„Kläranlagen gehören zu den größten Energieverbrauchern einer Kommune“, bringt es Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel auf den Punkt. Er sieht dabei viele Möglichkeiten, Energie effizienter zu nutzen. Hierzu zählt die Eigenstromerzeugung mit Blockheizkraftwerken genauso, wie die Erschließung von Abwärme oder der Einsatz technischer Systeme, die mit hohem Wirkungsgrad arbeiten. Die energetische Modernisierung von Kläranlagen kommt der gesamten Bevölkerung zugute. In der Kläranlage Emsbüren hat der Wasserverband Lingener Land deshalb jetzt in neue Gebläsetechnik für das Belebungsbecken investiert. Das Turbogebläse von Aerzen spart im Vergleich zum alten Aggregat täglich zwischen 100 und 200 kWh Strom ein.
Vier Kläranlagen zählt der Wasserverband in den Orten Lengerich, Freren, Spelle und Emsbüren. Angeschlossen sind rund 35 000 Bürger in knapp 12 000 Haushalten. Die Kläranlage in Emsbüren ist mit einer Kapazität von 16 000 Einwohnergleichwerten die größte. Hier versorgt das Turbogebläse von Aerzen als kompakte Einheit das Belebungsbecken zyklisch mit Sauerstoff für die Oxidation von Ammonium zu Nitrat. Der Modernisierung war bereits im Jahr 2015 die Ausrüstung des sechs Meter tiefen Beckens mit modernen Streifenbelüftern eines Herstellers aus Österreich. Die Energieeinsparungen der Kläranlage von 30 Prozent – bezogen auf den Gesamtbetrieb – sind nach Einschätzung von Hermann Schräer, Klärfacharbeiter vor Ort, vor allem auf das neue Belüftungskonzept zurückzuführen.
Modernisierung mit großer Wirkung
„Wir sind bei der Reinigung jetzt so produktiv, dass wir von unseren zwei Belebungsbecken eines außer Betrieb nehmen konnten“, erklärt Schräer. Und diese Steigerung der Effektivität verbessert direkt die Ressourceneffizienz – zum Beispiel auch, weil jetzt nur noch ein Tauchmotorrührwerk laufen muss und nicht mehr zwei. „Das Rührwerk hat zwar nur 3 kW Leistung. Aber diese 3 kW rechnen sich eben auch über die lange Betriebszeit“, betont Schräer. Schließlich sind die Rührwerke rund um die Uhr in Betrieb, weil in Emsbüren die Belüftung der Biologie nicht in unterschiedlichen Zonen eines Beckens erfolgt, sondern intermittierend in einem Becken. Dieses hat bei einem Durchmesser von 24 m eine Kapazität von 2500 m3.
Das Turbogebläse vom Typ TB 50-0.8S liefert mit seiner elektrischen Motorleistung von 42 kW und der Maximaldrehzahl von 42 000 U/min einen Volumenstrom bis 2000 m3 in der Stunde. Das in Emsbüren direkt neben dem Belebungsbecken in einem Kompaktgebäude aufgestellte Turbogebläse überwindet in dieser Leistungsklasse bis zu 800 mbar Differenzdruck. Dieser Wert reicht aus, weil der maximale Gegendruck am Boden der Biologie mit sechs Metern Wassertiefe 600 mbar beträgt. Da die Luftversorgung nur wenige Meter vom Becken entfernt platziert ist, erhöht sich der Wirkungsgrad ein weiteres Mal. Die kürzeren Rohrleitungen senken die Reibungsverluste und sorgen damit für einen geringeren Strömungswiderstand im Netz.
Sauerstoffsättigung im Griff behalten
Der zyklische Abbau des im Abwasser in Ammonium- und Nitratverbindungen gebundenen Stickstoffs macht es notwendig, dass sich belüftete und unbelüftete Phasen zeitlich abwechseln. Aktuell ist der Tagesbetrieb von neun solcher Belüftungszyklen bestimmt. Die Leistung des Turbogebläses wird dabei innerhalb der Redox-Kurve über den aktuellen Ist-Wert der Sauerstoffsättigung im Wasser gesteuert.
„Für die Nitrifikationsphase hat sich bei uns eine Sauerstoffkonzentration von 2 mg/l bewährt. Wenn dieser Wert erreicht ist, reduziert die SPS die Leistung des Turbos“, erklärt Hermann Schräer. Würde der Abwasserbetrieb mehr Luft einblasen und die Sauerstoffkonzentration etwa auf 3 mg/l erhöhen, sei dieses einerseits Geldverschwendung und andererseits würde sich die Zeit bis zum anaeroben Nitratabbau verlängern.
Generell gilt für Emsbüren, dass die Kläranlage einen CSB Wert von 70 mg/l einhalten muss, im Durchschnitt aber bei 40 mg/l liegt. Die jetzt verfügbare Technik bewertet Schräer deshalb auch „als sehr gute Lösung vor allem für kleine Kläranlagen“. Während eines Belüftungszyklusses startet das Turbogebläse dafür zunächst einige Minuten mit 100 Prozent Leistung, um Bewegung ins Becken zu bekommen.
Energetisch optimierter Turbo
Die restliche Zeit läuft die Einheit energetisch optimiert mit etwa 60 Prozent der Maximalleistung. Die Zeitfenster der aeroben und anaeroben Phasen sind aktuell auf etwa zwei Stunden fixiert. Während der Nacht mit geringen Zuläufen gelten längere Zeiträume und der deutlich niedrigere Luftbedarf wird von einem kleinen Drehkolbengebläse gedeckt. Das Turbogebläse bildet beim Wasserverband Lingener Land den Kern der Biologie „und läuft super“, sagt der Klärfacharbeiter. Der Betrieb gestaltet sich dabei gegenüber der ausgetauschten Technik mit einem Turbogebläse älteren Baujahres sicher und energieeffizient.
Der neue Turbo startet mit 42 kW Leistung und regelt dann herunter auf 23 kW. Weil Energieeffizienz immer auch eine richtige Auslegung zum notwendigen Luftbedarf bedeutet, ist die Gebläsekapazität exakt für dieses Becken ausgelegt. Das Altgebläse aus dem Jahr 2001 war wiederum recht üppig dimensioniert und hatte eine Anschlussleistung von mehr als 70 kW – zu viel für die 2500 m3 messende Belebung mit ihrem 6 m tiefen Becken mit einem Durchmesser von 24 m.
Die Kläranlagen in Emsbüren zeigen, welchen energetischen Vorteil Turbogebläse auch in vergleichsweise kleinen biologischen Becken bieten. Der robuste Aufbau der Aerzen TB-Reihe macht es zudem möglich, den sonst üblichen Dauerbetrieb zu verlassen und den Turbo stattdessen auch zyklisch zu betreiben. Dieses Verfahren schafft damit die Grundlage für eine einfache und effektive Modernisierung kleinerer kommunaler Kläranlagen auf dem Land. Beim Wasserverband Lingener Land sind die nächsten Projekte bereits in Planung.