Die Vergärung flüssiger Rest- und Abfallstoffe wie insbesondere Gülle stellt Biogasanlagenbetreiber aus verfahrenstechnischer Sicht vor große Herausforderungen. Der hohe Wassergehalt erfordert vergleichsweise große Behältervolumina und einen hohen Heizenergiebedarf, was sich in den Investitions- und Betriebskosten niederschlägt.
Bei der Hochlastvergärung werden die zur Biogaserzeugung notwendigen Mikroorganismen im Fermentersystem zurückgehalten und angereichert. Im Gegensatz zu herkömmlichen Biogasfermentern können so höhere Durchsätze, kürzere Verweilzeiten und damit kleinere Behältervolumen realisiert werden. Investitions- und Betriebskosten lassen sich auf diese Weise deutlich senken.
Schweine- und Rindergülle oder auch Zuckerrübensaft
Im Vorhaben „Bio-Smart“ identifizierten die Wissenschaftler der FH Münster landwirtschaftliche und industrielle Reststoffe mit hohen Abbaugeschwindigkeiten. Für die Hochlastfermentation eignen sich vor allem Schweine- und Rindergülle sowie Zuckerrübensaft, zudem kommen Glycerin aus der Biodieselherstellung und stärkehaltige Abwässer in Frage. Alle geeigneten Reststoffe wurden in eine Datenbank aufgenommen, die Auskunft über Biogaserträge und weitere relevante Substratparameter liefert und bislang mehr als 570 Einträge umfasst.
In Laborversuchen im halbtechnischen Maßstab ermittelten die Forscher erfolgversprechende Substrat-Reaktor-Kombinationen. Als am besten geeignetes Reaktorsystem erwies sich ein aus der biologischen Abwasserreinigung bewährter EGSB-Reaktor (Expanded Granular Sludge Bed). Der Reaktor hält Mikroorganismen zurück und beschleunigt so den Substratabbau und die Gasbildung. Durch die zeitlich gezielte Fütterung leicht abbaubarer Substrate lässt sich die Gasbildung zudem an den Bedarf anpassen.
Unter den Substratmischungen zeigte der Mix aus Schweine- und Rindergülle und einem hochkalorischen Reststoff das größte Biogaspotenzial. Die Verweilzeit im Hochlast-Reaktor konnte auf bis zu einen Tag reduziert werden, wobei die optimalen Verweilzeiten in Abhängigkeit der gewählten Substratkombination zwischen vier und zwölf Tagen liegen.
Auf Grundlage der Laborergebnisse erarbeiteten die Forscher verschiedene Verfahrenskonzepte. Zur Abschätzung der Kosten und Erlöse erstellten sie ein Berechnungstool, das unter anderem die verfügbaren Substratmengen, das Verfahrenskonzept oder Eigenschaften der Bestands-Biogasanlage berücksichtigt. Das Tool quantifiziert den Einfluss verschiedener Anlagen- und Betriebsparameter und ermöglicht so eine ökonomische Optimierung neuer und bestehender Biogasanlagen.
Reduktion des Gärvolumens
Aus ökonomischer Sicht ist es sinnvoll, die festen und flüssigen Phasen, die bei der Vorbehandlung anfallen, zu nutzen. Die flüssige Phase mit hohem Wassergehalt und volumetrischem Anteil wird bei kurzen Verweilzeiten im EGSB-Reaktor vergoren, während die Vergärung der festen Phase mit höherem Feststoffanteil und entsprechend längeren Verweilzeiten im Rührkesselfermenter stattfindet. Durch die getrennte Behandlung der festen und flüssigen Substratphase ergibt sich insgesamt eine Reduktion des benötigten Gärvolumens.
PlanET Biogastechnik integrierte abschließend eine Versuchsanlage zur Hochlastvergärung in die Versuchsbiogasanlage im Bioenergiepark Saerbeck im Münsterland. Durch den praxisnahen Betrieb der Anlage wurde die Übertragbarkeit auf Bestandsbiogasanlagen belegt.
Das Verbundvorhaben „Biogasproduktion in Hochlastfermentern zur intelligenten Energiebereitstellung (Bio-Smart)“ wurde vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über den Projektträger Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) gefördert. Berechnungstool und Reststoffe-Datenbank sind auf Anfrage bei der FH Münster erhältlich.