Man hört es nicht, man sieht es kaum, selbst bei Berührung kann man es nur erahnen. Was ist das? Eine Fragestellung, die anders als in Märchen mit einem realen Produkt für die Antriebstechnik beantwortet wird - es ist der eisenlose DC-Motor BGA 22, der nach dem Axialflussprinzip aufgebaut ist.
Wie funktioniert ein Axialflussmotor?
Bei einem Axialflussmotor bilden sich die magnetischen Felder in axialer Richtung aus, also parallel zur Motorwelle. Der Motor ist eisenlos aufgebaut, was Rastkräfte und Ummagnetisierungsverluste eliminiert beziehungsweise reduziert. Dieses Grundprinzip ist von den sogenannten Printed Motors bekannt, die unter anderem in der Unterhaltungselektronik zum Einsatz kommen. Doch im Gegensatz zu diesen stapelt Dunkermotoren beim BGA 22 mehrere Kombinationen von Wicklung und Permanentmagneten hintereinander.
Der Aufbau ist in der Grafik rechts oben dargestellt. Dabei treten folgende Scheiben im Wechsel auf: Die Scheibe an Position 4 trägt die Wicklung für eine Motorphase und ist mit dem Gehäuse verbunden; die Scheibe an Position 3 besteht aus Magneten, die auf einer Stahlscheibe befestigt sind und sich mit der Motorwelle drehen. Die Magnete übertragen das Drehmoment auf die Welle und drehen sich mit dieser. Diese Stahlscheiben bilden eine solide Fixierung der Magnete auf der Welle und ermöglichen die Verdrehung der Magnete, wodurch ein Verdrehen der drei Wicklungsscheiben untereinander, zur Bildung der drei Motorphasen, nicht mehr erforderlich ist. Dadurch vereinfacht sich der Motoraufbau.
Da der Motor 3-phasig aufgebaut ist, werden mindestens drei solcher Stapel benötigt, um einen funktionsfähigen Motor zu erhalten. Über die Anzahl der Pakete mit je drei Stapeln ist es möglich, die Leistungsfähigkeit des Motors bei gleichbleibendem Baudurchmesser zu erhöhen. Einzig die Baulänge verlängert sich dabei.
Was verleiht dem Motor seine Kräfte?
Aufgrund des Axialflussprinzips hat das Gehäuse des BGA 22 lediglich die rein mechanische Aufgabe, den Motor in seiner Form zu halten. Daher kann das Gehäuse selbst sehr dünnwandig aufgebaut sein; dies ermöglicht Magnetscheiben mit einem größeren Durchmesser. Eisenlose Motoren anderer Bauart brauchen für den radialen Fluss einen Rückschluss am Außendurchmesser aus ferromagnetischem Material. Das reduziert jedoch den Durchmesser, auf dem das Motor-Drehmoment aufzubauen ist. Da also beim Axialflussprinzip die magnetischen Kräfte auf einem größeren Durchmesser wirken, kann mit relativ wenig Magnetmaterial ein großes Drehmoment erzeugt werden. Das spart Material im Sinne einer nachhaltigen Bauweise und senkt die Abhängigkeit von Rohstofflieferanten für Neodym und Dysprosium.
Wer auf der Suche nach einer hohen Leistungsdichte ist, kann aus dem vorhandenen Portfolio eine Auslegung wählen, die die Motor-Drehzahl nach oben schraubt und mit dem passenden Planetengetriebe wieder auf die gewünschte Drehzahl reduziert. Die Effizienz, die dem BGA 22 durch das Axialflussprinzip gegeben ist, sorgt für eine hohe Überlastfähigkeit im Kurzzeitbetrieb. Der Motor erwärmt sich langsamer, als konventionell aufgebaute eisenlose Motoren gleicher Baugröße und Form.
Der praktische Nutzen wird erkennbar, wenn es gilt, hohe Lasten in größeren Zeitabständen zu bewegen. Als Beispiel dient eine verglaste und somit schwere Balkontür, die per Motorkraft aus der Verriegelungslage gehoben und geöffnet wird. Der Motor, welcher in den Türrahmen integriert und somit auf den Durchmesser 22 mm begrenzt ist, wird dabei mit dem 3-fachen Nennmoment belastet, also zirka sechs Newton Zentimeter (Ncm). Ausgehend von einer Start-Temperatur von 25 Grad Celsius, erreicht der herkömmlich gebaute Motor bereits nach weniger als zwei Sekunden in seiner Wicklung die Grenztemperatur von 155 Grad Celsius, während der BGA 22 nach 30 Sekunden die Grenztemperatur von 120 Grad Celsius erreicht. Der BGA 22 kann demnach 15-mal solange das 3-fache Nennmoment liefern und erreicht dabei nicht die Grenztemperatur von 155 Grad Celsius des vergleichbaren Motors.
Was ermöglicht die hohe Laufruhe?
Da der BGA 22 zu den BLDC-Motoren zählt, sind im Aufbau des Motors keine Bürsten vorhanden. Fehlende Rastkräfte und eine ebenso fehlende Ummagnetisierung ermöglichen gemeinsam mit dem bürstenlosen Aufbau eine hohe Laufruhe. Einzig die Kugellager und die Kommutierung sind während des Betriebs wahrnehmbar, wenn auch nur kaum. Integriert in ein Gerät, dürfte es dem Anwender schwer fallen zu beurteilen, ob der Motor in Betrieb ist oder nicht.
Theoretisch betrachtet hat der BGA 22 auch keine Unwucht. In der Praxis entsteht durch Fertigungstoleranzen eine kleine Unwucht. Diese kann in manchen Anwendungen toleriert werden, in der Regel wird der Rotor jedoch auf eigens dafür entwickelten Maschinen feingewuchtet. Resultierend daraus, läuft der Motor schwingungsarm und gibt an sein Umfeld wie zum Beispiel an das Gehäuse, welches ihn umgibt, quasi keine Schwingungen ab. Das Gerät bleibt ruhig und zeigt bei Variation der Drehzahl, bereits bei einfacher Block-Kommutierung, keine Resonanzerscheinungen. Die in dieser Baugröße eher selten anzutreffende Vektor-Kommutierung verbessert das Verhalten zusätzlich.
Warum erwärmt sich der Motor nicht so stark?
Ungleich anderen eisenlosen Motoren gleicher Baugröße, liefert der BGA 22 eine hohe Leistungsdichte bei relativ niedrigen Temperaturen in der Wicklung. Hersteller, welche die Bauweise der freitragenden Wicklung bevorzugen, gehen einher mit der Temperaturklasse F (155 Grad Celsius). Dunkermotoren konnte diese auf die Klasse E, welche einer Temperatur von 120 Grad Celsius entspricht, begrenzen. Durch die gute Wärmeabfuhr ist dies möglich. Die Wicklungen, die heißeste Stelle im Motor, sind direkt mit dem Gehäuse wärmeleitend verbunden. Zwischen der Wicklung und der Außenwelt gibt es somit keinen wärmeflussdämmenden Luftspalt. Die Wärme wird so optimal abgeführt.
Ein weniger heiß betriebener Motor verlängert die Lebenszeit der Kugellager und bietet in der Anwendung mehrfachen Nutzen. Anbauten wie Getriebe und Encoder, die aus dem Dunkermotoren-Baukasten zur Verfügung stehen, werden weniger belastet, was ebenfalls zu einer längeren Lebensdauer führt. Sonstige verwendete Materialien sind nicht einer so hohen Temperatur ausgesetzt und können daher unter anderen Gesichtspunkten, zum Beispiel der Anschaffungskosten, optimiert werden. Geräte, in denen ein BGA 22 integriert ist, bleiben im Betrieb kühler, was für den Anwender im Falle einer direkten Berührung mit dem Motor für eine angenehme Haptik sorgt. Ziel bei Dunkermotoren ist es, diesen Motor auch in eine sterilisierbare Version weiterzuentwickeln. Seine geringe Erwärmung wird der Anwender dann beispielsweise bei der Berührung mit Zellgewebe zu schätzen wissen und ihn insbesondere bei temperaturempfindlichen Anwendungen bevorzugt einsetzen.
Ein echtes Kraftpaket
Mit dem BGA 22 ist ein bürstenloser eisenloser Motor am Markt der großen Belastungen ausgesetzt werden kann, mit einer hohen Laufruhe überzeugt und sich weniger erwärmt, als bisher bekannte Motoren mit vergleichbaren Abmessungen. Mit der verfügbaren Wicklungsvarianz und dem modularen Baukasten lässt er sich auf fast jede Anwendung auslegen und konfigurieren.