Der 3D-Druck hat die Herstellung von Prototypen und Kleinserien deutlich verändert. Gerade im Werkzeugbau und in Aerospace-Anwendungen haben Endanwender damit die Kosten erheblich gesenkt und ihre Flexibilität gesteigert. Dennoch haben die bisherigen Konzepte oft noch einen sehr hohen manuellen Arbeitsanteil und relativ hohe Ausschussquoten. Hersteller können diese Nachteile mit modernen Antriebs- und Steuerungslösungen, angepassten Software-Funktionalitäten und offenen Standards für IoT-Konnektivität eliminieren. Damit fügt sich Additive Manufacturing (AM) 2.0 nahtlos in bestehende Produktionslinien ein und ermöglicht einen durchgängigen Workflow: von der Simulation der Bauteile über eine beschleunigte Herstellung in stabilen Prozessen bis zur automatisierten Qualitätsüberwachung.
Hohe Ansprüche an die Hardware
Die Leistungsfähigkeit der Steuerungs- und Antriebstechnik beeinflusst entscheidend die Produktivität. AM ist schon als Kernprozess sehr rechenintensiv. Für CNC-Systeme und Motion Controls gilt bei AM-Maschinen die Faustregel: Je höher die Prozessorleistung, desto kürzer sind die Zykluszeiten in der Steuerung, desto schneller rechnet sie die 3D-Daten. Zusätzlich braucht sie freie Kapazitäten, um Prozessdaten in Echtzeit zu erfassen und zu verarbeiten.
Das CNC-System MTX von Bosch Rexroth erreicht dies beispielsweise mit einer Kombination aus performantem Dual-Core-Prozessor und reaktionsschneller dezentraler Intelligenz. Intelligente, hochdynamische Servoantriebe entlasten die Steuerung, indem sie vor Ort dezentral den Regelkreis schließen. Das schafft freie Kapazitäten in der Steuerung, die Zusatzaufgaben direkt in der Maschine übernehmen kann. Hardware umfasst aber auch die eigentliche Bewegung der Druckköpfe. Hier minimieren Linearmodule mit geschlossenen Profilkörpern und speziellen Dichtsystemen den Verschleiß durch Metall-, Keramik- oder Kunststoffpartikel. Integrierte Absolut-Wegmesssysteme wie das induktive und robuste IMS-A arbeiten verschleißfrei und sind gegenüber Verschmutzung unempfindlich. Sie bestimmen die Position so genau wie Glasmaßstäbe.
Die Regelalgorithmen für AM leiten sich von den charakteristischen Größen wie Temperatur und dem Abkühlverhalten des Materials ab. Um den additiven Materialauftrag präzise und prozesssicher auszuführen, muss die Steuerung über die reine Rechenleistung hinaus in ihrer Software auch spezielle Funktionen abbilden. So verfügt das CNC-System MTX über bereits vorprogrammierte AM-spezifische Funktionen wie eine intelligente Temperaturregelung.
Mit einer 3D-Online-Simulation, basierend auf dem realen CNC-Kern, kann die Werkstück-Bauzeit bereits im Vorfeld des Herstellprozesses ermittelt werden. Hinzu kommen die üblichen Funktionen wie eine realistische Visualisierung der Bahnführung der Druckköpfe und deren Materialaufbringung sowie eine automatische Kollisionserkennung, um Schäden an der Maschine oder den Werkstücken zu verhindern. Die Simulation der MTX visualisiert den AM-Prozess als Digital Twin auf der Maschinen-HMI oder auf mobilen Endgeräten wie Tablets.
Durchgängige Engineering-Umgebung
Hierbei ist eine einfache Anwendung wichtig: Das beginnt mit einer durchgängigen Engineering-Umgebung für Steuerung und Antriebe. Bei der Programmierung wird standardisierter G-Code von jeder Slicer-Software unterstützt. Um den Know-how-Schutz sicherzustellen, bietet die Steuerung mehrere Möglichkeiten, zum Beispiel die NC-Verschlüsselungstechnik. Von zentraler Bedeutung ist das Zusammenspiel von Steuerung, Messtechnik und Software. Damit können Hersteller automatisiert Schwankungen im laufenden Prozess ad hoc ausregeln. Das führt zu einer deutlichen Einsparung bei den bislang meist erforderlichen, aufwendigen Qualitätsprüfungen sowie teurer Nacharbeit.
Den digitalen Workflow sicherstellen
AM 2.0 kann das Potenzial nur mit voll digitalisierten Arbeitsabläufen erreichen. Dazu müssen die typischen Aufgaben wie Druckkonfiguration, Auftragsmanagement, Maschinen-Monitoring inklusive Online-Prozessmodifikation in einen durchgängigen Workflow integriert werden. Zusätzlich stellen AM-Anwender immer häufiger die Anforderung, im Vorfeld der Produktion verschiedene Materialien zu simulieren und qualitätsrelevante Parameter zu zertifizieren. Dies erreicht das CNC-System MTX durch eine offene Systemarchitektur und das Open-Core-Interface. Es erlaubt den Zugriff von IT-Funktionen auf die Steuerung parallel zur SPS. Das reduziert den Schnittstellenaufwand zu anderen Systemen erheblich. So steigert die Lösung nahtlos als „Hardware in the Loop“ die Aussagekraft von Simulationsumgebungen.
Vernetzung steigert Produktivität
In der Fabrik der Zukunft fügen sich alle Prozessstationen, auch AM-Maschinen, flexibel und modular in schnell veränderbare Produktionslinien ein. Sämtliche Maschinen sind horizontal und vertikal mit IT-Systemen vernetzt. Das funktioniert nur mit offenen Industrie-4.0/IoT-Standards. Hier setzt sich weltweit OPC UA für die M2M-Kommunikation durch. Bei voller Server-/Client-Funktionalität können Anwender Prozesse, Zykluszeiten und Energieverbräuche in Echtzeit evaluieren. Das ist die Basis für notwendige Steigerungen bei der Produktivität und der Qualität. Darüber hinaus eröffnet die Konnektivität erhebliche Potenziale, die Verfügbarkeit der AM-Maschinen durch vorausschauende Wartung zu erhöhen.
Erste AM-Maschinenhersteller setzen mit solch leistungsfähiger Automatisierung bereits Maßstäbe für die Wirtschaftlichkeit des industriellen 3D-Drucks. Einer dieser Pioniere ist
Norsk Titanium AS, der weltweit führende Anbieter von additiven Fertigungstechnologien für luft- und raumfahrttaugliches Titan. Die Rapid-Plasma-Deposition-Maschinen rüstet der Hersteller mit dem CNC-System MTX aus. Es steuert zehn Servoachsen, die der Herstellung der Titanteile, aber auch der Zuführung und Handhabung des einlaufenden Titandrahts dienen. Darüber hinaus ermöglicht es eine Echtzeitsteuerung weiterer Funktionen, unter anderem mehrerer Plasmabrenner.
AM 2.0: Die Zukunft hat bereits begonnen
AM erreicht mit schnellen Schritten den integrierten Einsatz in den Fertigungslinien. Schlüssel dazu sind leistungsfähige und hochkonnektive Automationslösungen. Diese müssen über offene Schnittstellen verfügen, damit sie die Digitalisierung des gesamten Workflows ermöglichen können. Gleichzeitig ist Offenheit die entscheidende Voraussetzung dafür, dass sich AM-Maschinen mit möglichst geringem Aufwand in Industrie-4.0-Umgebungen einfügen.