Andy Gradel ist gelernter Maschinenbauer und leitender Ingenieur am Institut für Wasser- und Energiemanagement der Hochschule Hof. Der 30-Jährige, der vor Kurzem seine Doktorarbeit fertigstellte, beschäftigt sich seit 2016 mit der Frage, wie aus Biomasse saubere Energie und Wärme gewonnen werden kann. In Zusammenarbeit mit seinem Industriepartner, der Firma WS Wärmeprozesstechnik, gelang Gradel im Rahmen einer Promotion nun über viele Versuche die Entwicklung eines neuartigen Holzvergasers.
„Unser Vergaser basiert auf der Nutzung der prozesseigenen Holzkohle als Teerfilter“, erklärt Gradel. „Dadurch erreichen wir einen deutlich wartungsärmeren und gleichzeitig flexibleren Betrieb der Anlage. Das macht unseren Holzvergaser finanziell attraktiv.“
Für seine Forschung wurde Gradel vor Kurzem mit dem „Young Academics Award for BioEnergy 2020“ als bester Nachwuchsforscher des Bereichs ausgezeichnet. Nun möchte der gebürtige Bayreuther die Technik auf den Markt bringen.
Hoffnung für die Biogasbranche
Gradel gründete hierfür Ende 2020 die Firma BtX Energy. Als Mitgesellschafter sind die Geschäftsführer von WS Wärmeprozesstechnik Joachim Wünning und Martin Schönfelder beteiligt, die 2011 den deutschen Umweltpreis für ihre Technologie „Flox“ zur flammenlosen Verbrennung erhielten. Ebenfalls an Bord ist Prof. Tobias Plessing, wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Wasser- und Energiemanagement an der Hochschule Hof.
Neben der Weiterentwicklung des Holzvergasers bis zur Marktreife will das junge Unternehmen vor allem Wasserstoffproduktionsstätten für Biogasanlagen aufbauen. Denn wegen der auf 20 Jahre befristeten Einspeisevergütung rechnen Experten mit einem kompletten Rückbau der Biogasindustrie in den kommenden Jahrzehnten. Anschlussverträge ermöglichen derzeit oft keinen wirtschaftlichen Weiterbetrieb bestehender Anlagen. Die Lösung für das Problem will BtX Energy liefern.
Kostengünstiger als Elektrolyse
Wo und wie Wasserstoff zu wirtschaftlichen Preisen in Masse produziert werden kann, ist nach wie vor eine ungelöste Frage. „Während sich die meisten Akteure im Energiemarkt auf die Elektrolyse aus regenerativem Überschussstrom konzentrieren, werden durch die neue Technik schlüsselfertige Anlagen zur Dampfreformierung von Biogas möglich“, beschreibt Prof. Plessing von der Hochschule Hof den Vorteil der BtX-Technik. „Dies kann für die kriselnde Biogasbranche von enormem Nutzen sein.“
Die schlüsselfertige Komplettlösung kommt dabei in Form einer platzsparenden Containerlösung. Mit ihr können die Produktionskosten je Kilogramm Wasserstoff deutlich niedriger ausfallen als bei der Elektrolyse, so die Hoffnung von Gradel. Durch die dezentrale Erzeugung ließe sich zudem der aufwendige und energieintensive Straßentransport des Wasserstoffs minimieren oder bestenfalls ganz vermeiden, was sich positiv auf die Wirtschaftlichkeit der Anlage und die Gesamtenergiebilanz des Vorhabens auswirkte.
Unterstützung für Betreiber
Neben Produktion und Vertrieb der Anlagen möchte BtX Energy die zukünftigen Betreiber dazu befähigen, den Wasserstoff auf den Märkten abzusetzen. Betreiber von Biogasanlagen seien schließlich meist in der Landwirtschaft verankert und daher keine klassischen Energiehändler, erklärt Gradel. Es sei deshalb „unbedingt notwendig, sicherzustellen, dass die Anlage genug Gewinn abwirft.“
Und Gradel fährt fort: „Überall, wo Wasserstoff die Energiewende vorantreiben kann, können die Landwirtschaft, die Bioabfallverwertungsbranche sowie viele weitere Akteure ihren Beitrag leisten: dezentral, sofort umsetzbar, rund um die Uhr auf Volllast und aufgrund der direkten stofflichen Umwandlung mit bestechend hohem Wirkungsgrad. Wir wollen dabei unterstützen.“
Beispielkonzept anhand der Region Hof
Das Jungunternehmen plant, anhand der Region Hof gemeinsam mit den regionalen Playern ein Beispielkonzept für die Erzeugung und Nutzung grünen Wasserstoffs aufzusetzen. Dieses soll sich dann national oder international adaptieren lassen.
„Die Region ist wie die meisten bayerischen Regionen in Summe ländlich und landwirtschaftlich geprägt und gleichzeitig dicht mit Unternehmen im Bereich der Logistik besiedelt“, sagt Gradel. „Dies ist eine ideale Voraussetzung, um beispielhaft eine gesamte regionale Wertschöpfung von Wasserstoff aus Biomasse zu skizzieren und voranzutreiben.“ Das soll auch der Mobilitätswende in der Region einen entscheidenden Schub verleihen.
Aktuell ist die Firma auf der Suche nach Partnern aus Politik und von kommunaler Seite. Die erste Anlage zur Demonstration der Funktionsweise und Wirtschaftlichkeit für das Modellvorhaben befindet sich bereits im Bau.