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Prozesslufttrocknung in der Pharmabranche Feuchtigkeit von Arznei fernhalten

Eine trockene Prozessumgebung ist bei bestimmten Arzneimitteln Voraussetzung.

10.07.2019

Bestimmte Prozesse in der Herstellung und Verarbeitung von Arzneimitteln bedürfen einer sehr geringen Luftfeuchte. Andernfalls können unter anderem Verklumpungen beim Abfüllprozess auftreten. Frank Schimmelmann, Division Manager Prozesslufttrocknung bei ULT, erklärt, worauf geachtet werden muss.

Der weltweite Markt in der Verpackungs- und Abfüllindustrie boomt seit Jahren und gehört zu den umsatzstärksten Segmenten innerhalb des deutschen Anlagen- und Maschinenbaus. Allein im Jahr 2016 lag der deutsche Inlandsumsatz in dieser Branche bei über 17 Milliarden Euro, im Auslandsgeschäft bei nahezu 25 Milliarden Euro.

Diese Zahlen verdeutlichen den hohen und wachsenden Bedarf an immer schneller werdenden High-Tech-Verpackungs- oder Abfüllprozesslinien in den unterschiedlichsten Bereichen. Dazu gehört auch die Pharmaindustrie inklusive der stark heranwachsenden weltweiten Bio-Pharmabranche.

Prozessluft im Umluftbetrieb

Bei manchen Prozessen in der Herstellung und Verarbeitung von Arzneimitteln ist eine sehr geringe Luftfeuchte vonnöten. Beim Abfüllen von festen oder auch flüssigen Wirkstoffen oder beidem in Kombination bis zum Verschließen der Ampullen oder Injektionsflaschen wird zudem besonderes Augenmerk auf eine sterile Umgebung gelegt.

Innerhalb der Abfüll- oder Verpackungsanlagen und während des Abfüllprozesses sind folgende prozesstechnische Parameter für eine hohe Produktivität von großer Bedeutung:

  • partikelfreie Zone innerhalb der Maschine

  • konstante Umgebungstemperaturen, „konditionierte Luft“

  • definierte Luftfeuchtigkeit innerhalb der Maschine

  • konstante laminar geführte Prozessluft während des Abfüllprozesses

Die angestrebte Trockenheit der notwendigen Prozessluft, welche meist aus energetischen und hygienischen Gründen in eine Art „Umluftbetrieb“ gefahren wird, hängt sehr stark vom jeweiligen Gesamtprozessverfahren und den eigentlichen abzufüllenden Produkten und Wirkstoffen ab. Bei stark hygroskopischen Wirkstoffen sollte die Prozessumluft (Umgebungsluft in der geschlossenen Maschine beim Abfüllprozess) nach Möglichkeit nahezu keine Wasserstoffmoleküle enthalten, damit das pharmazeutische beziehungsweise biopharmazeutische Produkt beim Abfüllprozess innerhalb der Abfüllmaschine keine Feuchtigkeit aus der unmittelbaren Umgebung an sich binden kann.

Besonders kritisch sind pulverförmige Wirkstoffe, vor allem, wenn sie gut wasserlöslich (hydrophil) oder sogar sehr gut wasserlöslich (superhydrophil) sind. Diese Wirkstoffe verbleiben nach dem Abfüll- und Verschließprozess erst einmal „trocken“ im Behältnis und werden auf bestimmte Zeit bis zum Verbrauch eingelagert.

Die mit dem pulvrigen Wirkstoff gefüllten Injektions- oder Infusionsflaschen werden erst kurz vor der Injektion beziehungsweise Infusion mit einer wässrigen Lösung (meist NaCl oder steriles Wasser) aufgefüllt. Bis dahin dürfen sie keinerlei Feuchtigkeit aufnehmen, um ihre Wirkung zu gewährleisten.

Sorptive und exotherme Prozesse

Um eine möglichst trockene Prozessluft zu erzeugen, reichen in den meisten Fällen konventionelle Methoden zur Trocknung der Luft, wie die einfache Kondensation des Wasserdampfes an Kühlregistern beziehungsweise Wärmetauschern, nicht mehr aus. Um den Restfeuchtegehalt der Luft auf ein Minimum zu reduzieren, sind sogenannte sorptive Prozesse (Adsorptionsprozesse und Desorptionsprozesse) notwendig.

Wenn bei Produktionsverfahren, Verpackungs- und Lagerungsprozessen pharmazeutischer Erzeugnisse relative Feuchten von weniger als 40 Prozent bei Umgebungstemperatur gefordert werden, wird es in verfahrenstechnischer und thermodynamischer Hinsicht interessant und spannend. In diesen Bereichen der Prozesslufttrocknung besteht derzeit eine relativ übersichtliche Auswahl an Anlagenprozesstechnik, welche in der Lage sind, sehr niedrige Restfeuchtegehalte in der Prozessluft während des Umluftbetriebs zu erzeugen und stetig zu gewährleisten.

Als besonders wirkungsvoll hat sich hier die Verwendung von Rotationsadsorptionsentfeuchtern erwiesen. Dabei wird der feuchte Luftstrom durch einen Teilbereich eines langsam rotierenden, wabenförmigen, mit Adsorptionsmittel beschichteten Sorptionsrads geleitet und darin getrocknet. Ein Prozessluftfilter dient zur partikelfreien Atmosphäre, da ungewollte Schmutz- oder Staubpartikel (Produktpartikel) die hochaktiven molekularen Sorptionsflächenstrukturen im Rotor verunreinigen und somit zu einem stetig ansteigenden Effizienzverlust der eigentlichen Adsorption führen können. Der Vorkühler dient zur Lufttemperaturvorkonditionierung, da die ideale physikalische exotherme Adsorption eine möglichst geringe Prozesslufttemperatur am Eintritt des Sorptionsrades benötigt.

Auf der Gegenseite wird das Sorptionsrad fortlaufend innerhalb eines definierten Sorptionsradabschnittes mit einem erzeugten Heißluftstrom (meist ein elektrisches Heizregister oder gasbetriebene Brenner) regeneriert und somit desorbiert. Hierdurch kann ein kontinuierliches und effektives Aufbereiten der zu trocknenden Luft gewährleistet werden. Durch diesen Regenerationsvorgang wird sichergestellt, dass das Sorptionsrad die Wassermoleküle in der zu trocknenden Prozessluft planmäßig aufnimmt und sich unter sehr geringen Partialdrücken an den regenerierten Grenzflächen anlagern kann.

Mittels der Desorption (Regeneration des Sorptionsmittels) durch die erzeugte Heißluft werden die dort angelagerten Wassermoleküle (Adsorbat) aus dem Adsorptionsmittel (Adsorbens) herausgetrieben und als mit Wassermolekülen stark beladene warme Abluft in die Außenatmosphäre abgeführt. Durch Erweiterung der Anlagenmodultechnik, beispielsweise mit Vor- und Nachkühlermodulen, können Taupunkte bis zu - 65 °C und somit eine relative Prozessluftfeuchte von bis zu 0,05 Prozent (relative Feuchte) bei Umgebungstemperaturen im Umluftbetrieb erreicht werden. Meist werden diese niedrigen Taupunktanforderungen bei sensiblen Produkten – etwa zur Trocknung hygroskopischer Pharmawirkstoffe oder anderer pulverförmiger Produkte in der Industrie – benötigt, um eine gleichbleibende, hochwertige und sichere Produktqualität beim Abfüllprozess sicherzustellen.

Adsorption von Wasserdampf

Die Luft ist ein Gasgemisch und enthält einen bestimmten Anteil an Wasserstoffmolekülen (Wasserdampf). Die Menge an Wasserdampf, die in der Luft enthalten sein kann, ist allerdings begrenzt. Die relative Luftfeuchtigkeit gibt den Prozentsatz der maximalen Feuchtigkeit an, der von der Luft aufgenommen werden kann.

Die Taupunkttemperatur wird als die Temperatur definiert, bei der die Luft mit einem maximalen Wasserdampfgehalt in der Prozessluft – 100 Prozent relative Luftfeuchtigkeit – gesättigt ist. Sie ist die Temperatur, die bei konstantem Druck unterschritten werden muss, um Wasserdampf zu kondensieren.

Die Taupunkttemperatur ist somit eine von der aktuellen Temperatur unabhängige Größe. Aus Temperatur und relativer Luftfeuchte beziehungsweise Taupunkttemperatur lässt sich auch der absolute Feuchtegehalt der Luft in Gramm Wasserdampf pro Kubikmeter ausrechnen.

Als technische Adsorptionsmittel dienen hochaktive hygroskopische, das heißt physikalisch wasserbindende Stoffe, zum Beispiel Kieselgel (Silikagel, SiO2), Zeolithe sowie Molekularsiebe. Diese Adsorptionsmittel verfügen durch ihren molekularen Strukturaufbau über eine extrem große Oberfläche, an der sich Wassermoleküle anlagern können. 1 g Kieselgel kann beispielsweise eine innere und äußere aktive Oberflächenstruktur von bis zu circa 800 m2 erreichen.

Es gibt aber auch noch andere, weniger gängige Trocknungsmittel, die je nach Gegebenheit und Eigenschaften des zu trocknenden Gases ihre Anwendung in anderen Bereichen finden: Calciumsulfat, Kaliumcarbonat und Aluminiumoxid. Diese können allerdings relativ schwer wieder regeneriert werden und eignen sich somit nicht. Da Silikagel in Bezug auf die Entzugsleistung der Wassermoleküle aus der Prozessluft und auf die Regenerierbarkeit mit Wärme (Desorption) durchaus gute physikalische und chemisch reversible Eigenschaften besitzt, gilt diese Variante als effektiv und zielführend und wird bereits in verschiedensten Industriesegmenten erfolgreich eingesetzt.

Trocknen und Filtern der Prozessluft

Eine seit Kurzem verfügbare Lösung für extrem trockene Prozessluft stellt das System ULT Dry-Tec dar. Das modulare Konzept ermöglicht das Erreichen von Taupunkttemperaturen bis zu -65 °C (Taupunkt) bei Umluftbetrieb.

Zur Dry-Tec-Produktmodulserie gehören folgende Bestandteile:

  • das Sorptionsmodul ULT Dry-Tec, welches für Adsorption und Desorption innerhalb des Systems eingesetzt wird

  • das Vorkühlermodul ULT Cool-Tec V

  • das Nachkühlermodul ULT Cool-Tec N

Die Vor- und Nachkühlermodule können optional mit unterschiedlichen Filterelementen entsprechender Filterklassen (G, M, F oder H entsprechend DIN EN 779:2012 und DIN EN 1822:2011) ausgerüstet werden. Damit erreicht der komplette Trocknungsprozess die geforderte niedrige relative Feuchte, und auch der Prozessluftstrom am Ein- oder Austritt der Modulanlage bleibt somit partikelfrei.

Mittels eines optimierten Luftführungskonzeptes durch das Innere der Trocknungsmodule ist ein effizienter Betrieb mit geringen internen Druckverlusten möglich. Weitere Bestandteile des modularen Entfeuchtungskonzepts sind regelbare EC-Ventilatoren für den Prozessluftvolumenstrom und den Regenerationsluftvolumenstrom.

Zur Verfügung steht außerdem ein integriertes, energieeffizientes Wärmerückgewinnungssystem für einen energetisch optimierten Desorptionsprozessablauf. Das interne Wärmerückgewinnungssystem kann bis zu 40 Prozent seiner Wärme effektiv zur Vorerwärmung des Desoptionskreislaufes nutzen.

Die von ULT eingesetzten Sorptionsrotoren verlieren kein Trockenmittel. Demzufolge entsteht auch kein Abrieb am Adsorptionsmittel. Hinzu kommt, dass die integrierten Rotoren nicht entflammbar (Flammindex und Rauchindex = 0), beständig gegen Korrosion und auch waschbar sind. Die eingesetzten Rotoren sind nach ASTME E-84 getestet und zertifiziert.

Abreinigbares Filtrationsmodul

Zusätzlich entwickelt ULT das abreinigbare Filtrationsmodul ULT Fil-Tec mit integriertem Absaugsystem namens ULT Vac-Tec, das dem Sorptionsmodul ULT Dry-Tec bei Bedarf vorgeschaltet werden kann. Die Filterpatronen im Absaug- und Filtermodul werden mittels Injektor-Druckluftventilen automatisch zeit- oder auch differenzdruckgesteuert (delta „p“) abgereinigt.

Filterpatronen der Klasse M oder F (entsprechend DIN EN 779:2012) sind als aktive Patronenfilter im System integriert. Nachfilterstufen als Schwebstofffilter und Sicherheitsfilterstufe (Polizeifilter) bis hin zu den Filterklasse EN 1822 U16 beziehungsweise ISO 29463 ISO 65 U (HEPA/ULPA) können ebenso auf Anfrage in das modular aufgebaute System zur Luft-Filter-Konditionierung konfiguriert werden.

Bildergalerie

  • Beispiel eines Prozesslufttrocknungsprozesses, basierend auf Sorptionsverfahren.

    Beispiel eines Prozesslufttrocknungsprozesses, basierend auf Sorptionsverfahren.

    Bild: ULT

  • Modulkonzept des ULT Dry-Tec (mittig) mit Vorkühler ULT Cool-Tec V (links) und Nachkühlermodul ULT Cool-Tec N (rechts).

    Modulkonzept des ULT Dry-Tec (mittig) mit Vorkühler ULT Cool-Tec V (links) und Nachkühlermodul ULT Cool-Tec N (rechts).

    Bild: ULT

  • ULT-Modulanlagenkonzept mit abreinigbarem Patronenfiltersystem und separatem Absaugsystem.

    ULT-Modulanlagenkonzept mit abreinigbarem Patronenfiltersystem und separatem Absaugsystem.

    Bild: ULT

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