.

Aerzen hat sein Serviceportfolio um ein digitales Angebot erweitert. Was fällt in den Aufgabenbereich von Aerzen Digital Systems?

Aerzen Digital Systems ist der Digitalisierungsspezialist im Aerzen-Konzern. Als 100-prozentige Tochter der Aerzener Maschinenfabrik gegründet, fokussieren wir uns auf die Herausforderungen der Digitalisierung in unserem Marktfeld. Die Bedürfnisse unserer Kunden sind dabei ganz klar im Mittelpunkt. Die maßgeschneiderten, cloudbasierten, digitalen Services fußen auf praxisnahen Erkenntnissen aus der Zusammenarbeit mit unseren Kunden und auf der über 150-jährigen Erfahrung im Maschinenbau. Mit diesem Hintergrund entwickeln wir Lösungen für ein weltweites Maschinenpark-Management sowie zur Steigerung von Energieeffizienz, Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit der Maschinen mittels Künstlicher Intelligenz.

Ihre Vision ist, eine der führenden Adressen für digitale Dienste für die Druckluftindustrie zu werden. Wie wollen Sie dies erreichen und was unterscheidet Sie von Ihrer Konkurrenz?

Der wichtigste Wertetreiber in der Vision ist dabei die Zentrierung auf den Kunden. Dank unserer über 50 Service- und Vertriebsgesellschaften in der Aerzen-Gruppe haben wir einen direkten Ansprechpartner vor Ort. Zu diesem Zweck bilden wir sogenannte Digital Champions aus. Das bedeutet, dass wir immer einen Experten vor Ort haben, der den gesamten Prozess von der Geschäftsanbahnung bis zur Installation begleiten kann. Weiter überarbeiten wir stetig unsere Plattform und verbessern hier die User-Experience ständig. Dieses verstehen wir als essenziellen Bestandteil unserer Customer-Obsession.

Auf den Weg zu Industrie 4.0 werden Partnerschaften großgeschrieben. Auch Sie setzen neben der Erfahrung von Aerzen auf die Unterstützung anderer Unternehmen. Welche Bereiche umfasst dies?

Korrekt. Wie bereits vorher beschrieben, gilt es, Erfahrungen zu nutzen – nicht nur die eigene. Daher sind wir froh, Partnerunternehmen für den Bereich des Infrastrukturbereichs gefunden zu haben. Dabei übernehmen unsere Partner den Aufbau und den Betrieb der Plattform. Hierbei handelt es sich um ein etabliertes Unternehmen aus Deutschland, welches bereits vorher ein souveräner Partner der Aerzener Maschinenfabrik war.

Sind künftig weitere Partnerschaften geplant und welche Bereiche könnten diese betreffen?

Sicherlich, gerade was die Weiterentwicklung betrifft, sind wir offen für neue Partnerschaften. Das Umfeld, in dem wir uns bewegen, ist hoch beschleunigt. Viele Trends überholen sich in kürzesten Lebenszyklen. Wir werden daher immer Augen und Ohren offenhalten, um unseren Kunden immer die aktuellsten Lösungen mit dem maximalen Mehrwert zu offerieren.

Ihre Einschätzung: Müssen Unternehmen im Bereich Digitalisierung experimentierfreudiger werden?

Mittlerweile sind wir an dem Punkt angekommen, an dem die Themen Digitalisierung und Künstliche Intelligenz keine Labortechnik mehr sind – daher tue ich mich mit dem Experimentieren schwer. Mittels Datenverarbeitung über neuronale Netze lassen sich ohne das Eingreifen von Menschen Maschinen und Prozesse autonom überwachen. Damit sind wir in der Lage, größte Datenmengen zu analysieren und benötigen letzten Endes den Menschen nur für seinen Verstand (Common Sense), um diese Informationen zu interpretieren. Ich bin der Meinung, dass das 21. Jahrhundert neben dem Klimawandel und Biotech den Schwerpunkt Künstliche Intelligenz und Digitalisierung haben wird.

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