Mit der Entwicklung der FDI-Technologie (FDI: Field Device Integration) wurde ein außergewöhnliches Zeichen gesetzt. Nicht nur, weil die Technologie in Zukunft die Geräteintegration erheblich erleichtern wird. Sondern – und insbesondere – auch, weil FDI das gemeinsame Ergebnis einer vertrauensvollen und intensiven Arbeit von Herstellern und Organisationen für die industrielle Kommunikation ist. Motiviert wurde sie durch das starke Anwenderinteresse an einer einheitlichen und praxisgerechten Integrationstechnologie für die Prozessautomatisierung.
Alle Beteiligten haben an einem Strang gezogen, um dieses Projekt erfolgreich abzuschließen. Es liegen mehrere Jahre einer spannenden Zeit hinter ihnen, die zu einem Wendepunkt in der Geräteintegration in der Prozessautomatisierung führen dürften.
Nach Abschluss der Arbeiten und Freigabe der FDI-Spezifikation durch die beteiligten Organisationen wurde FDI in der IEC (International Electrotechnical Commission) als internationaler Standard IEC 62769 erfolgreich genormt. Parallel dazu wurde zum einen die EDDL-Spezifikation aktualisiert und in eine neue Version der IEC 61804 zur Normung gebracht. Zum anderen wurde die erste Version der zugehörigen FDI-Entwicklungsumgebung (IDE, Integrated Development Environment) und eine Standard-Host-Komponente implementiert und für den Gebrauch freigegeben. Damit erhalten Hersteller von Automatisierungstechnik bei der Entwicklung FDI-kompatibler Feldgerätetreiber und Host-Systeme maßgebliche Unterstützung.
Die FDI-Spezifikation wird über die Webseiten von FieldComm Group und PI zur Verfügung gestellt. Erste prototypische Implementierungen gab es schon auf der Hannover Messe und der Achema in Frankfurt zu sehen. Die Namur hat im Rahmen der vergangenen Hauptversammlungen über die Fortschritte im FDI-Projekt ausführlich berichtet.
Bewährtes beibehalten, Nutzung vereinfacht
Das Ziel bei der Entwicklung von FDI war eine konsequente Vereinfachung der Geräteintegration unter den Randbedingungen maximale Hersteller-Neutralität sowie Verwendung von bewährten Elementen der bisherigen Technologien. Die dabei entstandene Lösung besitzt eine Reihe von wegweisenden Eigenschaften.
Der Kern von FDI besteht in der Spezifikation einer Architektur für sogenannte Device Packages. Ein Feldgerät wird durch genau ein Device Package auf Basis einer binär-codierten Datei gemäß IEC 29500 (Containerformat, Open Packaging Conventions) dargestellt. Das Device Package enthält die Beschreibung aller Daten und Funktionen des Geräts auf Basis einer harmonisierten EDDL sowie eine Beschreibung der Bedienoberfläche (User Interface, UI).
Dafür musste zunächst eine Harmonisierung der vormals verschiedenen EDDL-Dialekte vorgenommen werden, die seitens der Hersteller aus historischen Gründen für die unterschiedlichen Kommunikationsprotokolle, wie Profibus, Hart und Foundation Fieldbus, genutzt werden mussten.
Die Folge war, dass eine Vielzahl von Gerätebeschreibungen erzeugt und verwaltet werden mussten, was den Aufwand beim Anwender in die Höhe trieb. Zusätzlich zu den genannten Elementen kann das FDI Device Package noch weitere Daten und Dokumente in Form von Attachments zur Bereitstellung von Zusatzinformationen wie Handbücher, Zertifikate, Kataloginformationen usw. enthalten. Optional können in einem FDI Device Package mittels DTM-ähnlichen „User Interface Plugins“ weitere Funktionen wie zum Beispiel die Ventildiagnose beigefügt werden.
Zur Unterstützung von Geräteherstellern bei der Integration von FDI in deren Feldgeräten hat man eine protokollübergreifende Entwicklungsumgebung (Integrated Development Environment, IDE) bereitgestellt, die eine effiziente Entwicklung, Test und Generierung von FDI Device Packages unterstützt. Sie ermöglicht es Geräteherstellern, FDI Device Packages für Profibus-, Profinet-, Foundation-Fieldbus- und Hart-Geräte durch vereinheitlichte Prozesse zu erstellen. Mit diesen Tools können Gerätehersteller existierende EDDs mit geringem Aufwand in ein FDI Device Package überführen.
Ein weiteres wesentliches Ergebnis bei FDI besteht in der Festlegung einer Architektur für sogenannte FDI-Host-Komponenten, die eine gleichartige Bearbeitung der Geräteintegrationspakete in verschiedenen FDI-Hosts ermöglichen. Die im Rahmen der Aktivitäten erfolgte Implementierung einer solchen Komponente soll den Host-Herstellern als Referenz bei der Implementierung von FDI in ihren Tools dienen.
Zur Optimierung der Anwenderunterstützung sind einheitliche Bedienoberflächen von großer Relevanz. Der FDI Usability Style Guide empfiehlt und dokumentiert bewährte Vorschläge zur Gestaltung der Bedienschnittstelle für FDI Device Packages und sorgt damit für deren einheitliches Aussehen.
Enabler für Industrie 4.0?
Es mag überraschend klingen, aber FDI ist auch in Bezug auf Industrie 4.0 richtungsweisend. Die Client/Server-Architektur der FDI-Technologie bietet mit ihrem Geräteinformationsmodell alle Funktionen zur Modellierung realer Geräte als virtuelle Objekte. So fügt sich die FDI-Technologie nahtlos in das Referenzarchitekturmodell für die Industrie 4.0 (RAMI) ein, das die deutschen Verbände Bitkom, VDMA und ZVEI in ihrer Umsetzungsstrategie für die Industrie 4.0 beschreiben.
Hintergrund ist, dass anhand eines solchen Referenzarchitekturmodells (RAMI) Aufgaben und Abläufe in überschaubare Teile zerlegt werden können. Im Detail werden in der senkrechten Achse des Modells Layer/Schichten der unterschiedlichen Sichtweisen, wie etwa Datenabbild, funktionale Beschreibung, Kommunikationsverhalten, Hardware/Assets oder auch Geschäftsprozesse, verwendet. Der Produktlebenszyklus wird auf einer waagrechten Achse dargestellt, und die Zuordnung von Funktionalitäten und Verantwortlichkeiten innerhalb der Fabriken ist auf einer dritten Achse angesiedelt.
Das Modell fordert einen rückwirkungsfreien Zugriff auf die Informationen der Industrie 4.0-Komponente. Bedeutend in diesem Zusammenhang ist, dass diese Daten im Laufe des Lebenszyklus' in einer Art abgesicherten Container gesammelt werden, sodass andere Unternehmen, Maschinen und Anlagen auf diese Daten rückwirkungsfrei zugreifen können. Dieser Teil wird im RAMI-Modell als Verwaltungsschale bezeichnet, welche das digitale Gegenstück zum realen Objekt darstellt. Zur Freude der FDI-Verfechter wird in der Umsetzungsstrategie FDI als Beispiel aufgeführt.
Das Referenzarchitekturmodell ordnet die FDI-Technologie dem Integration Layer und dem Functional Layer zu. In einem realen Gerät würden beispielsweise im Integration Layer Profibus und Profinet Funktionen zur Verfügung stellen, zum Beispiel zur Diagnose und für Alarme. Ein Gerät reagiert in diesem Beispiel auf eine Störung als Ereignis in der realen Welt, indem es eine Aktion in der digitalen Welt ausführt. Im Functional Layer stellen die Profile spezielle Funktionen zur Verfügung. In dieser Ebene könnte beispielweise das Profil Profienergy den Befehl zum Abschalten eines Geräts geben, wenn es für den anstehenden Produktionsschritt nicht mehr benötigt wird.
FieldComm Group und PI unterstützen Markteinführung
Auch wenn die Ziele der FDI Cooperation, LLC erreicht wurden, steht mit der Etablierung der FDI-Technologie auf dem Markt noch eine wichtige Aufgabe an. Die Beteiligten sind sich dieses Schrittes bewusst und sind dabei, die Randbedingungen für eine gemeinsame Weiterarbeit zu etablieren. Die Arbeitsergebnisse und IPs wurden an die beteiligten Organisationen übertragen. FieldComm Group, FDT Group, OPC Foundation und PI werden gemeinsam die FDI-Spezifikation pflegen und weiterentwickeln. Die Pflege, Weiterentwicklung und Vermarktung der Tools and Components (IDE und Host-Komponente) und der EDDL-Spezifikation wird durch die FieldComm Group und PI erfolgen. Die Infrastruktur für die anstehenden Arbeiten stellt die FieldComm Group bereit. PI wird an allen relevanten Arbeiten mit eigenen Experten vertreten sein.
Zur Weiterentwicklung und Pflege gehören auch die anwenderseitig geforderten Zertifizierungstests zur Sicherung der Interoperabilität, wie sie bei PI in akkreditierten, herstellerneutralen Prüflaboren üblich sind und durch Zertifikate belegt werden. Hierzu wurden in der FDI Cooperation LLC einheitliche Testspezifikationen und Test-Tools erstellt, an denen die beiden Organisationen FieldComm Group und PI gemeinsam weiter arbeiten. Ziel ist die Etablierung von einheitlichen Zertifizierungsvorschriften für FDI Device Packages und FDI Hosts.
Die Prozesse in den Testlaboren führen die jeweiligen Organisationen gemäß der bereits eingeführten spezifischen Strukturen und Gremien ein. Die akkreditierten PI-Testlabore werden Zertifizierungstests für FDI Device Packages und FDI Hosts für Profibus- und Profinet-Produkte anbieten.
Neben der beschriebenen Fortführung der gemeinsamen Aktivitäten durch die Organisationen sind aber auch Hersteller gefordert, die Vorgaben umzusetzen und entsprechende FDI Device Packages und FDI Hosts auf den Markt zu bringen. Die technischen Voraussetzungen sind sehr gut. Die Zeichen des Markts stehen günstig, denn das grundsätzliche Anwenderinteresse ist weiterhin sehr groß.
Innovative Anwender fordern FDI
Das Tempo der Etablierung der FDI-Technologie wird letztendlich aber auch durch die Anwender bestimmt, indem sie die Chance ergreifen und bei neuen oder Erweiterungsprojekten den Einsatz der immer wieder angemahnten einheitlichen Integrationstechnologie – nämlich FDI – fordern.