Chemikalien im Trinkwasser erkennen Substanzen im Wasser einfacher auf Schädlichkeit untersuchen

27.04.2018

Damit Wasserversorger und Behörden einfach bewerten können, wie gefährlich Spurenstoffe im Trinkwasser sind, entwickeln Forscher eine Testbatterie, die Stoffe wie Arzneimittel oder Weichmacher besser erkennen soll.

Das Projekt Neurobox der Hochschule Darmstadt untersucht, welche gesundheitlichen Auswirkungen Chemikalien wie Arzneimittel, Pestizide oder Kosmetika haben können, die in den Wasserkreislauf und unser Trinkwasser gelangen. Denn bisher ist die Wirkung vieler dieser Stoffe auf Mensch, Tier und Umwelt noch nicht vollständig untersucht.

Das vom Umweltbundesamt koordinierte Verbundprojekt soll der Wasserversorgern und Behörden eine Testbatterie zur Verfügung stellen, mit der sogenannte neurotoxische Substanzen erkannt werden können. Damit sollen Anwender besser in der Lage sein, Spurenstoffe im Wasserkreislauf bewerten zu können.

Hoher Forschungsbedarf bei neurotoxischen Stoffen

Neurotoxische Stoffe schädigen das Nervensystem. Manche Stoffe wie einige Phthalate (Weichmacher), Pestizide und Alkylphenole haben neben einer hormonartigen auch eine neurotoxische Wirkung und wurden in Studien wiederholt mit Entwicklungsverzögerungen bei Kindern, Autismus, Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom, verminderter Reproduktionsfähigkeit und weiteren negativen Effekten in Verbindung gebracht.

Deshalb sind in der EU bereits mehrere dieser Substanzen in vielen Anwendungen verboten. Im Rahmen eines Vorgängerprojekts haben die beteiligten Wissenschaftler bereits eine Testbatterie entwickelt. Speziell für den Bereich der neurotoxischen Stoffe zeigte sich jedoch der Bedarf an weiterer Forschung. „Wasserversorger finden immer mehr Stoffe im Wasser, die sie schlecht einschätzen können“, sagt Dr. Petra Waldmann, Toxikologin am Fachbereich Chemie- und Biotechnologie der Hochschule Darmstadt.

Simulation auf Zellebene und ohne Tierversuche

Das Team der Hochschule Darmstadt untersucht hormonell wirksame Stoffe auf eine schädliche Wirkung auf embryonale Stammzellen. Daraus kann abgeleitet werden, wie schädlich diese Stoffe für Embryos und die Entwicklung von Nervenzellen sind. Diese Simulation auf zellulärer Ebene hat den Vorteil, dass auf Tierversuche verzichtet werden kann.

Die verwendeten Stammzellen aus Mäusen sind pluripotent, das heißt, anders als omnipotente Stammzellen können sie sich nicht zu einem ganzen Organismus entwickeln. Mäusestammzellen lagern sich in Kultur zu sogenannten embryonalen Körperchen zusammen, die dabei eine tropfenähnliche oder kugelige Form annehmen und in einem begrenzten Maße die frühe embryonale Entwicklung eines Organismus rekapitulieren.

Wie funktionieren die Tests?

Die Wissenschaftler geben diese Körperchen auf Zellkulturplatten. Die Zellen der Körperchen wachsen dort am Boden fest und differenzieren aus, das heißt, sie wachsen zum Teil zu Herzmuskelzellen heran. „Die Mäusestammzellen setzen wir, während sie embryonale Körperchen ausbilden, der zu testenden Substanz aus, um festzustellen, ob sie embryotoxisch wirkt.“

Eine toxische Wirkung wird unter dem Mikroskop sichtbar: Nur noch wenige der Körperchen bilden schlagende Herzmuskelzellen aus. Mäusestammzellen können unter bestimmten Kulturbedingungen auch zur Bildung von Nervenzellen angeregt werden. Unter Zugabe einer Testsubstanz kann ermittelt werden, ob diese Substanz schädlich auf die Bildung von Nervenzellen und Netzwerken aus Nervenzellen wirkt.

„Chemikalien werden in der Regel nur im Nano- oder Mikrogramm-Bereich im Wasser gefunden, also in kleinsten Mengen“, sagt Waldmann, „aber sind sie im Trinkwasser, werden sie oft auch ein Leben lang vom Menschen aufgenommen“. Deshalb müsse untersucht werden, ob diese Substanzen schädlich für Mensch und Umwelt seien.

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