Kompaktsensoren Im Trüben besser sehen

„Wir Entwickler fürchten uns nicht vor einer Ehrenrunde“, sagt Michael Tottewitz, Geschäftsführer Exner Process Equipment.

Bild: Daniel Oechsler
04.09.2017

Ein OEM als Lösungsanbieter? Michael Tottewitz, Geschäftsführer bei Exner Process Equipment, beantwortet diese Frage und einige weitere im P&A-Interview.

P&A:

Als OEM bringen Sie nun Ihr erstes „eigenes“ Produkt auf den Markt. Wie kamen Sie zu dieser Entscheidung?

Michael Tottewitz:

Wir fertigen und vertreiben unsere Sensoren bereits seit 2007 über unterschiedliche OEM-Kunden. Der Vorteil liegt in der Nutzung des Vertriebs- und Servicenetzes dieser Kunden, was für uns einen großen Marktzugang bedeutet und gleichzeitig Märkte eröffnet, die wir allein nicht hätten bedienen können. Basierend auf diesem Erfolg möchten wir nun unser Applikations- und Markt-Knowhow einsetzen, um zusätzliche Märkte zu erschließen sowie weitere Sensoren für neue Applikationen zu entwickeln. Dadurch erhalten wir einen direkteren Zugang zu den Anwendern und können so die Anforderungen an die neuen Produkte besser verstehen.

Wie kamen Sie auf die Idee, den Sensor zu entwickeln?

Gemeinsam mit unserem Vertriebs- und Entwicklungspartner, der Firma Seli Automatisierungstechnik, haben wir im Markt erkannt, dass es speziell für die Anwendungen im hohen Trübungsbereich, wie etwa in der Brauerei- und Molkereiindustrie, Potential für einen Rückstreusensor gibt.

Wie lange war die Entwicklungszeit von der Idee bis Sie das erste fertige Produkt in Händen hielten?

Die ersten Ideen und Marktanalysen haben wir bereits im Jahr 2014 gesammelt und durchgeführt. Richtig konkret haben wir das Entwicklungsprojekt dann im Januar 2016 gestartet.

Ist etwas schief gelaufen? Haben Sie irgendwann während der Entwicklungszeit gedacht: Warum das alles?

Eigentlich nicht. Wir hatten eine Idee für einen innovativen Ansatz, insbesondere im Bereich der messwertaufnehmenden Optik, den wir zum Patent angemeldet haben. Aber auch im Bereich der Messwertverarbeitung gehen wir neue Wege. Bei jeder neuen Entwicklung stößt man früher oder später auf Schwierigkeiten, die zu einer Ehrenrunde in der Entwicklung führen. Aber wir Entwickler kennen das und fürchten uns nicht davor.

Was macht Ihren Sensor zu etwas Besonderem?

Die patentierte Kugellinse vereint direkt mehrere Vorteile. Bedingt durch die spezielle Linsenform misst man direkt an der Grenzfläche zum Produkt, wodurch speziell bei hohen Trübungswerten Fehlmessungen durch eine Kombination aus Absorption und Reflektion ausgeschlossen werden. Die Kugelform verhindert zudem starke Verwirbelungen an der Grenzfläche. Eine hohe Messgenauigkeit und Reproduzierbarkeit sind die Folge. An der Kugellinse können sich, im Gegensatz zu flachen Messfenstern, keine Luftblasen sammeln und damit die Messung verfälschen. Die aus widerstandsfähigem Saphir hergestellte Linse ist unempfindlich gegenüber Abrasion und steht direkt im Messmedium, wodurch eine kontinuierliche Reinigung der Linse gewährleistet wird. Da eine Kugel gegenüber einer Scheibe druckstabiler ist, ist ein Splittern der Optik auch bei extremen Druckschlägen ausgeschlossen und damit für einen Einsatz im Lebensmittelbereich geeignet.

Was kann Ihr Produkt was Marktbegleiter nicht können?

Der Kompaktsensor EXspect275 beinhaltet eine moderne Verstärkertechnik und ist mit einem farbigen Touch-Display ausgestattet, dass eine deutliche Messwertanzeige und einfache Vorortbedienung ermöglicht. Die Prozessintegration erfolgt über einen analogen 0/4…20mA Ausgang und zwei Schaltkontakte oder digital über RS485 Modbus. Grundeinstellungen des Sensors können mit Hilfe einer Parametriersoftware vorgenommen werden. Ganz neue Wege gehen wir in Bezug auf die Überprüfung des Sensors und damit der Rückführbarkeit der Messwerte. War bei den meisten bisher eingesetzten Trübungsmessgeräten nur eine unzuverlässige Ein-Punkt-Verifizierung im destillierten Wasser möglich, so stehen für den EXspect275 verschiedene Kalibriernormale mit definierten Trübungswerten über den gesamten Messbereich zur Verfügung. Die Kalibriernormale sind in Aufsteckkappen integriert. Steckt man die Kappe auf den Sensor, kann dieser einfach überprüft und gegebenenfalls neu justiert werden. Dadurch kann die Verifizierung durch den Anwender einfach und reproduzierbar über den gesamten Messbereich durchgeführt werden.

In welchen Anwendungsbereichen wird der Sensor eingesetzt?

Der Kompaktsensor wurde genau für die Anforderungen der Lebensmittelindustrie konzipiert. Er ermöglicht dem Anwender zum Beispiel eindeutige Phasentrennungen während der CIP-Reinigung oder Hefemanagement in Brauprozessen. Natürlich lässt sich der Sensor auch in anderen Industrien, wie in Papierfabriken, zur Senkung von Produktions- und Prozesskosten einsetzen.

Wie vertreiben Sie Ihr Gerät?

Wir werden den neuen Sensor in Europa über bestehende Händler vertreiben. In Deutschland ist das für den Lebensmittelbereich zum Beispiel die Firma Seli Automatisierungstechnik, die den Sensor auf der diesjährigen Drinktec in München, Halle A3 Stand 529 präsentieren wird.

Welche besonderen Features hat er?

Mit Blick auf die Hygieneanforderung in den angestrebten Prozessen, hat die Kugellinse deutliche Vorteile gegenüber allen bisherigen Rückstreu-Messsystemen, die mit Messfenstern bestückt sind. Bei der Kugellinse gibt es keinen Rücksprung oder Spalt zwischen Optik und Gehäuse, in dem sich Ablagerungen oder Luftblasen bilden können, die zur Verfälschung von Messergebnissen führen.

Wie wird der Sensor während des Prozesses gereinigt?

Durch die Strömung wird die Optik des neuen Sensors kontinuierlich gereinigt. Mit dem neuen Sensordesign kann man jetzt auch zwischen einer neuen EHEDG-geprüften Polymer gedichteten Einbauvariante oder dem betriebsbewährten, dichtungsfreien SELI-Prozessanschlusssystem wählen. Beide Einbauvarianten passen in die gleichen Einschweißstutzen oder modularen Prozessanschlüsse. Eine Umrüstung bestehender Anlagen ist daher nicht erforderlich.

Wird der Sensor zu einer Serie ausgebaut?

Genau genommen ist der Sensor gemeinsam mit dem EXcell230, der zur Messung von Zellwachstum eingesetzt wird, der zweite Vertreter einer Serie von Sensoren. Beide basieren auf der gleichen neu entwickelten elektronischen Plattform. Weitere folgen in der nächsten Zeit.

Bildergalerie

  • Der Kompaktsensor EXspect275 beinhaltet eine moderne Verstärkertechnik und ist mit einem farbigen Touch-Display ausgestattet, das eine deutliche Messwertanzeige und einfache Vorortbedienung ermöglicht.

    Der Kompaktsensor EXspect275 beinhaltet eine moderne Verstärkertechnik und ist mit einem farbigen Touch-Display ausgestattet, das eine deutliche Messwertanzeige und einfache Vorortbedienung ermöglicht.

    Bild: Exner

  • Die aus widerstandsfähigem Saphir hergestellte Linse ist unempfindlich gegenüber Abrasion und steht direkt im Messmedium, wodurch eine kontinuierliche Reinigung der Linse gewährleistet wird.

    Die aus widerstandsfähigem Saphir hergestellte Linse ist unempfindlich gegenüber Abrasion und steht direkt im Messmedium, wodurch eine kontinuierliche Reinigung der Linse gewährleistet wird.

    Bild: Exner

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