Markus Sandhöfner ist mit diesem Beitrag im P&A-Kompendium 2020 als einer von 100 Machern der Prozessindustrie vertreten. Alle Beiträge des P&A-Kompendiums finden Sie in unserer Rubrik Menschen.
Wir befinden uns in einer Phase, in der sich der Maschinenbau neu definieren muss. Herkömmliche Maschinen können nicht mehr mit den Anforderungen der produzierenden Industrie und vor allem den Anforderungen der Konsumenten mithalten. Da ist das Bedürfnis nach immer mehr Produktvarianten, die in stark variierenden Losgrößen und sehr kurzfristig produziert werden müssen.
Ein weiterer Faktor ist der Lebenszyklus der Produkte. Während früher Produkte mehrere Jahre lang einheitlich produziert wurden, hat sich dieser Zeitraum teilweise auf ein Jahr oder weniger verkürzt. Zudem macht eine stark schwankende Produktnachfrage eine optimale Planung sehr schwierig. Und dann gibt es noch den Wunsch, kleine Sonderchargen oder sogar vollständig individuelle Produkte herzustellen.
Die „adaptive Maschine“
Das sind viele Veränderungen für Produzenten und Maschinen- und Anlagenbauer. Wir haben uns überlegt, wie wir diese Anforderungen sowie zukünftige Faktoren, die wir heute noch gar nicht kennen, technisch und wirtschaftlich erfüllen können, und uns folgende Frage gestellt: Was wäre, wenn sich die Maschine an das Produkt anpasst? Also weg von den klassischen Pfaden und auf zu einer neuen revolutionären Lösung, die diese neuen Freiheitsgerade zulässt. Wir nennen das die adaptive Maschine.
Die adaptive Maschine ist die intelligente Integration von Transportsystemen, Vision-Systemen, Robotik und digitalem Zwilling zu einer völlig neuen Gesamtlösung. Das Rückgrat des neuen Maschinentyps bilden intelligente Transportsysteme, sogenannte Tracks. Sie ermöglichen, dass jedes Produkt individuell durch den Produktionsprozess transportiert werden kann.
Zudem lassen sich zeitintensive Prozesse parallelisieren, indem der Produktfluss durch Weichen auf mehrere Bearbeitungsstationen aufgeteilt und nachher wieder zusammengeführt wird. Es ist sogar möglich, Produkte zwischen zwei Shuttles einzuklemmen und damit Produkte mit individuellen Abmessungen und Formen ohne Umrüstung zu transportieren.
Die Software passt einfach automatisch den Abstand der zwei Shuttles an das Produkt an. Ein intelligentes Vision-System erkennt automatisch Form, Orientierung und Größe eines Produkts. Es erkennt die präzise Position der Produkte auch in schneller Bewegung, da die Aufnahme zum richtigen Zeitpunkt an der exakt vordefinierten Position mit höchster Bildschärfe vorgenommen wird.
Schaltschrank und Steuerung gespart
Das Vision-System kann diese Information in weniger als einer Millisekunde an einen Roboter weitergeben. Der Roboter nimmt das Produkt blitzschnell auf und platziert es mit der gewünschten Ausrichtung auf einem Shuttle des Tracksystems. Die Integration des Roboters in die Maschine erspart einen separaten Schaltschrank sowie Steuerung und Achscontroller. Die aufwendige Programmierung wird auf Software-Parametrierung reduziert und verkürzt so Projektlaufzeiten.
Die mikrosekundengenaue Synchronisation zwischen Track, Vision-System und Roboter steigert Effizienz und Präzision der Maschinen. Der digitale Zwilling ermöglicht es, bereits vor der Produktion den vollständigen Prozess zu simulieren. So lässt sich die Leistungsfähigkeit des Systems bereits in der Konzeptphase sicher abschätzen und einfach optimieren.
Was vor Jahren noch Zukunftsmusik war, ist jetzt Realität. Wir sind sozusagen in der Zukunft angekommen.