Drehzahlen zu erfassen ist die Kernfunktion der sicheren Antriebsüberwachung. Der Drehzahlwächter BWU2849 ist ein Erweiterungsmodul für unterschiedliche sichere Kleinsteuerungen und Gateways von Bihl+Wiedemann und erfüllt die sicherheitstechnischen Anforderungen gemäß PL e nach EN ISO 13849-1 und SIL3 nach EN 62061. Der Safety-Baustein bildet alle Motion Control-Funktionen der sicherheitsgerichteten Antriebsüberwachung der EN 61800-5-2 ab, auch simultan. Für jede der beiden mit dem Drehzahlwächter überwachbaren Achsen können nahezu unbegrenzt entweder mehrere Sicherheitsfunktionen kombiniert oder eine identische Überwachung mit unterschiedlichen Parametern festgelegt werden.
CNC-Fertigungszentren oder Pressen sind typische Beispiele für Anlagen, an denen der Schutz vor einem Eingriff in einen gefahrbringenden Bereich im laufenden Betrieb oft mit mechanisch trennenden Schutzeinrichtungen wie Klappen, Hauben oder Schiebeelementen gelöst wird. Diese sind seit Mitte 2015 nach DIN EN ISO 14119 mit Verriegelungseinrichtungen auszustatten. Dabei muss die sicherheitstechnische Gesamtlösung zum einen berücksichtigen, dass nach dem Auslösen eines Not-Halts durch Öffnen der Schutzeinrichtung der Antrieb vollständig zum Stillstand gekommen ist, bevor die Gefahrstelle mit einem Körperteil erreicht werden kann. Zum anderen kann es sich aus der konkreten Applikation ergeben, dass ein Antrieb auch bei geöffneter Schutzeinrichtung sicher bewegt werden muss. Notwendig ist also eine Kombination verschiedener antriebstechnischer Sicherheitsfunktionen nach EN 61800-5-2.
SOS (Safe Operation Stop, sicherer Betriebshalt) sorgt dafür, dass die Zuhaltung des Zugangs erst freigegeben wird, wenn der Antrieb steht. Gleichzeitig verhindert sie dessen ungewollten Wiederanlauf. SLS (Safely Limited Speed, sicher begrenzte Geschwindigkeit) und SSM (Safe Speed Monitor, sichere Geschwindigkeitsüberwachung) ermöglichen es, die Antriebe im Einrichtbetrieb sicher zu bewegen. Je nach Aufgabenstellung wird mit SDI (Safe Direction) noch die sichere Bewegungsrichtung überwacht. Per SLI (Safely Limited Increment) ist auch die Programmierung eines sicher begrenzten Schrittmaßes für einen Tipp-Betrieb möglich. Erforderliche Arbeiten können schneller durchgeführt werden, da die Maschine mit reduzierter Geschwindigkeit gefahren werden kann. Der BWU2849 führt diese Sicherheitsfunktionen aus und verarbeitet dazu die Messwerte der Antriebsencoder sowie die Sensorsignale der Verriegelungen. Die sichere Stillstands- und Drehzahlüberwachung erreicht dreierlei: Sie gewährleistet höchstmögliche Sicherheit, vermeidet Anreize zur Umgehung der Schutzeinrichtungen und optimiert die Produktivität.
Auf mobilen Maschinen wie Kranen, fahrerlosen Transportfahrzeugen oder Aufzügen können mit Hilfe von SS1 (Safe Stop 1) und SS2 (Safe Stop 2) die Bremsrampen bei Horizontal- oder Vertikalbewegungen sicher überwacht und in der Stopp-Position entweder die Energiezufuhr abgeschaltet oder der Stillstand überwacht werden. Durch frühzeitige Berücksichtigung dieser Funktionen können dadurch Sicherheitsabstände im Bereich der Endpositionen optimiert werden. Auch die Ausführung einer sicher begrenzten Beschleunigung lässt sich im Drehzahlwächter über die Sicherheitsfunktion SLA (Safely Limited Acceleration) abbilden, etwa bei schwebenden Lasten an einem Kran oder bei beladenen fahrerlosen Transportfahrzeugen. Nach Erreichen der Sollgeschwindigkeit kann die eigentliche Bewegungsgeschwindigkeit mit Hilfe der Sicherheitsfunktionen SSM (Safe Speed Monitor) in Form eines Grenzwertes überwacht oder mit SSR (Safe Speed Range) innerhalb eines zulässigen Korridors geregelt werden.
Individuelle Risikoanalysen berücksichtigt
Auch das Erkennen von Maschinendefekten ist eine wichtige Aufgabe. Sind bei einem fahrzeugtechnischen Antriebs- oder Bremsprüfstand zwei Achsen über eine Kupplung miteinander verbunden, erkennt der Drehzahlwächter sofort einen Wellenbruch, indem er die Messwerte der beiden Achsencoder miteinander vergleicht und per SSM oder SSR sicher auswertet. Schieflagen, beispielsweise bei Bandförderanlagen, lassen sich mit Hilfe der Sicherheitsfunktionen erkennen.
Bei der sicherheitsgerichteten Überwachung ermöglicht das Portfolio von Bihl+Wiedemann technisch und wirtschaftlich effiziente Lösungen, die sich an konkreten Risikoanalysen und Gefährdungssituationen orientieren. Basis sind die sicherheitszertifizierten Kleinsteuerungen und Gateways, die um bis zu 62 sichere Module erweitert werden können. In Applikationen, in denen noch mehr sichere E/As benötigt oder unterschiedliche Anlagenteile miteinander verbunden werden sollen, können bis zu 31 Kopfstationen mit Safe Link über Ethernet sicher gekoppelt werden. Die Gateways bieten Schnittstellen für alle gängigen Feldbussysteme und damit entsprechende Remote-Diagnosemöglichkeiten. Sie können sowohl Safety- als auch Standardsignale verarbeiten.
Über die lokalen sicheren Eingänge lassen sich mit Hilfe von Standard-Sensoren verschiedene Motion Control-Funktionen konfigurieren. Bei der Drehzahlüberwachung können bis zu sechs Achsen einkanalig eingebunden werden, wobei die Anforderungen von PL c und SIL1 erfüllt werden. Es ist auch möglich, drei Achsen zweikanalig zu überwachen und so das höhere Schutzniveau PL d oder SIL2 zu gewährleisten. Diese Sicherheitskategorien erreichen die Kleinsteuerungen auch mit der Funktion des Stillstandswächters, mit der bis zu drei Achsen zweikanalig überwacht werden können. Mit dem BWU2849 lässt sich für bis zu zwei Achsen Sicherheit in der höchsten Kategorie (PL e und SIL3) erreichen.
Besonders ist, dass nahezu beliebig viele, praxisrelevante Sicherheitsfunktionen projektiert und simultan überwacht werden können. Die beiden elektronischen sicheren Ausgänge bieten dank schneller Abschaltzeiten auch für High-Speed-Applikationen die notwendige Geschwindigkeit.