Abfüll-, Palettier- und Verpackungstechnik in der Baustoffindustrie Mit Sack und Pack

Hoch und mächtig steht den Weiten der Rheinebene das Bergpanorama mit den Chrüzbergen, Stauberen und Hohem Kasten gegenüber. Hier in Sennwald im Schweizer Kanton St. Gallen hat der österreichische Baustoffhersteller Röfix einen seiner fünf Schweizer Standorte errichtet. „Wir stellen hier unser komplettes Sortiment her“, erklärt Josef Sennhauser, CEO Röfix (Schweiz). „Unter den rund 200 verschiedenen Baustoffen befinden sich Feinputze, verschiedene Betonarten, Mauermörtel, Estrich und Kleber“, wirft Werksleiter Gerhardt Welte ein – also Produkte mit völlig unterschiedlichen Fließeigenschaften.

Heterogenes Portfolio

Und genau hier liegt die Herausforderung: Denn neben der hohen Materialqualität müssen Baustoffhersteller gewährleisten, dass die Produktpalette in ihrer ganzen Breite pünktlich und zuverlässig zu den Händlern und Endkunden geliefert werden kann. „Termintreue ist ein ganz entscheidender Faktor für Kundenzufriedenheit“, betont Sennhauser. Dazu benötigte die Röfix-Niederlassung in Sennwald eine Verpackungslinie, mit der sich die unterschiedlichen Materialien schnell und flexibel in Säcke füllen, die Säcke palettieren und anschließend die fertigen Stapel in eine Stretch-Haube verpacken lassen. In der Vergangenheit war es immer wieder zu Ausfällen an einzelnen Maschinen gekommen, und bei Produktwechseln musste die bestehende Linie aufwendig umgestellt werden.

In anderen Werken hatte Röfix bereits gute Erfahrungen mit Lösungen der Beumer Group gesammelt. Entsprechend lag es nahe, den Komplettanbieter für Abfüll-, Palettier- und Verpackungstechnik für die geplante Verpackungslinie ins Boot zu holen. Zentrale Anforderungen an die neue Linie waren neben der Flexibilität eine wirtschaftliche Arbeitsweise, eine hohe Wartungsfreundlichkeit und ein umfassender Customer Support. Beide Unternehmen waren sich über Umfang und Terminierung schnell einig – und so konnte die Zusammenarbeit beginnen.

Bis zu 1.800 Säcke pro Stunde befüllen

Aufgrund der breiten Produktpalette installierte Beumer eine nach dem Luftfüllprinzip arbeitende Abfüllanlage vom Typ Beumer Fillpac R. Die Säcke werden während des Füllvorgangs gewogen – für diesen Zweck ist die Fillpac-Anlage mit einer eichfähigen elektronischen Wägeeinrichtung ausgestattet. So ist sichergestellt, dass die Säcke stets mit der gleichen Menge befüllt werden. Eine spezielle Software ermöglicht den permanenten Abgleich des Gewichts zwischen Füllstutzen und Waage. Die Anlage verschließt die Säcke per Ultraschall. Durch diese sehr sauber arbeitende Technik werden optimale Ergebnisse erzielt und Produktansammlungen rund um das Ventil vermieden.

Die Beumer-Anlage lässt sich auf Grund ihrer Modulbauweise gut in bestehende Linien integrieren. Mit dem Sackaufstecker „Beumer bag placer“ und einem Sackbündelmagazin wird die Abfüllanlage noch effizienter. Servomotoren treiben das Andrückelement und den Sauggreifer automatisch positionsgenau und energieeffizient an. Das Greif- und Aufstecksystem schießt die Säcke sicher vom Stapel auf den Füllstutzen. Pro Stunde lassen sich so mit hoher Genauigkeit 1.200 Säcke befüllen – mit einer Erweiterung wären sogar bis zu 1.800 Säcke möglich. „Der Anwender kann den Sackaufstecker auch leicht an andere Sackformate anpassen“, erklärt Denis Sielemann, Senior Sales Manager bei Beumer. „Dies steigert die Flexibilität der Anlage zusätzlich.“

Um die Säcke anschließend vollautomatisch, zuverlässig und vor allem schnell zu palettieren, installierte Beumer einen Lagenpalettierer vom Typ Beumer Paletpac. Diese Anlage stapelt die Säcke exakt Lage für Lage im Sechserverband auf die Paletten. „Um die Säcke formstabil in die geforderte Position zu drehen, verfügt die Anlage über eine Doppelbanddrehvorrichtung“, erläutert Sielemann. „Dies bietet in Bezug auf die Positioniergenauigkeit einen immensen Vorteil gegenüber herkömmlichen Drehverfahren.“

Die Paletpac-Anlage bewegt die Säcke, ohne sie mechanisch zu verformen. Stattdessen kommen zwei parallel angetriebene Gurtförderer zum Einsatz, die mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten fahren und dadurch die Drehung der Säcke bewirken. So werden die Säcke besonders schonend in die gewünschte Position gebracht. Die intelligente Steuerung der Doppelbanddrehvorrichtung bezieht die Maße und das Gewicht der Säcke mit ein, wodurch eine exakte Positionierung entsprechend des jeweils vorgegebenen Packmusters gewährleistet ist. Und das Beste daran: Bei einem Produktwechsel muss die Anlage nicht an geänderte Parameter angepasst werden – das spart Zeit und damit Kosten.

Schnell und sicher verpackt

Über Rollenbahnen gelangen die fertigen Sackstapel zur Verpackungsanlage vom Typ Beumer Stretch Hood A. „Diese Anlage lässt sich besonders einfach und sicher bedienen“, erläutert Denis Sielemann. Um die Arbeit für das Wartungspersonal zu erleichtern, kommt die Verpackungsanlage komplett ohne Bühne aus. Instandhaltungsarbeiten wie das Wechseln von Messern oder Schweißbalken erfolgen auf Bodenniveau. Ein weiterer Vorteil ist die kompakte Bauweise der Anlage – und damit einhergehend eine geringe Bauhöhe und Aufstellfläche.

Ein materialschonendes Folientransportsystem führt der Anlage die zuvor zugeschnittene und verschweißte Folienhaube zu. Die Schweißnaht der Folienhaube kühlt bereits auf dem Weg zur Reff- und Stretch-Einheit ab, so dass diese umgehend aufgerefft werden kann. Dadurch entfallen sowohl eine energieaufwendige Kühleinheit als auch effizienzmindernde Kühlzeiten. „Die Verpackungsanlage ist schnell auf verschiedene Folientypen umstellbar“, sagt Sielemann – dies steigert die Flexibilität der Gesamtanlage weiter.

Am Ende der Linie nimmt ein Mitarbeiter mit einem Stapler die fertig verpackten Paletten von der Rollenbahn und fährt sie zum Warenausgang. Dort stehen sie dann zur Abholung bereit. „Wir verarbeiten 50 bis 60 Paletten in der Stunde“, freut sich Josef Sennhauser. „Und bei Bedarf lässt sich dies noch weiter steigern.“

Alles unter Kontrolle

Damit die Mitarbeiter alle Anlagen in der Linie einfach und schnell bedienen können, hat der Systemanbieter sie mit dem Beumer Human Machine Interface (HMI) ausgestattet. Das HMI bietet dem Personal ein intuitives Interaktionskonzept, mit dessen Hilfe sich die Arbeitsabläufe effizient und bei allen Maschinen in gleicher Weise gestalten lassen. Visualisierungen veranschaulichen, was wo und wie einzustellen ist. Der Bediener kann zum Beispiel Videosequenzen abrufen, die den Folienrollen- und Folienmesserwechsel zeigen. Für andere Einrichtungsarbeiten wie etwa die Sackkorrektur bietet das HMI Grafiken und Schritt-für-Schritt-Anleitungen.

Die größte Herausforderung bei diesem Projekt bestand darin, die Verpackungslinie in die bereits bestehenden Gebäude über drei verschiedene Ebenen einzuplanen. Doch die erfahrenen Beumer-Ingenieure haben alle dabei auftretenden Hürden bravourös gemeistert – nicht zuletzt, weil es sich bei den eingesetzten Anlagen um flexible Lösungen handelt, die leicht an bautechnische Anforderungen angepasst werden können.

Keine Stillstände

Die Verpackungslinie ist seit 2016 im Einsatz. Seither gab es am Röfix-Standort Sennwald noch keine Stillstände und die Mitarbeiter haben ein hohes Maß an Flexibilität bei der Produktionsumstellung – genau, was Röfix wollte. Sollten in Zukunft dennoch Unstimmigkeiten auftauchen, können sich die Röfix-Verantwortlichen sicher sein, dass Beumer sie nicht im Regen stehen lässt: Bei Bedarf schalten sich die Servicemitarbeiter von der Beumer-Zentrale in Beckum per Fernwartung auf und helfen schnell und unkompliziert.