Teigkneten im Dienste der Wissenschaft Von anhänglichen Teigen und abweisenden Oberflächen

Bild: KIT/Amadeus Bramsiepe
14.12.2017

Plätzchen hinterlassen gerne Spuren auf den Hüften – und auch im Rohzustand sind sie meist sehr anhänglich. Damit Teig verarbeitende Betriebe in Zukunft weniger haftende Oberflächen einsetzen können, haben Wissenschaftler das Haftverhalten von Teig untersucht.

In der Weihnachtsbäckerei bleibt so mancher Teigrest an Knethaken oder Schüssel kleben. Auch in Bäckereien oder Industriebetrieben bleiben nicht unerhebliche Mengen des Teiges an Transportbändern und Gärtüchern haften. Das führt im schlimmsten Fall zu Hygieneproblemen und Produktionsausfällen.

Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und der TU München haben untersucht, wie sich Kontaktzeit und Oberflächenstrukturen der unterschiedlichen Arbeitsmaterialien auf die Teighaftung auswirken.

Klebriger Teig behindert die Produktion

Wenn Teige an Oberflächen haften bleiben, mit denen sie beim Verarbeiten in Berührung kommen, werden zusätzliche Hilfsstoffe benötigt, zum Beispiel teure Spezialmehle, die nicht stauben. So wird die Reinigung aufwendiger, die Maschinen stehen währenddessen still und es kommt zu Produktionsausfällen.

Speziell auf Gärtüchern, wie man sie für manche Brotteige oder Hefeteig braucht, schimmeln Teigreste außerdem sehr schnell, da sie im Gärschrank bei Temperaturen um die 30 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit liegen. Die Tücher müssen daher immer wieder ersetzt werden.

Oberflächen unter dem Mikroskop

Das KIT hat deshalb untersucht, welchen Einfluss die Kontaktdauer von Teig und Werkstoff hat und wie sich die Oberflächenstruktur der Werkstoffe auf die Teighaftung auswirkt. Mit einem Laser-Raster-Mikroskop nahmen die Wissenschaftler die Struktur der Oberflächen von Gärtüchern, Transportbändern und Backblechen aus Edelstahl auf. Die Bilder werteten sie dann nach Oberflächenparametern wie Rauheitswerte, Höhenverteilung des Materials und Aufteilung des Oberflächenprofils in Spitzen-, Kern- und Talbereiche aus.

In einer Zentrifuge ermittelten die Forscher dann die Haftkräfte von Teig. Dabei wurden Teigproben von den unterschiedlichen Arbeitsmaterialien geschleudert. Die Wissenschaftler stellten fest, dass auch die Dauer des Kontakts zwischen Teig und Oberfläche dafür entscheidend ist, wie stark er klebt. Nach kurzer Kontaktzeit blieb am Edelstahl und an Transportbändern deutlich mehr Teig kleben als an Gärtüchern.

Bei den Transportbändern beeinflussten Waffel- oder Rippenstruktur die Klebrigkeit des Teiges. Sie verringerten die Kontaktfläche zum Teig, sodass sich geringere Adhäsionskräfte entwickelten. Bei den Gärtüchern konnte man erst nach längerer Kontaktdauer einen Unterschied zwischen den Materialien beobachten.

Vor allem an Tüchern aus Polyester blieb deutlich mehr Teig kleben als an Baumwollgärtüchern. Eine Zunahme der Teighaftung war mit längerer Kontaktdauer aber bei allen Materialien zu erkennen. Zu gleichen Ergebnissen kamen die Partner von der TU München mit einer Kippapparatur im Labormaßstab.

Raues, luftdurchlässiges Material verringert Haftung

Im nächsten Schritt wurden Gärtücher über zwölf Wochen in einer Bäckerei getestet. Nach sechs Wochen bildeten sich auf allen Gärtüchern Mehl- und Teigrückstände. Da diese dann sehr schnell verderben können, sollte man die Tücher wechseln, so die Empfehlung des KIT.

Durch Reinigungsvorgänge wie das Abbürsten und Waschen rauten sich außerdem die Polyestergärtücher auf, der Teig klebt damit weniger stark fest. Die Baumwolltücher hingegen bekamen eine flachere Struktur, was die Teighaftung verstärkte. Je rauer und luftdurchlässiger ein Material ist, desto geringer das Haftverhalten. Besonders stark klebt der Teig bei den Backblechen, die ja keine Luft durchlassen.

Die Ergebnisse der Studie sollen in Zukunft dabei helfen, Materialien und Werkstoffe auszuwählen oder zu entwickeln, an denen Teige weniger stark haften und auf denen sich weniger Keime bilden.

So wollen die Wissenschaftler Hygiene und Produktivität von Bäckereien steigern, die Rohstoff-, Entsorgungs- und Reinigungskosten senken und die Arbeitssicherheit erhöhen.

Bildergalerie

  • Auf den Gärtüchern bilden sich im Labor nach zwölf Wochen gesundheitsschädliche und zellstoffzersetzende Keime.

    Auf den Gärtüchern bilden sich im Labor nach zwölf Wochen gesundheitsschädliche und zellstoffzersetzende Keime.

    Bild: KIT/Richard-Sebastian Moeller

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