Kommentar Kunststoffe umweltfreundlich verwerten

Torsten Wintergerste kam 1998 zu Sulzer und wurde 2016 zum Divisionsleiter Chemtech und zum Konzernleitungsmitglied ernannt. Er war seit 2012 Leiter von Chemtechs Geschäftseinheit Trenntechnologie für Europa, Naher Osten, Indien, Russland und Afrika. Zuvor war er in verschiedenen Management-Positionen tätig.

Bild: Sulzer
24.10.2019

Angesichts schwindender Ressourcen, wachsender Müllberge und überlasteter Ökosysteme befassen wir uns mehr und mehr mit Prozessen und Verfahren, die zur Lösung menschengemachter Probleme beitragen können. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Herstellung und dem Recycling von Kunststoffen.

Torsten Wintergerste war mit diesem Beitrag im P&A-Kompendium 2019 als einer von 100 Machern der Prozessindustrie vertreten. Alle Beiträge des P&A-Kompendiums finden Sie in unserer Rubrik Menschen .

Ein Kunststoff, der schon länger im Fokus unseres Interesses liegt, ist die Polymilchsäure oder Polylactid (PLA). Sie kann aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden, ist zu 100 Prozent in die ursprüngliche Form recycelbar und lässt sich in industriellen Kompostieranlagen biologisch abbauen.

PLA besitzt mechanische und thermische Eigenschaften, die mit denen ölbasierter Kunststoffe vergleichbar oder ihnen sogar überlegen sind. Fasern, Vliesstoffe, Folien oder Gussteile lassen sich daraus herstellen. Dank seiner Biokompatibilität kann PLA auch problemlos für medizinische Zwecke eingesetzt werden. Außerdem findet PLA aufgrund seines niedrigen Schmelzpunkts und seiner Fließeigenschaften als Rohstoff für den 3D-Druck im Heimbereich Anwendung.

PLA-Prozess für die Industrie optimiert

Obwohl das Herstellungsverfahren schon 1954 entwickelt wurde, dauerte es noch fast 50 Jahre, bis dieser Kunststoff in größeren Mengen verfügbar war. Unser Unternehmen hat maßgeblich dazu beigetragen, den PLA-Prozess für den industriellen Einsatz zu optimieren. So spielt der Sulzer-Fallfilmkristallisator eine Schlüsselrolle bei der Monomerreinigung, der SMR-Mischreaktor ist wichtig für die Ringöffnungspolymerisation und unsere Entgasungstechnologie sorgt für eine effiziente Monomerrückgewinnung.

Mit unserer langjährigen Erfahrung in der Lactidreinigung und der PLA-Polymerisation bieten wir heute verfahrenstechnisches Know-how und Schlüsselkomponenten für die Herstellung von PLA. Anlagen mit einer Produktionsmenge bis zu 100.000 t pro Jahr sind möglich.

Kunststoffabfälle in Chemikalien umwandeln

Wir widmen uns auch den nicht recyclebaren Kunststoffen, die möglichst nicht in der Müllverbrennung oder in der Umwelt landen sollten. Wir arbeiten zum Beispiel mit einem Start-up für chemisches Recycling zusammen, das sich dem Kampf gegen die Umweltverschmutzung durch Kunststoffe verschrieben und ein Verfahren entwickelt hat, das gemischte Kunststoffabfälle in wertvolle Chemikalien und Brennstoffe verwandelt und in die petrochemische Versorgungskette zurückführt. Damit soll nicht nur die Menge nicht recycelter Kunststoffabfälle, sondern auch der Öl- und Gasverbrauch reduziert werden. Das neue Verfahren besteht aus zwei Depolymerisationsschritten zur Herstellung von Alkanen und einer Destillationsstufe zur Trennung verschiedener Kohlenwasserstofffraktionen.

Sulzer hat die komplexe Destillationseinheit für die erste Großanlage konzipiert und schlüsselfertig auf Skids aufgebaut. Wir haben damit entscheidend zur schnellen und erfolgreichen Fertigstellung der Anlage beigetragen, die pro Tag 60 t nicht recycelbaren Kunststoff zu 48 t Kohlenwasserstoffen verarbeiten kann. Jetzt diskutieren wir gemeinsam mit dem Start-up aus Dänemark über weitere Zukunftspläne und wollen diesen Prozess gemeinsam weltweit verfügbar machen.

Unser Portfolio umfasst eine lange Reihe weiterer Beispiele, die zeigen, wie Know-how und Innovationsfähigkeit zu Problemlösungen führen, die Ressourcen schonen und gleichzeitig wirtschaftlich sind. Diese Lösungen stärken unsere Zukunftsfähigkeit und ebenso die unserer Kunden.

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