Beschichtungen sind sowas wie Hidden Champions: Sie werden kaum wahrgenommen und leisten dennoch Großartiges. Sie tragen dazu bei, Bauteile vor unterschiedlichsten Arten von Schäden und Verschleiß zu schützen. Beschichtungen verbessern die physikalischen oder chemischen Eigenschaften von Bauteiloberflächen oder verleihen ihnen bestimmte Funktionen. Sie können auch dazu beitragen, Energie zu sparen, indem eine Beschichtung isoliert oder reflektiert.
Ein neues, patentiertes Kombinationsverfahren, das am Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT entwickelt wurde, verbessert die Energiebilanz darüber hinaus auf eine weitere Art: das sogenannte Simultane Beschichten und Zerspanen, auf Englisch Simultaneous Machining and Coating, kurz SMaC.
„Wir haben die mechanische Bearbeitung mit dem Extremen Hochgeschwindigkeits-Laserauftragschweißen (EHLA) in einem Bearbeitungsschritt kombiniert“, erklärt Viktor Glushych, Leiter der Gruppe Beschichtung LMD und Wärmebehandlung am Fraunhofer ILT. „Damit verkürzen wir die Bearbeitungszeiten erheblich.“ Je nach Anforderungsprofil und Beschichtungswerkstoff kann die Prozessdauer um mehr als 60 Prozent reduziert werden.
Prozesswärme nutzen
SMaC löst ein grundlegendes Problem von hochfesten Schutzschichten gegen Korrosion und Verschleiß: Je härter die Beschichtung, desto besser der Schutz aber desto aufwändiger auch die Bearbeitung. Der Clou bei SMaC ist, dass es die im EHLA-Prozess entstehende Prozesswärme nutzt.
Unmittelbar nach dem Laserauftragschweißen besitzen die Beschichtungswerkstoffe bei mehreren Hundert Grad Celsius Restwärme nur einen Bruchteil ihrer Härte. In der mechanischen Bearbeitung, die zeitparallel stattfindet, verschleißt das Werkzeug somit erheblich weniger und arbeitet gleichzeitig schneller.
„Mit SMaC können wir korrosions- und verschleißbeständige Beschichtungen wirtschaftlich aufbringen. Wir erzielen signifikant höhere Oberflächenqualitäten und potenziell höhere Werkzeugstandzeiten als mit der üblichen, sequenziellen Bearbeitung“, verdeutlicht Glushych. Im EHLA-Prozess können hochfeste Beschichtungswerkstoffe verarbeitet werden – sogar Hochentropie-Legierungen oder metallische Gläser, die mit konventionellen Methoden kaum mechanisch bearbeitet werden können.
Großes Anwendungsspektrum für SMaC
SMaC erlaubt eine hochproduktive, wirtschaftliche und vielseitige Beschichtung von Bauteilen. Das neue Verfahren ist aber auch unter ökologischen Gesichtspunkten interessant, weil Komponenten deutlich länger unbeschädigt im Einsatz bleiben können und seltener ausgetauscht werden müssen. „SMaC verlängert entscheidend die Lebensdauer, Einsatzzyklen und Wartungsintervalle von Bauteilen, Baugruppen und ganzen Maschinen“, erläutert Glushych. „Das erhöht die Rohstoff- und Energieeffizienz der Bauteile und minimiert Maschinenstillstände.“
Weniger Ersatzteile bedeuten weniger Rohstoffeinsatz, weniger Wartung, weniger Transport und Lagerhaltung. Für viele Unternehmen bedeutet dies mehr Unabhängigkeit und mehr Planungssicherheit – das heißt eine höhere Resilienz der Produktion. Insbesondere in den letzten Jahren wurden einige Unternehmen schon häufiger durch sehr lange Lieferzeiten für metallische Funktionsbauteile ausgebremst.
„SMaC ist effizient, energie-, zeit- und ressourcenschonend“, beschreibt Glushych die Vorteile. Das Verfahren eignet sich prinzipiell für alle Anwendungen, bei denen bisher Bauteile nacheinander beschichtet und zerspant wurden. Es lässt sich beispielsweise zur Herstellung von Beschichtungen für Korrosions- und Verschleißschutz, Beschichtungen mit hart und weichmagnetischen Eigenschaften oder zur Herstellung von enorm widerstandsfähigen Gleitlagerbeschichtungen und weiteren funktionalen Oberflächen einsetzen.
Simultan beschichten und zerspanen
Anwendungen finden sich beispielsweise in der Energiewirtschaft und der gesamten Mobilitätsbranche, überall, wo hoch belastete, rotationssymmetrische Bauteile zum Einsatz kommen. In der chemischen Industrie beispielsweise müssen Oberflächen aggressiveren Medien standhalten. Im Bergbau oder bei Werkzeugen schützt SMaC erfolgreich gegen Verschleiß. Die Anwendungsbereiche sind zahlreich sowie vielfältig.
Glushych denkt einen Schritt weiter: „Mit dem Simultanen Beschichten und Zerspanen könnten wir beispielsweise bestimmte feinstaubreduzierende Bremsscheibenbeschichtungen schneller und produktiver fertigen“, überlegt er. „Eine andere Anwendung, die wir testen wollen, ist die Herstellung von Multimaterialschichten in der Batterietechnik.“ Das neue Kombinationsverfahren wird in der nächsten Zeit viele neue Anwendungsfelder für die Laserbasierte Beschichtungstechnologie eröffnen, ist sich der Wissenschaftler sicher.
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