Mit ihrem bionischen Ölsammler haben Wissenschaftler der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn eine umweltfreundliche Methode entwickelt, um Gewässer nachhaltig von Öl zu reinigen. Der Video-Clip zeigt dabei das natürliche Vorbild, von dem sich die Forscher inspirieren ließen: den Schwimmfarn Salvinia, der einen Öltropfen restlos von der Wasseroberfläche saugt.
Die Funktionsweise dahinter: Die Blätter von Salvinia sind extrem wasserscheu. Untergetaucht hüllen sie sich in einen Luftmantel und bleiben so vollkommen trocken. Dieses Verhalten wird als„superhydrophob“ bezeichnet, was sich mit „äußerst wasserabweisend“ übersetzen lässt.
Die Salvinia-Oberfläche liebt wiederum Öl – gewissermaßen eine Kehrseite der Superhydrophobie. „Die Blättchen können daher auf ihrer Oberfläche einen Ölfilm transportieren“, erklärt Prof. Dr. Wilhelm Barthlott, Emeritus der Universität Bonn und ehemaliger Direktor des dortigen botanischen Gartens. „Und diese Eigenschaft konnten wir auch auf technisch herstellbare Oberflächen übertragen, etwa auf Textilien.“
Funktionstextilien als Saugrüssel
Derartige superhydrophobe Stoffe lassen sich dann beispielsweise einsetzen, um Ölfilme effizient und ohne Einsatz von Chemie von Wasseroberflächen zu entfernen. Anders als andere Materialien, die zu diesem Zweck bislang genutzt werden, nehmen sie das Öl aber nicht in sich auf. „Stattdessen wandert es, einzig und allein getrieben von seinen Adhäsionskräften, auf der Oberfläche des Textils entlang“, erklärt Barthlott.
Im Labor hingen die Forscher derartige Stoffbänder beispielsweise über den Rand eines auf dem Wasser treibenden Behälters. „In kurzer Zeit hatten sie das Öl nahezu komplett von der Wasseroberfläche entfernt und in den Behälter transportiert“, berichtet Barthlott. Den Antrieb liefert dabei die Schwerkraft; der Boden des Behälters muss deshalb unterhalb der Wasseroberfläche mit dem Ölfilm liegen. „Das Öl wird dann vollständig abgeschöpft – wie mit einem automatischen Fettlöffel für die Fleischbrühe.“
Superhydrophobe Textilien werden so auch für die Umwelttechnik interessant, da sie einen neuen Lösungsansatz für zunehmende Ölverschmutzungen auf Gewässern versprechen. Auf dem Wasser schwimmende Ölfilme verhindern einerseits den Gasaustausch durch die Oberfläche. Andererseits sind sie für viele Pflanzen und Tiere bei Kontakt gefährlich. Da sich Ölfilme zudem schnell über große Oberflächen ausbreiten, können sie ganze Ökosysteme gefährden.
Reinigung ohne Chemie
Gebräuchliche Methoden, Ölkontaminationen von Wasseroberflächen zu entfernen, sind häufig sehr belastend für die Umwelt. Das Öl wird mittels Chemikalien aufgelöst oder gebunden, mit schwimmenden Barrieren werden Ölteppiche eingedämmt und dann abgepumpt – alles Maßnahmen, die Ökosysteme stark stören.
Gerade in Naturschutzgebieten hat der Ölschwimmer deshalb klare Vorteile gegenüber den herkömmlichen Methoden: Er arbeitet ohne Motorbetrieb, quasi emissionslos und chemikalienfrei. Während klassische Maßnahmen im sensiblen und schwer zugänglichen Uferbereich kaum erfolgreich sind, soll der Ölschwimmer auch hier Verschmutzungen zuverlässig entfernen.
Das Gerät lässt sich zudem wiederverwenden und auch prophylaktisch einsetzen, da es keinen störenden Einfluss auf seine Umgebung hat. In seiner Größe und Ausführung ist der Schwimmer variabel: Einsätze sind vom Gartenteich bis hin zum Großgewässer möglich. Sein Haupteinsatzpotenzial liegt aber bei Verschmutzungen von Motoröl von Autos oder Schiffen, Heizöl oder Leckagen.
Das Verfahren ist bereits zum Patent angemeldet; die Forschungsarbeiten werden von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert. „Das hilft uns nun dabei, in Kooperation mit der RWTH Aachen gezielt öladsorbierende Materialien mit besonders guten Transporteigenschaften zu entwickeln“, sagt Barthlott.