Hydrostatische Füllstandsmessung Was steckt hinter der Popularität von Pegelsonden?

Pegelsonden kommen mit zahlreichen Flüssigkeiten problemlos zurecht. Warum sind sie sonst noch beliebt?

Bild: Wika
03.03.2021

Zuverlässig, einfach zu installieren und in fast allen Flüssigkeiten einsetzbar: Das sind nur einige der Vorteile von Pegelsonden. Sie eignen sich für die unterschiedlichsten Applikationen. Und sind in manchen sogar alternativlos.

Rund 130 l Trinkwasser verbraucht die Bevölkerung Deutschlands pro Kopf und Tag. Mehr als 70 Prozent des Bedarfs pumpen die Versorgungsunternehmen aus Grundwasseradern in ihre Systeme. Diese mächtigen Speicher dürfen nicht leerlaufen. Damit die Entnahme rechtzeitig gestoppt werden kann, um ausreichend Wasser nachfließen zu lassen, muss das Niveau der Adern kontinuierlich überwacht werden.

Die Kontrolle findet bis zu 200 m unterhalb der Erdoberfläche statt. Bei einer solchen Entfernung kommt nur eine hydrostatische Füllstandsmessung in Frage. Die speziell für diese Messmethode entwickelten Pegel- oder Tauchsonden werden an ihrem Anschlusskabel bis zum Grund der Wasseradern hinabgelassen. Ihr Sensor erfasst dort den Schwere- oder hydrostatischen Druck als primäre Größe zur Berechnung des Wasserstands.

Dieses Vorgehen ist für fast jede Flüssigkeit anwendbar, im Becken einer Kläranlage ebenso wie im engen Schacht eines Bohrlochs. Der hydrostatische Druck bleibt unbeeinflusst von der Flüssigkeitsmenge und der Geometrie eines Behälters oder offenen Gebindes wie einem See. Er verändert sich ausschließlich mit der Höhe der Flüssigkeitssäule. In einem Wassertank zum Beispiel ist der Druck nach jedem Meter Wassertiefe um circa 100 mbar höher als der Druck an der Wasseroberfläche.

Unbeeinflusst von Behältergeometrie

Die Pegelsonde überträgt den Druckmesswert an eine nachgelagerte Logik, die dann die tatsächliche Füllhöhe berechnet. Sie bezieht dafür neben dem Druck die Dichte der jeweiligen Flüssigkeit und die Schwerkraft beziehungsweise Erdbeschleunigung mit ein.

Bei hohen Genauigkeitsanforderungen und/oder signifikanten Temperaturschwankungen im Medium muss zusätzlich die temperaturbedingte Dichteänderung berücksichtigt werden, sonst wird das Messergebnis verfälscht. Für solche Fälle empfiehlt sich der Einsatz von Pegelsonden mit integriertem Temperaturfühler, das erspart die Einrichtung einer zusätzlichen Messstelle für die Temperaturüberwachung.

Die hydrostatische Füllstandsmessung funktioniert nicht nur unabhängig von der Geometrie ihres Einsatzortes zuverlässig. Im Vergleich zu anderen Messmethoden bleibt sie von vielen physikalischen Eigenschaften eines Mediums wie zum Beispiel Leitfähigkeit, Dielektrizitätskonstante, Schaumbildung oder Viskosität unbeeinflusst. Die Pegelsonde als ihr zugeordnetes Messgerät verursacht darüber hinaus nur einen geringen Installationsaufwand und kann ohne Parametrierung in Betrieb genommen werden.

Diese Vorteile neben den Messeigenschaften bewogen zum Beispiel einen Großlieferanten für die Harnstofflösung AdBlue für Dieselfahrzeuge, seine bei den Kunden stationierten Vorratstanks mit Pegelsonden auszustatten. Die Füllstandsüberwachung in diesen Behältern basiert auf der Kombination der Messgeräte mit einer telemetrischen Einheit. Diese übermittelt das erfasste Niveau an eine zentrale Plattform, sodass der erforderliche Nachschub rechtzeitig auf den Weg gebracht werden kann.

Abnehmer in diesem System sind in erster Linie Speditionen, Busunternehmen, größere Pkw-Fuhrparks und Landwirte. Analog zur Fahrzeuganzahl fallen die AdBlue-Tanks der Kunden unterschiedlich groß beziehungsweise tief aus. Da der Sondentyp für die Messaufgabe stets derselbe ist, braucht der Lieferant lediglich die Kabellänge und den Messbereich anzupassen.

Verbrauchsentwicklung ablesbar

Die Pegelsonden im Tank können mehr als die Füllhöhe anzeigen. Da sie kontinuierlich messen, erhalten Lieferant und Kunde anhand des Datenverlaufs ein genaues Bild von der jeweiligen Verbrauchsentwicklung. Verglichen mit anderen, technisch anspruchsvolleren Methoden einer stufenlosen Messung, zum Beispiel Radar oder geführte Mikrowelle, ist die hydrostatische Methode im Fall der AdBlue-Tanks und vergleichbarer Anwendungen ein wirtschaftlich vorteilhaftes Verfahren.

Ob Harnstofflösungen, Wasser, Laugen oder Abwässer: Pegelsonden können dauerhaft in den unterschiedlichsten Flüssigkeiten betrieben werden und müssen daher über den Schutzgrad IP68 verfügen. Ihre Konstruktion muss bezüglich Medienbeständigkeit und Dichtigkeit für die jeweilige Applikation optimiert sein. Das kompakte Gehäuse zum Beispiel ist im Fall unkritischer Medien in der Regel aus 316L-Edelstahl gefertigt, bei aggressiven Flüssigkeiten bieten sich Sonderlegierungen wie Hastelloy oder Titan an.

Für die bestmögliche Messung ist der Sensor der Pegelsonde am unteren Ende des Gehäuses integriert. Die Messzelle muss selbst unter widrigsten Bedingen ein zuverlässiges Ergebnis im Rahmen der Spezifikation liefern. Entsprechend groß ist die Auswahl an Materialien, von Edelstahl bis zur antikorrosiven Spezialkeramik. Letztere empfiehlt sich vor allem für eine frontbündige Ausführung, weil sie leicht von möglichen Anhaftungen gereinigt werden kann.

Genauigkeiten bis 0,1 Prozent

Im Vergleich zur Langzeitstabilität spielt die Genauigkeit bei den meisten Applikationen in der Regel eine eher sekundäre Rolle. Ein Wert von 0,5 Prozent ist Standard und reicht in diesen Fällen aus. Ausnahmen bilden zum Beispiel Messaufgaben im Bereich Food und Pharma, wo die Unternehmen aus Gründen der Prozesssicherheit oder wegen des wirtschaftlichen Werts der jeweiligen Medien nach Genauigkeiten von bis zu 0,1 Prozent verlangen.

Die Elektronik gleicht der eines herkömmlichen Drucksensors. Sie wandelt den Druckwert in ein normiertes Industriesignal um, meist 4…20 mA. Für batteriebetriebene Messstellen im Feld sind zudem Ausführungen mit einem Low-Power-Signal (0,1 bis 2,5 V) erhältlich. Da Pegelsonden überwiegend außen eingesetzt werden, verfügt ihre Elektronik optional über einen Schutz vor Überspannung als Folge eines nahen Blitzeinschlags.

Eine andere sensible Stelle ist die Kabeleinführung des Gehäuses. Der Hohlraum dort wird üblicherweise vergossen. Diese Füllung kann nach einer bestimmten Zeit spröde werden und sich lösen. Sie reicht bei Anwendungen mit unkritischen Medien und durchschnittlichen Tauchtiefen in der Regel jedoch aus.

Für Applikationen, bei denen die Gefahr einer „Sicherheitslücke“ an dieser Stelle minimiert werden muss, hat Wika eine mechanische Lösung mit Langzeitwirkung entwickelt. Im Pegelsondentyp LF1 presst eine Formfeder eine Spezialdichtung mit 1.000 N gegen die Fassung.

Quellflies gegen Kabelleckage

Die primäre Aufgabe des Anschlusskabels, an dem die Pegelsonde zum Messpunkt hinabgelassen wird, ist die sichere Signalübertragung. Sein Mantel muss der dauerhaften Medieneinwirkung und einem zum Teil erheblichen Tiefendruck verlässlich standhalten, um dem Eindringen von Flüssigkeit ins Kabel und damit einem Sensorausfall vorzubeugen.

Um die Wahrscheinlichkeit eines solchen Schadens nahezu auszuschließen, können Pegelsonden von Wika mit einer besonderen Kabelausführung ausgestattet werden. Kommt es zu einem Mikroriss im Kabelmantel und tritt Feuchtigkeit ein, bauscht sich ein Quellflies auf und blockiert die Leckage.

Das Anschlusskabel einer Pegelsonde enthält neben der Signalleitung noch eine Belüftungskapillare. Denn das Gerät, ausgerichtet auf Einsätze in offenen Behältern und Gebinden (Seen, Flüsse, Becken), misst den hydrostatischen Druck relativ zum Umgebungsdruck. Soll eine Pegelsonde die Füllstandsmessung in einem geschlossenen System übernehmen, muss zusätzlich ein Drucksensor in die Seitenwand des Behälters eingebaut werden. Dieser erfasst den Druck in der Gaszone oberhalb der Flüssigkeit, um dessen Wert der gemessene hydrostatische Druck kompensiert wird.

Ohne diese Maßnahme entstünden beträchtliche Messfehler: Denn die Pegelsonde überträgt in dem Fall einen Gesamtdruck, bestehend aus dem hydrostatischen Druck der Flüssigkeit und dem Gasdruck. Das heißt: Der berechnete Füllstand ist höher als der tatsächlich vorhandene.

Fazit

Die hydrostatische Füllstandsmessung mit Pegelsonden kommt für die allermeisten Flüssigkeiten in Frage. Sie ermittelt deren Niveau auf Basis des Schweredrucks, unbeeinflusst von der Behältergeometrie und vielen physikalischen Eigenschaften des Mediums.

Pegelsonden plus Anschlusskabel sind leicht zu installieren und eigenen sich für die unterschiedlichsten Applikationen, selbst für Flüssigkeitssäulen bis 200 m. Anwender müssen allerdings darauf achten, dass die Gehäuse, Kabel und Kabeleinführung für die jeweilige Messaufgabe optimiert sind.

Bildergalerie

  • In Wasseranwendungen finden Messkontrollen teilweise bis zu 200 m unterhalb der Erdoberfläche statt.

    In Wasseranwendungen finden Messkontrollen teilweise bis zu 200 m unterhalb der Erdoberfläche statt.

    Bild: Wika

  • Die Pegelsonde LF1 verfügt über eine Formfeder, die eine Spezialdichtung mit 1.000 N gegen die Fassung presst, wenn die Füllung im Kabelhohlraum spröde wird.

    Die Pegelsonde LF1 verfügt über eine Formfeder, die eine Spezialdichtung mit 1.000 N gegen die Fassung presst, wenn die Füllung im Kabelhohlraum spröde wird.

    Bild: Foto Ziemlich; Wika

  • Oleg Greber ist Produktmanager Electronic Products bei Wika.

    Oleg Greber ist Produktmanager Electronic Products bei Wika.

    Bild: Wika

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