Für die Überwachung von Füllständen hält der Markt eine breite Auswahl an Messmethoden bereit. Bei Applikationen mit geschlossenen Tanks oder vergleichbaren Behältern wird das Niveau des Inhalts vielfach über einen Differenzdrucktransmitter ermittelt. Diese Methode hat sich bewährt. Sie ist häufig einsetzbar, vor allem wenn ein Messgerät, zum Beispiel wegen eines Mahlwerks oder eines aggressiven Mediums, im Behälterinneren nicht eingesetzt werden kann.
Zur Erfassung des Füllstands wird der Differenzdruck zwischen der flüssigen und der gasförmiger Phase im Behälter ermittelt. Für die genaue Berechnung des Inhalts müssen neben dem hydrostatischen Druck noch die Tankgeometrie (liegender oder stehender Behälter, verschiedene Deckel und Böden) sowie die spezifische Dichte des Messstoffs in die Kalkulation einbezogen werden.
Differenzdrucktransmitter verfügen über zwei nebeneinander angeordnete 1/4NPT-Prozessanschlüsse gemäß IEC61518. Diese Konstruktion entspricht der genuinen Aufgabe solcher Messgeräte, einen Druckabfall zum Beispiel in Leitungen, an Filtern oder Pumpen festzustellen. Bei einer Füllstandsmessung hingegen ist die Distanz zwischen den Messpunkten für die Drücke P1 und P2 deutlich größer. Sie muss daher mit Hilfe von Kapillarleitungen überbrückt werden. Deren Volumen ist aus Gründen einer störungsfreien Druckübertragung limitiert. Messlösungen mit einer derartigen Verbindung zu den Messpunkten sind anfällig für Temperatureinflüsse, die sich auf das Messergebnis auswirken. Starke Temperaturschwankungen können das Resultat sogar verfälschen.
Alternative zur konventionellen Messung
Bei Applikationen, die eine höhere Genauigkeit erfordern, stößt diese Messmethode rasch an ihre Grenzen. Inzwischen aber lassen sich die negativen Auswirkungen der konventionellen Messung durch eine Alternativlösung minimieren: durch eine Füllstandskontrolle per elektronischer Differenzdruckmessung. Das von Wika entwickelte Messsystem basiert auf zwei einzelnen Prozesstransmittern, zum Beispiel den Typen CPT-2x oder IPT-2x mit Genauigkeiten bis zu 0,05 Prozent der eingestellten Spanne, in unterschiedlicher Konfiguration. Die beiden Geräte arbeiten als Master und Slave und sind über ein Signalkabel rein elektrisch und damit störunanfällig miteinander verbunden. Sie kommunizieren über einen internen Bus.
Der Slave wird über den Master mit Strom versorgt und über die Schnittstellen beziehungsweise über das Display am Master parametriert. Er misst den Druck P1, zum Beispiel den Gasdruck in einem geschlossenen Tank, und überträgt ihn an den Master. Dieser erfasst den Druck P2, im Beispielfall also den Druck in der Flüssigkeitssäule am Tankboden. Aus P1 und P2 berechnet der Master den Differenzdruck. Damit und unter Einbeziehung anderer notwendiger Prozessparameter wie Tankform und Dichte des Mediums ermittelt der Master das Niveau im Tank und berechnet damit das verfügbare Volumen. Dieser Wert kann wahlweise als Anlog- oder Digitalsignal an die Leitwarte weitergegeben und/oder an das Anzeigendisplay des Mastergeräts ausgegeben werden.
Der Vorteil einer solchen Lösung besteht nicht allein in der Minimierung des Temperatureinflusses und der höheren Genauigkeit. Die elektronische Differenzdruckmessung kann zudem schneller in Betrieb genommen werden. Dem Einsatz einer Messanordnung mit Differenzdrucktransmitter hingegen muss ein Testlauf vorgeschaltet werden, um die reibungslose Funktion der Kapillarleitungen sicherzustellen, zum Beispiel durch das Eliminieren von Lufteinschlüssen in den Impuls- beziehungsweise Druckleitungen.
Auch der Austausch der Messgeräte ist bei der elektronischen Differenzdruckmessung weitaus weniger kompliziert. Hinzu kommt die Möglichkeit, bei Fehlfunktion nur eines der beiden Geräte auszuwechseln, während das andere mit dem Tauschgerät (Master oder Slave) weiterbetrieben werden kann. Bei der Differenzdruckmessung mit Kapillaren ist im Fall eines Defekts immer ein Totaltausch notwendig, selbst wenn nur die Druckleitung an einer Stelle geknickt wurde.
Zwei in Einem
Theoretisch ließe sich die hier beschriebene elektronische Differenzdruckmessung auch mit zwei Druckmessumformern verwirklichen. In diesem Fall müsste aber noch eine dritte Komponente mit der notwendigen Berechnungseinheit, einer zusätzlichen Spannungsquelle und zwei Signaleingängen in der Messanordnung verbaut werden. In Prozesstransmittern sind die notwendigen elektronischen Bausteine für die Informationsverwertung und die Berechnung des Differenzdrucks bereits integriert.
Zahlreichen Füllstandsapplikationen kommt ein zusätzliches Feature der Prozesstransmitter zugute: der Turn Down, also die Möglichkeit, eine bestimmte Messspanne individuell einzustellen. Das bedeutet, übertragen auf die Füllstandsmessung, dass ein Tankbetreiber den Messbereich des Transmitters auf die Spanne skaliert, die für den Prozess tatsächlich relevant ist. In dieser Spanne wird das Messsignal, zum Beispiel 4…20 mA, optimal ausgenutzt.
Zu berücksichtigen ist dabei jedoch, dass die Messgenauigkeit ab einer bestimmten Grenze proportional zum Turn Down abnimmt. Bei einem Turn Down bis 5:1 gibt es allerdings keine Einschränkung. Wenn also die eingestellte Spanne 200 mbar (= 2 m Wassersäule) abdeckt, kann das Messgerät mit 0 … 1 bar ohne Veränderung der Genauigkeit von zum Beispiel 0,1 Prozent eingesetzt werden: Bei 200 mbar läge die Messunsicherheit bei lediglich 0,2 mbar oder 2 mm.
Auch für gemischte Medien einsetzbar
Die Eigenschaften der elektronischen Differenzdruckmessung ermöglichen eine hohe Einsatzflexibilität. Neben der tatsächlichen Niveauerfassung kommt diese Methode vor allem für Applikationen mit unterschiedlichen Medien in Frage, zum Beispiel in der Fruchtsaftproduktion, bei der das Mischungsverhältnis von Konzentrat und Wasser über die Veränderung der Dichte und damit des Drucks ermittelt werden kann. Ein verwandtes Beispiel ist die Kontrolle von Bilgenwasserbehältern in Schiffen, in denen sich Meerwasser mit Betriebs- und Schmiermitteln mischt. Der sich aus den im Tank auftretenden Messstoffdichten ergebende Differenzdruck signalisiert, wann der Wasserstand die definierte Obergrenze erreicht.
Angesichts der messtechnischen Eigenschaften liegt der Gedanke nahe, eine Master-Slave-Messanordnung auch für die Differenzdruck-basierte Durchflussmessung zu verwenden, zum Beispiel bei Staudruckelementen, Pitotrohren oder Steckblenden in Rohrleitungen. Während in Tanks statische Druckverhältnisse herrschen, treten in Rohrleitungen vergleichsweise hohe Prozessdrücke auf. Die für diese Art der Messung entscheidenden Druckunterschiede bewegen sich jedoch eher im mbar-Bereich. Die Transmitter müssten also in dem Fall, bezogen auf die relevanten Messungen, mit einem viel zu großen Messbereich ausgelegt werden, um den statischen Druck erfassen und zur Verrechnung heranziehen zu können. Von einer genauen Messung kann dann nicht mehr gesprochen werden.
Für die Durchflussmessung empfiehlt sich daher der klassische Differenzdrucktransmitter. Er ermittelt den Differenzdruck über den Druckabfall im mbar-Bereich, während der statische Druck problemlos mehr als 150 bar betragen kann.