Herr Dr. Reichelt, was zeichnet einen Schlauch aus, der im Lebensmittelbereich eingesetzt wird?
Sowohl der Hersteller von Lebensmittelschläuchen wie auch die verarbeitende Lebensmittelindustrie stehen hier vor einer großen Herausforderung. Alle zu fördernden Substanzen, die in Kontakt mit Lebensmitteln kommen, müssen speziellen Anforderungen genügen, die vom Gesetzgeber vorgegeben werden. Bei den Förderschläuchen muss es sich um sogenannte „lebensmittelechte“ Werkstoffe handeln, die richtlinienkonform sind und dementsprechend die Qualität der Nahrungsmittel nicht beeinträchtigen. Das bedeutet, dass weder Geruch noch Geschmack in irgendeiner Weise verändert wird – lebensmittelechte Schläuche werden in der Regel aus EPDM, EPDM/PP, NBR oder PTFE in unterschiedlichen Modifikationen hergestellt.
Welche gesetzlichen Vorgaben müssen die Schläuche erfüllen?
Der Gesetzgeber macht klare Vorgaben für Schlauchmaterialien, die mit Lebensmitteln in direkten Kontakt kommen. Hierzu gehört die EU-Rahmenverordnung 1935/2004. Hier sind allgemeine, grundlegende Bedingungen genannt, die Materialien erfüllen müssen, wenn sie mit Lebensmitteln in Kontakt kommen. Des Weiteren wird in der EU-Verordnung 10/2011 auf spezielle Regelungen verwiesen, die für Behältnisse aus Kunststoff gelten, sofern sie in der Lebensmittelindustrie oder Lebensmittelproduktion zum Einsatz kommen. Als Handlungshilfe bietet das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) eine öffentlich zugängliche Datenbank an, die Empfehlungen für Materialien gibt, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen. Zudem gibt es mit dem „Glas/Gabelzeichen“ ein öffentliches Lebensmittellogo der EG, mit dem ein lebensmittelechter Schlauch gekennzeichnet wird. Der Anwender sollte immer danach fragen, ob der ausgewählte Lebensmittelschlauch FDA- beziehungsweise BfR-konform ist und der USP Class VI entspricht.
Wofür genau werden Schläuche in der Lebensmittelindustrie eingesetzt?
Lebensmittelechte Schläuche kommen beispielsweise zur Förderung von Milchprodukten wie Joghurt und Molke sowie zum Leiten von Bier, Wein und Softdrinkerzeugnissen zum Einsatz. So kommen in der Lebensmittelverarbeitung Lebensmittelschläuche als Förderschläuche zur Anwendung, die für den Transport und die Leitung einer Vielzahl von festen und flüssigen Lebensmitteln genutzt werden. Es muss gemäß den BfR- wie auch FDA-Regelwerken sichergestellt sein, dass die Transportkette, beginnend beim Milchbauern und endend im Molkerei-Verarbeitungsbetrieb nicht unterbrochen wird.
Was muss ein solcher Schlauch leisten?
Beim Einsatz von Förderschläuchen für Lebensmittel ist darauf zu achten, dass die Schläuche eine absolut glatte Oberfläche aufweisen und eine gut zu reinigende Innenoberfläche besitzen. Das beugt der Ansiedlung von Mikroorganismen vor. Wichtige Kriterien bei der Auswahl der Schläuche sind einerseits die Temperaturkonstanten der ausgewählten Schläuche, das heißt ihre Temperaturbeständigkeit und gleichzeitig die damit zusammenhängende mögliche Druckbelastung. So bieten wir beispielsweise EPDM-Molkerei-Lebensmittel-Hochleistungs-Temperatur-Druckschläuche an, die für einen maximalen Betriebsdruck von 6 bar bei 164 °C noch absolut druckfest sind und dies für den gesamten Bereich aller Schlauchgrößen, beginnend mit DN 10 bis DN 50.
Welches Material eignet sich am besten für welche Anwendung?
Wenn es darum geht, fetthaltige Lebensmittel zu fördern, stehen NBR-Getränkeschläuche beziehungsweise NBR-Lebensmittelschläuche zur Verfügung. Zum Transport von fetthaltigen Lebensmitteln kann man natürlich auch Schläuche mit einem PTFE-Innenmantel oder ein PTFE-Wellrohr einsetzen, aber auch Schläuche aus EPDM, die den gleichen Medienanforderungen genügen. Anderseits gibt es FDA-konforme Schläuche aus PVC-P, die den Regelwerken entsprechen sowie geschmack- und geruchlos wie auch physiologisch unbedenklich sind – zur Förderung von fetthaltigen Nahrungsmitteln aber nicht geeignet sind.
Muss ein Schlauch speziell beschaffen beziehungsweise aufgebaut sein, damit er sich für den Einsatz im Lebensmittelbereich eignet?
Man unterscheidet zwischen Lebensmittelschläuchen, die aus einem einzigen Material bestehen und solchen Schläuchen, bei denen das Innere und der Außenmantel aus unterschiedlichen Werkstoffen gefertigt sind. Als Beispiel sei die Gruppe der Silikonschläuche angeführt, die ideale Lebensmittelschläuche sind, den FDA- sowie BfR-Regelwerken entsprechen, ebenfalls hochtemperaturbeständig sind, jedoch keinerlei Druckanforderungen genügen – es sei denn, sie sind mit einem Gewebegeflecht verstärkt. Andererseits gibt es Lebensmittelschläuche als reine Kunststoffschläuche, die den Regelwerken und hohen Druckvorgaben entsprechen, die alterungs-, witterungs- und ozonbeständig sind und gegenüber den meisten Chemikalien bestehen, die jedoch lediglich Temperaturbereiche von -40 bis 60 °C abdecken und die aufgrund ihrer Shore-Härte D mechanisch schwer handhabbar sind; sie sind nicht weich und nicht flexibel.
Was ist mit Schläuchen aus anderen Materialien?
Wenn man EPDM/PP-Schläuche/Santoprene-Schläuche, ein thermoplastisches Elastomer, auswählt, hat man einen Hochleistungsschlauch mit einer absolut geringen Gaspermeabilität, der FDA- und BfR-konform ist, sich durch einen hohen Temperaturbereich von -40 bis 135 °C auszeichnet, der jedoch für Druckanforderungen nicht geeignet ist. Es sei denn, man nimmt einen EPDM/PP-Schlauch mit einer Polyestergeflechteinlage als Druckträger. Doch auch hier liegt der maximale Arbeitsdruck nur zwischen 11 und 17 bar bei 20 °C. Entscheidet man sich hingegen für Wellschläuche/Wellrohre aus PTFE, kann man das gesamte Anforderungsprofil abdecken, das in Frage kommen könnte: einerseits die Konformität der Schläuche, den Temperaturbereich zwischen -20 und 150 °C, die chemische Beständigkeit gegenüber annähernd sämtlichen anorganischen und organischen Medien sowie den maximalen Betriebsdruck von 16 bar bezogen auf 20 °C. Hinzu kommt die annähernd absolute Gasdichte des PTFE-Wellrohrs.
Eine Globallösung scheint es also nicht zu geben.
Nein. Vielmehr sind für jeden Einzelfall spezifische Beratungen nötig, die alle Parameter einbeziehen, die vom Anwender gefordert werden.
Welche Hilfestellung bieten Sie an, damit Anwender den passenden Schlauch für ihre Anforderungen finden?
Für die anwendungstechnische Beratung stehen Techniker und unsere Ingenieure zur Verfügung, die sach- und fachkundige Auskunft geben. Doch schon im Vorfeld bieten wir dem Anwender über unsere Homepage www.rct-online.de Hilfe an. Er findet hier eine Datenbank, über die er die chemische Beständigkeit der Kunststoffe abprüfen kann. So kann der Anwender entweder die Chemikalie eingeben, dann werden ihm die entsprechend beständigen Kunststoffe angezeigt, oder er gibt den Kunststoff in die Datenbank ein und erhält dann eine Auswertung der Chemikalien, gegenüber denen der Kunststoff beständig ist. Weiterhin bieten wir dem Anwender einen Druckrechner an, über den er die Druckbeständigkeit von PTFE-Schläuchen in Abhängigkeit zur Einsatztemperatur berechnen lassen kann. Unsere Handbücher, die wir monatlich in zwölf Fachzeitschriften beilegen, präsentieren unser Gesamtprogramm. Jedes Produkt wird nach den Kriterien Produktspezifikation sowie Technische Spezifikation aussagefähig vorgestellt. So hat es der Anwender leicht, unser Programm im Vorfeld zu bewerten. Als weitere Hilfestellung bieten wir ein Online-Magazin für Labor- und Chemietechnik an, zu finden unter www.rct-online.de/magazin. Hier gibt es zum Beispiel Beiträge zu Themen wie „Was bedeutet FDA-konform?“ sowie „USP Class VI Zulassung – was heißt das?“.