Verfahrenstechnik New Skids on the Block

22.05.2012

Ein Kompressor, Kältemittel, Ventile, Thermometer, Regler und Iso-Material: fertig ist der Kühlschrank. Ganz einfach - und doch kaufen wir lieber alles im Paket, zusammengestellt von einem, der was davon versteht. Ungleich öfter setzt die Industrie noch auf Einzelkomponenten. Dabei ist auch dort vieles im Paket zu haben: als Skid mounted Package Unit oder Box-Lösung. Die „Plug-and-produce“-Integration von funktionalen Teilsystemen in Großanlagen stellt jedoch noch eine Herausforderung dar.

So genannte skid-mounted Package Units gibt es schon geraume Zeit. Auf einem Stahlrohrrahmen werden alle verfahrenstechnischen Komponenten und Messgeräte installiert, die für einen bestimmten Prozess nötig sind. Zum Beispiel übernimmt ein solches „Skid“ die Chlordosierung bei der Wasserbehandlung, es destilliert bestimmte Kohlenwasserstoffe oder extrahiert, dekantiert und trennt besondere Inhaltsstoffe in einem Modul. Viele Anbieter sprechen schlicht und ergreifend auch einfach von Modulen oder Systemen, wenn sie Komponenten, die sie seit Jahren als ihre Kernkompetenz betrachten, mit weiteren Bauteilen kombinieren und in eine voll funktionsfähige erweiterte Systemlösung überführen. Der Gedanke ist also nicht neu. Es überrascht daher, wenn etwa Stefan Bleuel von Sanofi Aventis im vergangenen Herbst auf der Namur-Hauptsitzung von einem Paradigmenwechsel in Verbindung mit modularen Anlagen spricht. Die neue Qualität dieser Idee erwächst aus der immer stärker wachsenden Time-to-Market-Anforderung in der chemischen und der pharmazeutischen Industrie. Wenn erst einmal ein neues Produkt marktreif und die Investition für eine Produktionsanlage beschlossene Sache ist, muss es schnell gehen. Dann sind mehr oder weniger „fertige“ Package Units, die ein Anlagenbauer liefern kann, Gold wert. Denn seine Kompetenz spricht für hohe Effizienz des Teilprozesses. „Langfristig wünschen wir uns Teilanlagen, die dem „Plug-and-produce“-Gedanken entsprechen, möglichst auch noch mit automatischem Integritätstest“, so Bleuel. Er betrachtet die Einheiten aus der Automatisierungsperspektive und spricht von verschiedenen Box-Varianten (siehe dazu auch Kasten auf Seite 20). „Wir als Package Unit- und Systemlieferant sehen im „Plug-and-produce“-Konzept erhebliche Vorteile im Vergleich zur Lieferung von Einzelkomponenten“, sagt Dr.-Ing. Wolfgang Witty, Produktmanager für Systeme in der Business Unit Process Technology der SGL Group. „Wir sind insbesondere auf Technologien und Anlagen für korrosive Medien fokussiert und setzen dabei auf korrosionsbeständige Werkstoffe wie Graphit, Siliziumcarbid und Polytetrafluorethylen (PTFE). Typische Package Units sind Chlorwasserstoff-Syntheseanlagen, Anlagen zum Verdünnen, Aufkonzentrieren und Recycling von Säuren sowie Anlagen zum Reinigen von Prozess-Abgasen. Die Systeme enthalten Komponenten wie Wärmeaustauscher, Kolonnen, Pumpen, Rohre, Kompensatoren und Steuerungseinheiten. Dabei werden skid-mounted Package Units in den letzten Jahren immer stärker nachgefragt.“ Für die Anwender haben skid-mounted Units vielfache Vorteile: Die personalintensive Aufbauzeit der Anlage verkürzt sich erheblich. Das komplette System ist bereits vorgeprüft und viel schneller einsetzbar. Alle internen Verbindungen und Vernetzungen zwischen den Einzelkomponenten sind ebenfalls schon vorhanden, das heißt die Zahl der Schnittstellen reduziert sich erheblich. Es bleiben als Schnittstellen lediglich die Input/Output-Anbindung der Package Unit und die Integration der Systemsteuerung in das übergeordnete Prozessleitsystem. Für den Anwender bedeutet das kürzere Installationszeit, geringeren Personalaufwand und ein reduziertes technisches Risiko. Der Skid-Experte Witty sieht bei den vielfältigen Normen-Anforderungen keine Probleme: „Schon heute richten wir uns nach Standards wie etwa dem AD-, ASME- und GB-Code oder den ANSI und DIN-Normen. Und auch die Mess- und Regeltechnik wird nach internationalen Standards aufgebaut.“ Hinsichtlich der Steuerung stellt SGL Group die vom Kunden gewünschte Schnittstelle (Bus) zur Verfügung beziehungsweise ein Steuerungsmodul, das in das übergeordnete Prozessleitsystem eingebunden werden kann. Wer die Möglichkeit hat, seinen Prozess zu modularisieren, profitiert davon deutlich. Zum Scale-up wird dann eher Numbering-up, also der Mehrfach-Einsatz eines Moduls gewählt, statt eine neue größere Einheit zu bauen. Ein Beispiel für ein derartiges Konzept ist der F3-Factory-Ansatz, der sogar davon ausgeht, dass die Module zum Aufbau einer Produktionsanlage einfach gesteckt werden können. Auch bei innovativen Technologien spielen Package Units eine wichtige Rolle. Witty: „Wir setzen hier konsequent auf Systemlösungen. Beispielweise die EcoSyn-Chlorwasserstoff-Synthese, bei der die entstehende Prozesswärme zur Dampferzeugung genutzt wird, wodurch sich Prozesskosten reduzieren, oder unsere industriellen Wärmespeicher-Systeme auf PCM-Basis (PCM= Phase Change Materials), mit der bis zu über 90 Prozent der Prozess-Abwärme zurück gewonnen werden kann. Diese Technologien bieten wir als komplette und einfach integrierbare Systeme an. Wir werden beide Systeme auch auf der Achema vorstellen“.SGL auf der Halle 4.0 F26 und Halle 9.2 A38

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