Die halbe Welt ist durchgehend vernetzt, nur die Feldebene der Prozessindustrie scheint weitgehend resistent gegen diesen Megatrend zu sein. Bis heute ist der größte Teil der Feldgeräte per 4…20 mA angebunden, und selbst die bereits in die Jahre gekommenen Feldbusse versorgen nur einen kleinen Teil. Das lange Festhalten an der „Uralttechnologie“ hatte durchaus gute Gründe: Aufwand und Risiken einer Umstellung waren vielen Anwendern bisher einfach zu groß. Mit dem Start von Ethernet-APL hat sich die Lage jedoch grundlegend gewandelt.
Anwender forcieren Ethernet-APL
Die herstellerunabhängige Kommunikationstechnologie benötigt nur den bewährten Zweidrahtleiter (Feldbuskabel Typ A), um die Feldebene mit einer Datenübertragungsrate von bis zu 10 Mbit/s anzubinden und gleichzeitig die Geräte mit Strom zu versorgen. Die Daten können mit allen gängigen ethernetgestützten Protokollen übertragen werden, und das 300-mal schneller als mit der bisherigen Feldbustechnologie. Die Offenheit der Technologie erlaubt auch die Implementierung paralleler Kommunikationskanäle wie OPC UA sowie künftiger neuer Protokolle. So ist es kein Wunder, dass die wichtigsten Verbände und Organisationen der Prozessindustrie auf Ethernet-APL als praktikable Zukunftstechnologie setzen; gerade die Anwender forcieren die breite Einführung dieses Standards.
Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Ethernet-APL ermöglicht den durchgängigen Fluss von Prozess- und Diagnosedaten zwischen dem Feldgerät und dem Leitsystem oder der Cloud – ohne zwischengeschaltete „Übersetzer“. Die Installation lässt sich flexibel an die Umgebungsbedingungen unterschiedlichster Anlagen anpassen, einschließlich explosionsgefährdeter Zonen: Ethernet-APL ist auch für den eigensicheren Ex-Schutz geeignet. Die Reichweite der Verbindungen beträgt bis zu 1.200 m, zwischen Switch und Feldgerät können bis zu 200 m liegen.
Der Zugriff auf die Gerätedaten erfolgt praktisch in Echtzeit. Die direkte Verbindung in die Feldebene ermöglicht die dezentrale Konfigurierung und Kalibrierung aller Assets; Geräte werden automatisch erkannt, Konfigurations-, Diagnose- und Prozessdaten lassen sich jederzeit auslesen und für eine vertiefte Auswertung erschließen.
Zugleich werden Gerätetausch und Dokumentation deutlich vereinfacht. Die Anzahl der Feldgeräte spielt keine Rolle; die flexible Architektur ermöglicht ein signifikant höheres Maß an Automation für die gesamte Anlage, bis hin zu Konzepten im Sinne der Industrie 4.0. So wird an zahlreichen Stellen ein erheblicher Effizienzgewinn realisiert, der sich in spürbarer Kostensenkung niederschlagen kann. Nicht zuletzt werden die zunehmend knappen Fachkräfte von Routinetätigkeiten entlastet, während die Anwender von der herstellerübergreifenden Austauschbarkeit der Feldgeräte profitieren.
Ein Regler für alle Ventile
Samson ist seit Gründung des APL-Konsortiums im Jahr 2018 offizieller Industriepartner und maßgeblich an der technischen Ausgestaltung beteiligt. Jetzt bringt der führende Ventilhersteller mit dem Trovis 3797 den ersten Stellungsregler auf den Markt, der den Standard unterstützt und damit die direkte Anbindung von Regelarmaturen an Leitsystem und Cloud ermöglicht. Die Entwicklung dieses Geräts mit PROFINET-Kommunikation begann 2019 mit Feldversuchen bei einem großen Chemieunternehmen. Es basiert auf der High-End-Plattform der bewährten Produktfamilie 379X.
Die Liste der Vorteile, die sich aus der Ethernet-Anbindung ergeben ist lang. So lässt sich etwa die Diagnose beim Partial Stroke Test (PST) auf eine neue Stufe heben. Bei diesem Test führt das Ventil einen kurzen Teilhub durch; aus Reaktionszeit und Bewegungsgeschwindigkeit kann man genaue Schlussfolgerungen über den Zustand der Armatur ziehen. Die Stellungsregler der Serie Trovis 379X liefern diese Diagnoseinformation – mit 52 Einzelberichten und sieben Grafiken im Speicher – schon seit Jahren. Bisher war das Auslesen jedoch nur bei direktem Zugang zum Gerät möglich und mit einigem Aufwand verbunden.
Dank der Ethernet-APL-Anbindung kann man nun direkt vom Leitsystem aus auf diese Information zugreifen und sie an eine Cloud-Applikation übermitteln. Auch die parallele Nutzung mehrerer Protokolle ist möglich. Softwareupdates können ebenfalls von der Zentrale aus online durchgeführt werden. Der Stellungsregler ist für alle Samson-Armaturen in allen Größen geeignet – vom kleinsten Pharma-Ventil bis zu größten Kühlwasser-Klappe. Er kann zudem herstellerunabhängig mit jeder Armatur mit NAMUR-Anbau kombiniert werden. Darüber hinaus stehen Adapter für Hub- und Schwenkarmaturen beliebiger Hersteller zur Verfügung.
Prozesstauglichkeit gründlich getestet
APL-Feldgeräte müssen Tests zu den physikalischen und protokollspezifischen Eigenschaften bestehen und PA Profil Konformität nachweisen. Zum Redaktionsschluss für diesen Artikel stand die Ethernet-APL-Zertifizierung des Stellungsreglers Trovis 3797 kurz vor dem Abschluss.
Jeder Stellungsregler der Reihe Trovis 3797 verfügt über einen digitalen Zwilling und ist damit voll kompatibel zu Anwendungen im Sinne der Industrie 4.0 und des IIoT. Digitale Typenschilder identifizieren sowohl das Ventil als auch den Antrieb.
Die Basistechnologie des Stellungsreglers entspricht den höchsten Standards des führenden Ventilherstellers. Sein modulares Konzept erlaubt das einfache Nachrüsten und Austauschen von Pneumatik- und Optionsmodulen. Seine hohe Luftleistung lässt sich modular erweitern und ist sowohl für einfach- wie doppeltwirkende Antriebe ausgelegt.
Das berührungslose Wegmesssystem arbeitet verschleißfrei. Das Gerät verfügt über eine einstellbare Dichtschließfunktion und gewährleistet die ständige Überwachung des Nullpunkts. Drucksensoren überwachen Zuluft und Stelldruck, die Luftleistung lässt sich per Software – und dank Ethernet-APL – auch von der Leitwarte aus einstellen. Für die automatische Inbetriebnahme stehen vier verschiedene Initialisierungsmodi zur Verfügung. Im Initialisierungsmodus „Sub“ (Substitution) kann der Stellungsregler selbst bei laufender Anlage und ohne Verfahren des Ventils in Betrieb genommen werden. Mit dem Ethernet APL Stellungsregler Trovis 3797 erfüllt Samson alle Anforderungen zur Digitalisierung der Feldebene.