Das steigende Informationsaufkommen lässt sich mit rein Hardware-gebundenen Steuerungs- und Datenübertragungsarchitekturen immer schwerer bewältigen. Als flexiblere, fast beliebig und schnell skalierbare Lösungen haben sich daher virtuelle Maschinen oder Cloud-Systeme etabliert. Um vom Feld bis zur Leitstelle jederzeit sicheren Zugang zu Prozesswerten, Anlagenzuständen, Produktions- und Wartungsabläufen zu gewährleisten, müssen auch die Feldbediengeräte hard- und softwareseitig auf die modernen Anforderungen der Prozess- und Anlagensteuerung abgestimmt sein. Zum Fernzugriff auf Prozessleitsysteme lösen daher Thin Clients mit für Industrie-4.0-Anwendungen optimierter Software die überkommenen Standard-Rechner und KVM-Systeme ab.
Klassische Varianten mit Verbindungsproblemen
Gegenüber Industrie-PCs im Feld sind Bedienstationen mit Remote-Anbindung im Ex- wie Non-Ex-Bereich die deutlich kompaktere, energieeffizientere und wartungsärmere Lösung. Hierbei ist die klassische Variante der festen Verbindung eines explosionsgeschützten HMI-Systems mit einer Workstation im sicheren Bereich in der Prozessindustrie noch häufig anzutreffen. Sie besteht aus einem Remote-Terminal, das per Kupfer- oder LWL-Kabel mit einer KVM-Box verbunden ist. Die KVM-Box ist wiederum an die Keyboard-, Video- und Mausschnittstellen einer PC-Workstation angeschlossen, um die Bildschirmdaten zum Remote-Terminal und die mittels Keyboard und Maus getätigten Eingaben an den Rechner zu übermitteln.
Mit optischen Kabeln können auf diese Weise lange Übertragungswege bis 2 km überbrückt werden. Aktuelle USB-Standards wie USB 3.0 oder 3.1 sind in solchen Konzepten schwer zu beherrschen, da die angeschlossenen USB-Geräte wie Tastatur, Maus oder Touch durch Störungen im Industrieumfeld ausfallen und einen Neustart des Host erforderlichen machen können. Zudem mangelt es den Systemen an Flexibilität, um sich nahtlos in übergeordnete Netzwerkebenen einbinden zu lassen.
Klassische KVM-Systeme können nicht direkt an virtuelle Workstations angeschlossen werden. Ihnen fehlen die physischen Schnittstellen für Keyboard, Video und Maus, die durch einen weiteren PC oder Thin-Client bereitgestellt werden müssen. Eine solche Hardware-Konstellation ist zwar möglich, aber deutlich teurer sowohl in der Anschaffung als auch in Inbetriebnahme und Wartung. Um die Bedien- und Beobachtungssysteme im Feld eng an die Prozessleittechnik und übergeordneten Netzwerkebenen anzuschließen, braucht es daher Bedienstationen, die an verschiedenste Server-Architekturen inklusive virtueller Maschinen und Cloud Automation anschlussfähig sind.
Anforderungen an Thin-Client-Systeme
Thin Clients bieten eine zukunftssichere Lösung für die Bedienung in der Prozessindustrie von der Leitwarte bis ins Feld. Sie müssen aber optimal auf die Erfordernisse moderner Industrienetzwerke zugeschnitten und mit allen einschlägigen Leitsystemen führender Hersteller kompatibel sein. Die wichtigste Anforderung ist die IT-Sicherheit. Thin Clients sollten deshalb geschlossene, manipulationssichere Systeme sein, die sich zum Beispiel nur passwortgeschützt parametrieren lassen. Integrität und Verfügbarkeit sind wichtige Eigenschaften der Firmware dieser Systeme. Sicherheitsfeatures wie der Unified Write Filter und HORM (Hibernate Once / Resume Many) erhöhen die Systemstabilität und bieten eine höhere Ausfallsicherheit in industriellen Umgebungen.
Redundante Ethernet-Schnittstellen mit automatischer Wiederverbindung und Umschaltung auf redundante Server gewährleisten den ausfallsicheren Betrieb. Auch Applikationen von Drittanbietern – wie Browser, Einbindung von Kamerabildern oder Citrix – sollten nur in sogenannten Kiosk-Modus sicher abgerufen werden können. Trotz dieser oben genannten Features müssen die Systeme einfach und ergonomisch konfigurierbar sein.
Die Thin Clients von R. Stahl sind speziell für die Prozessindustrie mit den oben genannten Vorgaben entwickelt worden und können universell eingesetzt werden. Sie sind sowohl in Ausführungen für den Standard-Industrieeinsatz als auch in explosionsgeschützten, nach ATEX und IECEx zertifizierten Gerätevarianten erhältlich. Außerdem stehen reinraumtaugliche Varianten im Hygienic Design zur Verfügung. Die auf Windows 10 Enterprise LTSB aufsetzende Remote HMI Firmware V5 „industrial grade“ ermöglicht eine Rechteverwaltung mit abgestuften Zugriffsrechten auf zentral- oder cloud-gespeicherte Programme und Anwendungen. Die Firmware unterstützt die Prozessvisualisierung und Anlagenbedienung per Fernzugriff auf PC-Workstations, virtuelle Serverstrukturen und cloud-basierte Applikationen. Hierzu beherrscht sie sämtliche gängigen Remote-Protokolle – darunter die neueste RDP-Version 10.2 sowie VNC 5.3 – und sorgt so für einen flexiblen Zugriff von jeder HMI-Station auf virtuelle oder reale Workstations in einem Netzwerk.
Mittels KVM-over-IP-Technologie lassen sich auch ältere PCs oder notwendige KVM-Verbindungen in die Netzwerkarchitektur einbinden. Neben der Windows-basierten Remote HMI V5 Firmware sind auch Linux-kompatible Ausführungen mit ThinManager über PXE Boot oder IGEL OS lieferbar. Darüber hinaus bietet eine klar strukturierte, nutzerfreundliche Bedienoberfläche mit virtuellem Keyboard und Touch-Bedienung variable Anzeigeoptionen zur Multi-Session- und Dual-Screen-Darstellung.
Gerüstet für Industrie 4.0
Herkömmliche KVM-Systeme sind der immer dichteren Vernetzung von Automation, Elektronik sowie Informations- und Kommunikationstechnik nicht mehr gewachsen. Für einen flexiblen und gesicherten Zugriff auf Prozessleitsysteme und Applikationen über Server, virtuelle Maschinen oder Cloud-Dienste haben sich daher Thin Clients als zeitgemäße Lösung durchgesetzt. Die Exicom-Reihe 500 von R. Stahl beispielsweise bietet schlanke, zukunftssichere Systeme zur Feldbedienung im Ex- und Non-Ex-Bereich, die mit verschiedensten Leitsystemen und Netzwerk-Architekturen zusammenspielen sowie optimale Verfügbarkeit und Systemintegrität gewährleisten.