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Interview mit Dr. Thomas Köster, Labom Mess- und Regeltechnik „Temperaturkompensation geht oft von einer künstlichen Situation aus“

Dr. Thomas Köster, Leiter der Entwicklung bei Labom Mess- und Regeltechnik

Bild: Labom
05.09.2016

Aggressive Medien können das Messen von Drücken in der Prozessindustrie erschweren. Druckmittlersysteme helfen, ziehen jedoch oft Temperaturfehler nach sich. Mittels der aktiven Temperaturkompensation sollen sie minimiert werden, wie Dr. Thomas Köster, Leiter der Entwicklung bei Labom Mess- und Regeltechnik, erklärt.

P&A:

Werden in der Prozessindustrie Druckmittler eingesetzt, kommt es häufig zu Temperaturfehlern. Woran liegt das?

Dr. Thomas Köster, Labom:

An der Notwendigkeit bei Druckmittlern eine Flüssigkeit einzusetzen, die den Druck von der Trennmembran zum eigentlichen Sensor überträgt. Diese dehnt sich unter Temperatureinfluss stärker aus als der umgebende Metallkörper. Dadurch nimmt dieses Medium mehr Volumen ein, was sich nur ausgleichen lässt, indem die Trennmembran ausgelenkt wird. Diese entwickelt, ähnlich einer Feder, eine Rückstellkraft, die Druck auf die Füllflüssigkeit ausübt und beim Sensor als Fehler ankommt. Das kann da zum Problem werden, wo es entsprechend hohe Anforderungen an die Genauigkeit der Druckmessung und eine Anfälligkeit für Temperaturfehler, zum Beispiel durch signifikante Temperaturunterschiede, gibt. Das ist beispielsweise in der chemischen Industrie, zum Teil auch der Pharmaindustrie, der Fall.

Wie lässt sich die entstehende Rückstellkraft verringern?

Zum einen kann man einen größeren Druckmittler verwenden, dann wird die Membran größer und als Folge weicher. Es gibt außerdem verschiedene Ansätze, die Membrankontur speziell zu gestalten. Damit greift man das Problem zwar an der Wurzel an, stößt aber schnell an die Grenzen des Machbaren. Bei Rohrdruckmittlern zum Beispiel geht die gewünschte geringe Strömungsbehinderung mit einem prinzipbedingten hohen Temperaturfehler einher.

Eine Möglichkeit ist auch die Temperaturkompensation.

Hier gibt es verschiedene Ansätze: Einerseits kann der Hersteller für das Gesamtsystem, also die Kombination aus Druckmittler und Messgerät, eine Kompensation vornehmen. Dabei wird das Messsystem unter kontrollierten Bedingungen mir Druck und Temperatur beaufschlagt, üblicherweise in einem Temperaturschrank. Die ermittelten Messwerte werden dann zur Korrektur des Temperaturfehlers verwendet.

Temperaturfehler sind demnach also unvermeidlich?

In diesem Modell, ja. Ein anderer Weg zur Fehlervermeidung wäre, die Temperatur am Druckmittler aus der Temperatur am Drucksensor abzuschätzen und entsprechende Korrekturfaktoren hochzurechnen. Das klappt nur begrenzt, weil dieses Hochrechnen auf einem physikalischen Modell beruht, das durch diverse, unbekannte Randbedingungen beeinflusst wird. Es entsteht schnell die Gefahr einer Fehlkompensation, weswegen so ein System immer konservativ eingestellt werden muss. Hinzu kommt, dass der Drucksensor relativ weit weg vom Prozess sitzt. Wenn es eine Temperaturschwankung im Prozess gibt, kommt diese erst mit großer Verzögerung am Sensor an. Laboms Ansatz der aktiven Temperaturkompensation (ATC) baut auf zwei Prämissen auf: Wir müssen einerseits wissen, wie warm es tatsächlich hinter der Trennmembran im Druckmittler ist. Zweitens brauchen wir eine Sensorinformation, die schnell auf Temperaturschwankungen reagiert.

Sie haben Ihren Ansatz, die ATC-Methode, als „Quantensprung der Temperaturstabilität“ bezeichnet. Was macht diese aus?

Man kann in guter Näherung das gesamte physikalische Modell eines Druckmittlersystems nachbilden, das Problem bleibt allerdings die Ausdehnung der Flüssigkeit. Es gibt zwei hauptsächliche Flüssigkeitsmengen in einem derartigen System: das eine rund um den Sensor und dann noch das Volumen unter der Membran. Misst man an beiden Stellen die Temperatur, also auch im Druckmittler, kann man anhand der physikalischen Gesetze den Temperaturfehler vorhersagen. Durch die zusätzliche Temperaturmessung hat man die notwendigen Informationen für eine schnelle, robuste und darüber hinaus präzise Korrektur.

Wo ist die ATC-Methode bisher zur Anwendung gekommen?

Wir haben die Methode zum ersten Mal auf der Achema 2015 vorgestellt, verfügbar ist sie seit Anfang dieses Jahres. Das Thema ist also noch relativ neu und frisch.

Die Fehlerquote soll sich durch die ATC-Technologie stark verringern, ist ein kompletter Wegfall von Temperaturfehlern denkbar?

Es gibt zwei Möglichkeiten: Ich nehme ein mathematisches Modell meines Druckmittlers mit ATC-Technologie, rechne aus, wie die Korrekturfaktoren sein müssen und schreibe diese dann ins Gerät. Damit lässt sich bereits ein Großteil des Temperaturfehlers beseitigen.

Bildergalerie

  • Schematischer Aufbau eines Druckmittlers mit ATC-Sensor

    Schematischer Aufbau eines Druckmittlers mit ATC-Sensor

    Bild: Labom

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