Energiezuführung an Rechenreiniger Power für fischfreundliche Wasserkraft

igus GmbH

Das Wasserkraftwerk Schlossmühle Rochlitz befindet sich in einem historischen Gebäudeensemble. Die Bewohner, um die es geht, leben allerdings unter Wasser.

Bild: Igus
24.02.2021

Das Wasserkraftwerk Schlossmühle im sächsischen Rochlitz hat einen neuen Rechen angeschafft, der die Bewohner des Flusses vor dem Turbinentod bewahrt. Damit sich vor dem Rechen kein Schwemmgut ansammelt, braucht der aber auch eine passende Reinigungsanlage. Und die wiederum eine leistungsfähige Stromversorgung ...

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1288 wurde die Schlossmühle in Rochlitz, zwischen Leipzig und Chemnitz gelegen, erstmals erwähnt. Nach mehr als 700 Jahren, im Jahr 1994, stellte die Mühle ihren Betrieb ein und erzeugt seitdem Strom.

Denn die Firma Libelle Wasserkraft hat die günstige Lage am Fluss Mulde und das vorhandene Mühlenwehr genutzt, um ein Wasserkraftwerk zu bauen, das in guten – und das heißt: nicht allzu trockenen – Jahren 1,4 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugt. Mit dieser Energiemenge, die ins Netz des örtlichen Versorgers eingespeist wird, lassen sich rechnerisch rund 460 Haushalte mit Strom versorgen.

Investition in den Fischschutz

Dass der Betreiber nun in den Umbau des Einlaufs ins Turbinenhaus investierte und einen neuen Rechen zum Schutz der Turbine vor Schwemmgut installieren ließ, hat seinen Grund im Fischschutz. „Alle Wasserkraftwerke in Sachsen müssen mit Rechen nachgerüstet werden, die maximal 10 statt wie bisher 20 mm Durchlassweite haben“, erklärt Turbinenwärter Thomas Kotte. So wird verhindert, dass Forelle, Äsche und Barbe – alle sind in der Mulde heimisch – von der Turbine angesaugt werden.

Da die geringere, „lichte“ Stabweite auch zu verringertem Durchfluss führt, hat der Kraftwerksbetreiber einfach die Rechenfläche vergrößert, indem der Rechen nun im 45-Grad-Winkel angeströmt wird.

Beseitigung von Schwemmgut

Zu jedem Rechen eines Wasserkraftwerks gehört ein Reinigungssystem. Denn vor dem Rechen sammelt sich zwangsläufig Schwemmgut, das beseitigt werden muss, um die Wasserzufuhr zur Turbine zu gewährleisten. Beim Kraftwerk Schlossmühle musste dieses System mit dem neuen Rechen ebenfalls neu installiert werden.

Die Techniker von Libelle Wasserkraft holten hier Angebote von verschiedenen Herstellern ein. Überzeugen konnte sie schließlich der Vorschlag des Unternehmens Erhard Muhr im bayerischen Brannenburg. Gründe dafür waren die hohe Engineering-Kompetenz und die Anpassung der Lösung an die individuellen Gegebenheiten.

Muhr bietet Rechenreiniger in verschiedenen Bauformen an (vertikal, horizontal, mit verschiedenen Auslegern …). Für das Projekt in Rochlitz schlug die Firma ein horizontales Rechensystem aus seiner H-Baureihe vor.

„Bei dieser Baureihe fährt der Reinigungsarm horizontal am Rechen vorbei und schiebt dabei das Schwemmgut, das bewusst im Fluss verbleiben soll, in den Abflusskanal“, erklärt Projektingenieur Fabian Böttger. Dabei befindet sich der Putzarm an einem Verfahrwagen, der von einem Zahnstangenantrieb bewegt wird. Für den Vortrieb sorgt ein Direktantrieb mit einem 3-kW-Langsamläufer-Motor, der genau wie die anderen Komponenten für den Unterwasserbetrieb geeignet ist.

Vom Festoon zur Energiekette

Parallel zu den Projektgesprächen in Rochlitz erarbeiteten die Muhr-Ingenieure eine neue Lösung für die Energieversorgung des Putzarms bei der H-Baureihe. Anlass waren der hohe Montageaufwand und das bislang verwendete Festoon-System mit Flachleitungen.

Böttger: „Wir müssen zwei Leistungskabel und drei Sensorleitungen zum Motor führen, der am Putzarm montiert ist. Da alle Standard-Anschlusskomponenten wie Abdichtungen und Durchführungen für Rundleitungen konstruiert sind, erfordert der Anschluss der Flachleitungen hohen Aufwand. Außerdem können sich die frei hängenden Kabel verfangen, und man braucht rund 2 m Platz für den Leitungsbahnhof. Das hat uns veranlasst, nach einer Alternative zu suchen.“

Diese Alternative fand Muhr im Basic-Flizz-System von Igus. Dabei handelt es sich um eine Komplettlösung für die Energiezuführung zu beweglichen Komponenten unter anderem in der Klärwerks-, Energie- und Krantechnik. Das System, das ursprünglich für das Anforderungsprofil des Klärwerkbetriebs entwickelt wurde, besteht aus einer Energiekette des Igus-Baukastens E41, die mit den bewährten Chainflex-Leitungen befüllt und in einer wetterfesten Einhausung aus Edelstahl sicher und störungsfrei geführt wird.

Vorteile der Energiezuführung

Igus-Verkaufsberater Andreas Dengler und Dieter Reitz als Vertriebsleiter für den Produktbereich „E-Kette“ unterstützten das Muhr-Team bei der Integration des Systems in die Umgebungskonstruktion der H-Baureihe. Nach der Montage des ersten Basic Flizz in Rochlitz zeigten sich bereits die Vorteile.

„Normalerweise brauchen unsere Monteure vor Ort einen Tag für die Montage der Energiezuführung“, berichtet Böttger. „Hier haben sie diese Aufgabe in anderthalb Stunden erledigt.“ Und: Für den „Bahnhof“ der rund 15 m langen beweglichen Energiezuführung mussten nur 30 cm Bauraum vorgesehen werden. Das spart nicht nur Platz, sondern auch Leitungslänge und damit Kupfer.

Weitere Vorteile aus Sicht der Muhr-Ingenieure sind die an dreieinhalb Seiten geschützte Führung der Energiekette sowie die bodenfreie Verlegung, die ein Festfrieren von Leitungen bei Eis und Schnee verhindert. Der Basic Flizz ist quasi unsichtbar hinter dem Linearantrieb angebracht, bei Bedarf aber gut zugänglich und lässt sich auch unproblematisch mit neuen Leitungen bestücken.

„Das ist für uns eine ganz wichtige Eigenschaft“, sagt Böttger. „Wenn ein zusätzliches Kabel gelegt werden soll, zum Beispiel für eine Kamera, geht das ganz einfach in eingebautem Zustand. Bei einem Festoon-System müssten wir das komplette Leitungspaket tauschen.“ Aus diesen Gründen verwendet Muhr inzwischen bei der H-Baureihe grundsätzlich das Basic-Flizz-System.

Reinigung per Remote-Zugriff

So traditionell ein Wasserkraftwerk auch arbeitet, so modern ist heute seine Steuerungstechnik. Das Signal zum Start des Reinigungsvorgangs geben zwei Sensoren, die den Wasserpegel vor und hinter dem Rechen erfassen. Bei einer festgelegten Differenz initiiert die SPS der Anlage den Reinigungsvorgang, der jeweils knapp sieben Minuten dauert.

„Manchmal fährt der Reiniger nur zwei- oder dreimal am Tag“, berichtet Kotte. „Bei Hochwasser oder stark schwankendem Pegel, der bei der Mulde oft auftritt, wird aber sehr viel Schwemmgut angetrieben. Dann ist der Reiniger nahezu im Dauerbetrieb.“

Weil der Turbinenwärter eben auch für weitere Wasserkraftwerke zuständig ist, wird die Situation am Rechen der Schlossmühle Rochlitz über zwei Kameras überwacht. Sowohl auf seinem PC als auch auf dem Handy hat er eine App für die Bedienung des Rechenreinigers installiert und kann den Vorgang somit remote starten.

Diese Technik ergänzt den Stahlwasser- und Maschinenbau, der auf 50 Jahre Lebensdauer ausgelegt ist, bestens. Und auch das Energiezuführungssystem von Igus soll nun über viele Jahre einen Beitrag zum effizienten Betrieb des Wasserkraftwerks leisten.

Bildergalerie

  • Ein Blick auf die Montage des Rechenreinigers zeigt die neuen engmaschigere Rechen und das Turbinenhaus.

    Ein Blick auf die Montage des Rechenreinigers zeigt die neuen engmaschigere Rechen und das Turbinenhaus.

    Bild: Igus

  • Der Reinigungsarm fährt horizontal am Rechen entlang und schiebt Schwemmgut in den Abflusskanal. Dabei muss der Verfahrwagen mit Strom und Signalen versorgt werden.

    Der Reinigungsarm fährt horizontal am Rechen entlang und schiebt Schwemmgut in den Abflusskanal. Dabei muss der Verfahrwagen mit Strom und Signalen versorgt werden.

    Bild: Igus

  • Beim Basic Flizz handelt es sich um ein modulares System zur Energiezuführung. Die innen liegende Energiekette ist vor Außeneinwirkung geschützt.

    Beim Basic Flizz handelt es sich um ein modulares System zur Energiezuführung. Die innen liegende Energiekette ist vor Außeneinwirkung geschützt.

    Bild: Igus

  • Das Basic-Flizz-System befindet sich an der „Hinterseite“ des Rechenreinigers. Gut zu sehen sind hier der Mitnehmer und die Zuführung zum Verfahrwagen mit beweglichem Reinigungsarm.

    Das Basic-Flizz-System befindet sich an der „Hinterseite“ des Rechenreinigers. Gut zu sehen sind hier der Mitnehmer und die Zuführung zum Verfahrwagen mit beweglichem Reinigungsarm.

    Bild: Igus

  • Turbinenwärter Thomas Kotte bedient den Rechenreiniger bei Bedarf per Handy-App.

    Turbinenwärter Thomas Kotte bedient den Rechenreiniger bei Bedarf per Handy-App.

    Bild: Igus

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