Während andere Oberflächenbehandlungen mit Niederdruck- oder Atmosphärendruckverfahren kaum in die Tiefe von Knochenimplantaten vordringen, soll das neue Verfahren eine zellwachstumsfördernde Beschichtung auch im Innern der Implantate ermöglichen. Dafür nutzt das Forscherteam des Fraunhofer-Instituts für Schicht- und Oberflächentechnik IST einen sogenannten Plasma-Jet.
Das Gerät bläst einen kalten Plasmastrahl, der reaktive Aminogruppen enthält, direkt auf die gedruckte Schicht. Die Aminogruppen binden an der Oberfläche und sorgen dafür, dass sich Knochenzellen sozusagen wohlfühlen und gerne anhaften. Das Besondere dabei ist , dass 3D-Druck und Beschichtung Hand in Hand gehen und in einem Gerät kombiniert werden. Dass für die Beschichtung keine chemische Vorbehandlung mit Lösungsmitteln notwendig ist, soll sie zudem kostengünstig und umweltfreundlich machen.
Variabel durch Füllstoffe
Die Gerüststruktur des Implantats, das aus einem speziellen Copolymer gefertigt ist, ist dem natürlichen Knochen nachempfunden. Das 3D-Druckverfahren ermöglicht eine sehr individuelle, passgenaue Formgebung und Stabilität. „Unser Ziel ist, dass die Knochenzellen in die künstliche Struktur möglichst schnell hineinwachsen und das Implantat schließlich überflüssig machen. Es wird nach und nach durch körpereigene Enzyme abgebaut“, erklärt Dr. Jochen Borris, Geschäftsfeldleiter Life Science und Umwelt am Fraunhofer IST.
Die mechanische Stabilität des Implantats lässt sich nicht nur über die Dichte der gedruckten Gerüststruktur steuern, sondern auch über spezielle Füllstoffe, die dem Copolymer beigemischt werden. Je höher die Füllstoffkonzentration, desto fester.
„Diese Entwicklung unserer Projektpartner von der Universität Maastricht ermöglicht es, die Stabilität innerhalb des Implantats individuell zu variieren. Wie der natürliche Knochen, so kann auch das Implantat unterschiedlich feste Bereiche haben“, sagt Dr. Thomas Neubert, der das EU-Projekt am Fraunhofer IST leitet. Die Füllstoffe können zudem mit medizinischen Wirkstoffen wie Antibiotika versehen werden, die helfen, Infektionen zu verhindern.
Je nach Patient variieren
Die bisherigen Entwicklungsschritte konnte das Projektteam erfolgreich abschließen. Nun soll das Verfahren modifiziert und zur Anwendungsreife gebracht werden. Bisher befindet sich der Versuchsaufbau noch im Labormaßstab.
„Zurzeit arbeiten wir daran, den Prozess einfacher und stabiler zu gestalten. Um die Entwicklung weiterzuführen und klinische Studien durchführen zu können, sind wir auf der Suche nach Partnern aus der Industrie“, so Borris. Das Verfahren soll großes Potenzial bieten, um Knochenimplantate sehr genau an individuelle Erfordernisse der Patienten anzupassen. „Form, Porosität, mechanische Stabilität und biomechanische Eigenschaften können wir mit unserem Verfahren hervorragend steuern und innerhalb der Implantate variieren.“
Auf diese Weise ließen sich laut Borris unterschiedlich feste oder poröse Bereiche herstellen, „die sich zusätzlich mit verschiedenen funktionellen Gruppen beschichten lassen.“ In Zukunft könnten Ärzte also ihre Patienten vermessen, individuelle Anforderungen formulieren und die Daten an Medical-Print-Shops senden, wo die passgenauen Implantate dann gedruckt würden.
Projektdaten auf einen Blick
Acht europäische Unternehmen und Forschungseinrichtungen haben sich in dem EU-geförderten Forschungs- und Innovationsprojekt FAST zusammengetan. FAST steht für „Functionally graded Additive Manufacturing (AM) scaffolds by hybrid manufacturing“. Es soll eine neue 3D-Durcktechnologie für die Herstellung von kundenspezifischen und bezahlbaren Implantaten ermöglichen.
Die teilnehmenden Projektpartner sind:
Abalonyx, Norwegen
Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik IST, Deutschland
Fundacion Tecnalia Research & Innovation, Spanien
GeSIM Gesellschaft für Silizium-Mikrosysteme, Deutschland
Maastricht University, Niederlande
Polyvation, Niederlande
Prolabin & Tefarm, Italien
University of Padova, Italien